Ukraine greift mit deutschen Panzern in Russland an - „Gefundenes Fressen für Propaganda“
Die ukrainische Armee setzt in der russischen Region Kursk auch Marder-Panzer aus deutscher Produktion ein. Ein Experte sieht im Gespräch mit IPPEN.MEDIA ein Problem.
Kursk - Der Ukraine-Krieg ist nach Russland gekommen. Genauer gesagt in die russische Grenzregion Kursk, wo seit Hochsommer ein paar Tausend ukrainische Soldaten etliche Dörfer und Kleinstädte besetzt halten. Das Moskau-Regime konnte die ukrainischen Verbände bislang nicht wieder hinter die Grenze zurückdrängen.
Marder-Panzer der Ukrainer in Russland: Militärblogger stellen Vergleich zu Zweitem Weltkrieg her
An diesem Sonntag (15. Dezember) machte in den Sozialen Netzwerken ein Video die Runde, das belegen soll, wie die Russen mit einer Kamikaze-Drohne einen Marder-Panzer der Ukrainer in der Oblast Kursk ausschalteten. Deutschland hat der ukrainischen Armee mittlerweile 140 dieser Marder-Schützenpanzer aus den 1980er Jahren geliefert. Vor allem russische Militärblogger verwiesen in den vergangenen Monaten wiederholt darauf, dass erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Marder-Panzer auf russischem Boden stünden.
Denn: Die Wehrmacht hatte in Nazi-Deutschland Panzerjäger, die ebenfalls Marder hießen. „Die Namensgleichheit stellt für die russische Propaganda heute ein gefundenes Fressen dar, um den Bogen vom Zweiten Weltkrieg zum aktuellen Kriegsgeschehen in der Ukraine zu schlagen und so eine Kontinuität zu konstruieren, die faktisch nicht gegeben ist“, erklärt der Osteuropa-Historiker Prof. Dr. Klaus Gestwa IPPEN.MEDIA und meint kritisch: „Die wenig weitsichtige Traditionspflege aus der Gründerzeit der Bundeswehr entfaltet bis in die heutige Zeit hinein politische Implikationen.“
Deutsche Panzer für die Ukraine: Putins Propaganda zieht eigenwillig Vergleiche
Historikerinnen und Historiker würde diese Vergleiche „genauso wie die völlig verschiedenen Zeitkontexte diskutieren, um so zu erläutern, wie sehr die russische Propaganda die deutsche Unterstützung der Ukraine in ein schlechtes Licht rücken will“, erzählt Gestwa. Berlin hatte Kiew nicht nur eine große Anzahl an Marder-Schützenpanzern zum Transport von Infanterie ins Gefecht zur Verfügung gestellt. Sondern zum Beispiel auch 18 moderne Leopard-2-Panzer und bislang 88 ältere Leopard-1-Kampfpanzer. Der Verweis auf die Marder in Russland sei, was die Handhabe der russischen Propaganda angehe, derweil kein Einzelfall, erklärt Gestwa.
„Wie wichtig der russischen Desinformations-Maschinerie vermeintliche Nazi-Verbindungen sind, zeigt sich darin, dass seit Beginn des Kriegs von Moskau aus Bildcollagen in mehreren Sprachen in Umlauf gebracht worden sind, die angeblich Großväter von deutschen und polnischen Politikerinnen und Politikern wie Olaf Scholz, Ursula von der Leyen, Donald Tusk, Christian Lindner oder Karl Lauterbach zeigen, die angeblich Nazis gewesen sein sollen“, erzählt der Geschichtswissenschaftler der Universität Tübingen im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. Gestwa bekräftigt: „Dabei handelt es sich um klar belegbare Falschinformationen.“
Marder (Schützenpanzer) | |
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Indienststellung: | Mai 1971 |
Besatzung: | 3 (Kommandant, Fahrer, Richtschütze) + 6 Infanteristen |
Länge / Breite: | 6,88 m / \t3,38 m |
Gewicht (Masse): | 33 Tonnen |
Hauptbewaffnung: | 20-mm-Maschinenkanone MK 20 RH 202 |
Sekundärbewaffnung: | Maschinengewehr MG3, MILAN-Panzerabwehrwaffe |
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Ukrainische Armee in Kursk: Mit Mardern und Bradley-Panzern gegen Russland
Während Kreml-Autokrat Wladimir Putin aktuell ein militärisches Abkommen mit Belarus-Machthaber Alexander Lukaschenko abgeschlossen hat, hatten Militärblogger in den vergangenen Monaten immer wieder Videos auf dem Kurznachrichtendienst X geteilt, die dokumentieren sollen, wie die ukrainische Armee in der russischen Region Kursk unter dem Einsatz der „Marder“ angreift. Überliefert ist mittlerweile, dass die Ukrainer auf russischem Boden etwa auch mit Stryker-Radpanzern und Bradley-Schützenpanzern aus US-amerikanischer Produktion kämpfen.
Laut der Open-Source-Intelligence Website Oryx haben die ukrainischen Streitkräfte mittlerweile (Stand: 16. Dezember) 36 Marder 1A3 eingebüßt, die Deutschland ihnen seit Frühjahr 2023 geliefert hatte. Heißt: Fast jeder dritte Marder blieb bislang auf den Schlachtfeldern zwischen Kursk, Donbass und Saporischschja zurück. „Der Marder ist ein hervorragendes Beispiel für deutsche Qualität“, hatte der damalige ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow im März 2023 bei X geschrieben und gelobt. Die Waffe werde die ukrainischen Chancen auf einen Sieg über Russland erhöhen, hieß es seinerzeit in einem geposteten Video des Ministeriums aus Kiew weiter.

Verluste gegen Wladimir Putin: Kiew zählt viele getötete Soldaten
Von einem möglichen militärischen Sieg sind die Ukrainer nach herben Verlusten unter den eigenen Panzern und Soldaten im Dezember 2024 stattdessen sehr weit entfernt. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte die Zahl gefallener ukrainischer Soldaten zuletzt mit 43.000 beziffert, die US-Tageszeitung New York Times (NYT) schrieb dagegen sogar von 57.000 getöteten ukrainischen Soldaten und berief sich dabei auf Einschätzungen der amerikanischen Regierungsbehörden.
Auch unter den an den Mardern ausgebildeten Truppen gibt es empfindliche Verluste zu verzeichnen. Plus Seitenhiebe durch Putins Propaganda. Marder hießen im Zweiten Weltkrieg auch von der Wehrmacht eingesetzte Panzerjäger, die - einfach konstruiert - versuchen sollten, gegnerische Panzer mit installierten Panzerabwehrkanonen abzuschießen. Die Wehrmacht hatte in Nazi-Deutschland die Tradition, Panzer mit Tiernamen zu versehen. Die Bundeswehr setzte diese Tradition in der 1949 neu geschaffenen Bundesrepublik ab ihrer eigenen Gründung 1955 fort.
Die russische Propaganda will die deutsche Unterstützung der Ukraine in ein schlechtes Licht rücken.
Bundeswehr in Deutschland: Panzer erhalten Tiernamen - wie bei der Wehrmacht
„In der neu gegründeten Bundeswehr hatten fast alle eingestellten Offiziere und Unteroffiziere in der Wehrmacht – teilweise auch in der Waffen-SS – gedient“, erklärt Gestwa. „Die personelle Kontinuität hatte eine politisch bedenkliche Traditionspflege zur Folge. Dazu gehört, dass der aus der Wehrmacht für Panzer bekannte Name ‚Marder‘ in der Bundeswehr für die neu entwickelten Schützenpanzer übernommen wurde.“ (pm)