Putins neuer Albtraum aus den USA: Dark Eagle gegen Oreschnik

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Die Anfänge: Im März 2020 hatte die US-Marine auf Hawaii den Start einer Hyperschall-Rakete getestet – damals erfolglos. Jetzt soll der US-Armee ein letzter Test geglückt sein und das Dark-Eagle-System einsatzbereit. Die Hyperschall-Rakete gilt als das Gegenstück zur russischen Oreschnik (Archivfoto) © Oscar Sosa / US NAVY / AFP

Die USA könnten 2025 ihre neue Langstreckenrakete einsatzbereit haben; Deutschland wird ab 2026 ebenfalls zur Abschreckung gegen Russland beitragen.

Washington D.C. – „Obwohl der Abschuss einer Rakete mit der Dark Eagle-Werferanlage ein wichtiger Meilenstein ist, unterstreicht die Tatsache, dass dies erst jetzt passiert ist, die Probleme, die die Entwicklung des Systems seit Jahren behindern“, schreibt Joseph Trevithick. Der Autor des Magazin The War Zone (TWZ) unterstellt der neuen Drohung der USA gegen China und Russland gehörige Geburtswehen; wobei die Hyperschallrakete Dark Eagle jetzt einen erfolgreichen Test absolviert hat und gegen Wladimir Putins neue Oreschnik-Rakete tatsächlich antreten könnte.

Russland hat großes Vertrauen in seine Hyperschallrakete geäußert. Putin ging sogar so weit zu sagen, dass die Entwicklung der Oreschnik sein Land „an den Rand der praktisch völligen Beseitigung der Notwendigkeit des Einsatzes von Atomwaffen“ bringe, wie aktuell das Magazin Newsweek berichtet.

Russlands Oreschnik: Neue Rakete und eine ernste Bedrohung für die gesamte Welt

„Soweit uns bekannt ist, wurde die Rubesch ausschließlich für den Einsatz von Atomwaffen entwickelt. Ihr 1.000 bis 1.200 Kilogramm schwerer Sprengkopf sollte mit mehreren (drei bis sechs) einzeln gelenkten Sprengköpfen mit einer Kapazität von etwa 100 Kilotonnen ausgestattet sein (am häufigsten werden drei bis vier Sprengköpfe mit jeweils 300 Kilotonnen angegeben)“, schrieb Andrei Charuk. Der Autor des Magazins Militarnyi überbrachte damit die Nachricht, dass die als Rubesch beziehungsweise Oreschnik im Ukraine-Krieg aufgetauchte neue Rakete eine ernste Bedrohung bedeuten wird – für die gesamte Welt. Die nächste Hiobsbotschaft stammte von Military Watch.

Die Fähigkeit, die wir jetzt entwickeln, nämlich landbasiert, erhöht unsere Flexibilität. Das heißt aber, die Bedrohungssituation der Russen ändert sich nicht signifikant.“

Schätzungen zufolge könne Russland jedes Jahr 300 neue Oreshnik-Langstreckenraketen produzieren, schreibt das Magazin und beruft sich auf Befürchtungen der Hauptdirektion für Aufklärung des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Dieser nachrichtendienstlichen Einschätzung zufolge könne Russland monatlich bis zu 25 Oreschnik-Raketen herstellen, was einer Produktion von 300 Raketen pro Jahr entspräche. Die USA sind also in Zugzwang.

Die US-Armee habe jetzt ihre Hyperschallrakete Dark Eagle von ihrem anhängergestützten Abschussgerät aus getestet, schreibt TWZ. Dies hatte sie seit etwa zwei Jahren versucht, so dessen Autor Trevithick. Ihm zufolge hätten die Streitkräfte ausdrücklich Probleme mit dem Werfer als Ursache für große Testschwierigkeiten genannt – das hatte die Indienststellung des neuen Waffensystems um Jahre verzögert. Im kommenden Jahr allerdings soll die Rakete an die Truppe übergeben werden.

Antwort der USA auf Putins neue Rakete: Dark Eagle bietet eine Reichweite von mehr als 2.775 Kilometern

Im Jahr 2021 waren die Pläne für die neue Waffe spruchreif geworden. Das Magazin Breaking Defense hatte einen Armeesprecher dahingehend zitiert, „die Langstrecken-Hyperschallwaffe bietet eine Reichweite von mehr als 2.775 Kilometern“; damit übertreffe sie die US-amerikanischen ATACMS (Army Tactical Missile System) ungefähr um das Zehnfache. Von der russischen Oreschnik wird kolportiert, sie könne 3.000 bis 5.000 Kilometer fliegen. Geplant ist diese Waffe für den Einsatz von mobilen Raketenwerfern auf Land und auf See von Überwasserschiffen beziehungsweise U-Booten.

Allerdings sind die neuen Speerspitzen der US-Raketenstreitkräfte ein zweischneidiges Schwert, wie Breaking Defense gemutmaßt hatte: Aus Sicht der Armee werde die Long Range Hypersonic Weapon (LRHW) „das Spitzenmodell einer ganzen Familie neuer Long Range Precision Fires (LRPF). Die LRHW hat zwar die größte Reichweite, fliegt am schnellsten und ist die leistungsfähigste, aber auch die teuerste. Daher werden Hyperschallwaffen den Zielen mit höchster Priorität vorbehalten sein, während Waffen mit kürzerer Reichweite die überwiegende Mehrheit der Bedrohungen bekämpfen“, so das Magazin.

USA-China-Konflikt: Dark Eagle könnte möglicherweise bis zu Mach 17 erreichen

Dessen Autor Sydney J. Freedberg hat vermutet, dass vor allem die Raketen der Armee und der Marine für den Einsatz im Pazifik gedacht seien. Sollte China in Taiwan einmarschieren und die Verbündeten der USA den Überflug oder die Nutzung ihres Territoriums verweigern, blieben die USA dennoch handlungsfähig: „Langstrecken-Hyperschallwaffen, die auf US-Boden in Guam stationiert sind, könnten immer noch die chinesischen Truppen treffen, die Taipeh belagern“, wie Freedberg schreibt.

Könnten die USA ihre LRHW aus Batterien von Taiwan, Japan oder Südkorea abfeuern, läge China für die Raketen in einer Distanz von fast 2.000 Kilometern offen. Darüber hinaus könne die Marineversion des LRHW, genannt Conventional Prompt Strike, von U-Booten oder Schiffen auf See überall im Pazifik abgefeuert werden, so Freedberg. All das sei also von 2025 an denkbar, wie die aktuell erfolgreichen Tests vermuten lassen.

Allerdings scheinen sowohl von der US-amerikanischen Dark Eagle als auch von der russischen Oreschnik lediglich Spekulationen im Umlauf zu sein – beispielsweise bezüglich der Geschwindigkeit. Die über der Ukraine niedergegangene Oreschnik soll eine elffache Schallgeschwindigkeit erreicht haben. Die US-Armee berichtete in einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Congressional Research Service, ihre Neuentwicklung könne weit mehr als 6.000 Kilometer pro Stunde zurücklegen, also knapp unter Mach 6, der sechsfachen Schallgeschwindigkeit, so Newsweek.

„Dem Bulletin of Atomic Scientists zufolge könnte die Dark Eagle jedoch möglicherweise bis zu Mach 17 erreichen, das entspricht 21.044 Kilometern pro Stunde oder der 17-fachen Schallgeschwindigkeit“, schreibt Newsweek-Autor Hugh Cameron.

Putins Prophezeiung: „Stehen kurz davor, den Einsatz von Atomwaffen überflüssig zu machen“

Die Hyperschall-Waffen können bis an die Grenze der Erdatmosphäre aufsteigen, damit die Reichweiten der Luft- und Raketenabwehrsysteme übersteigen und dann auf ihr Ziel niedergehen, so dass dann die Zeit zum Eingreifen bereits abgelaufen sein dürfte. So gefährlich diese Raketen dadurch werden, könnten sie den Krieg auf konventionelle Waffen beschränken, und die künftig wirkungsmächtigste Bedrohung der jeweiligen Parteien bedeuten.

Was wir jetzt brauchen, ist nicht eine Verbesserung der Nukleardoktrin, sondern der ‚Oreschnik‘, denn wenn wir genügend dieser modernen Waffensysteme haben, stehen wir kurz davor, den Einsatz von Atomwaffen praktisch überflüssig zu machen“, sagte Putin kürzlich laut einem Kreml-Protokoll, wie Newsweek berichtet. Allerdings rücken diese Waffen Deutschland wieder in den Fokus der beiden Blöcke – Deutschland wird wieder Basis amerikanischer Raketen, deren Spitzen nach Russland gerichtet sind und erlebt eine Neuauflage des Kalten Krieges.

Anfang bis Mitte der 1980er-Jahre wurden im Rahmen des Nato-Doppelbeschlusses mehr als 100 Pershing II-Raketen vor allem in Baden-Württemberg aufgestellt – als Gegengewicht zur nuklearen Bedrohung durch die sowjetischen SS-20-Mittelstreckenraketen. Auch die Dark Eagle-Raketen sind für eine Stationierung in Deutschland vorgesehen – was seit der Ankündigung massive Diskussionen auslöst.

Dark Eagle in Deutschland: „Dient der Flexibilität und der Art und Weise, wie wir reagieren können“

Im Juli hatte The War Zone veröffentlicht, dass die im Jahr 2026 zu stationierenden Waffen eine Palette hochmodernen Systeme sein würden, wie Thomas Newdick geschrieben hatte, „darunter die Mehrzweckrakete SM-6 und den Marschflugkörper Tomahawk sowie, in der Entwicklungsphase befindliche Hyperschallwaffen‘ – eine Anspielung auf die noch nicht in den Einsatz gebrachte Dark Eagle – und möglicherweise weitere Waffen, wie das landgestützte Hyperschallraketensystem Operational Fires (OpFires) und die ballistische Kurzstreckenrakete Precision Strike Missile (PrSM), die sich beide derzeit ebenfalls in der Entwicklung befinden.“

Letztlich diene das der Flexibilität und der Art und Weise, „wie wir reagieren könnten“, sagte dazu jüngst Maik Keller. Der Brigadegeneral ist in der Abteilung Politik im Bundesverteidigungsministerium eingesetzt und dort zuständig für Sicherheitspolitik im euro-atlantischen Raum. Er äußerte sich im Bundeswehr-Podcast Nachgefragt, inwieweit diese zusätzliche Fähigkeit Russland eventuell zusätzlich reizen und in einen permanenten Alarmzustand versetzen könnte. Keller verneinte das.

„Diese Angst kann ich im Prinzip ausschließen, weil diese Waffen lediglich konventionell bestückbar sind. Darüberhinaus bestehen ja bereits weitreichende Systeme; die Fähigkeit, die wir jetzt entwickeln, nämlich landbasiert, erhöht unsere Flexibilität. Das heißt aber, die Bedrohungssituation der Russen ändert sich nicht signifikant.“

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