Söder-Geste löst Entsetzen aus: „Synapsen nicht richtig verdrahtet”
Markus Söders Kniefall in Warschau löst Entrüstung aus. Ex-SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück fährt bei „Caren Miosga“ aus der Haut.
Berlin – Die Ampel-Koalition ist gescheitert, Olaf Scholz stellt im Bundestag die Vertrauensfrage. Der Weg zu Neuwahlen im Februar 2025 ist damit geebnet. Das bedeutet für die Parteien gleichzeitig: Innerhalb kürzester Zeit läuft der Wahlkampf auf Hochtouren. Und Wahlkampf ist nicht nur die Zeit der großen Versprechen der Parteien – bei der CDU kamen jüngst die Pläne etwa zur Rente druch – sondern eben auch die Zeit einiger großer Gesten und Auftritte.
Gerhard Schröder etwa hatte es gut vorgemacht, zeigte sich bei der Flutkatastrophe 2002 in Gummistiefeln als anpackender Krisen-Kanzlerkandidat. Friedrich Merz inszeniert sich etwa in Polen als der große Europäer. Auch Markus Söder mischt mit im Wahlkampf, obwohl er ja gar nicht als Kanzlerkandidat aufgestellt ist. Bayerns Ministerpräsident, aktuell immer wieder mit scharfen Tönen gegen Robert Habeck und regelmäßigen Essens-Fotos auf Instagram im Gespräch, spielt bei seiner Reise nach Polen gar mit der Geschichte. Und auch wenn seine Geste vielleicht gar nicht als Wahlkampf-Manöver gedacht war, so gerät sie in der aktuellen Lage doch damit in Verbindung – und löst massive Wut aus.

Söder-Kniefall in Warschau löst Wut aus: „Eine der größten Geschmacklosigkeiten der letzten Jahre“
Am Mittwoch ging Markus Söder in Warschau vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Gettos auf die Knie. Die Szene erinnerte unwillkürlich an den legendären Kniefall des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt im Dezember 1970. Brandt ging damals als Zeichen der Betroffenheit vor dem Mahnmal auf die Knie. Es war der erste Besuch eines deutschen Regierungschefs in Polen seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Foto ging wegen seiner Symbolkraft um die Welt. Brandt erklärte später, der Moment sei spontan entstanden, was ihn wohl nur noch stärker machte. Ob bewusst oder nicht: Der kniende Söder erweckt direkt Erinnerungen an den Moment. Kurz darauf postete der CSU-Chef dann ein Foto mit Bratwurst in der Hand. Dafür gibt es nun massive Kritik.
Unter anderem konnte Peer Steinbrück nicht mit seiner Verachtung für die Szene zurückhalten. Der ehemalige Kanzlerkandidat der SPD kandidiert nicht mehr für ein politisches Amt, kann deshalb frei herausreden – und machte seinem Ärger am Sonntagabend in der Talksendung „Caren Miosga“ Luft. „Das ist eine der größten Geschmacklosigkeiten, die ich von einem deutschen Politiker in den letzten Jahren erlebt habe“, erklärte Steinbrück in der ARD-Sendung. Sich anschließend „mit den Würstchen abbilden zu lassen“ sei eine „Art der Banalisierung der Politik“, die zu Vertrauensverlust beitrage. Sein Fazit: „Da sind irgendwelche Synapsen nicht richtig verdrahtet bei dem Mann“. Vom Publikum erntete er Gelächter und Applaus.
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„Absoluter Tiefpunkt“: Entsetzen über Söder-Geste in Warschau
In eine ähnliche Kerbe schlug nun auch Grünen-Politikerin Claudia Roth. Söders Kniefall in Warschau sei laut der Kulturstaatsministerin ein „absoluter Tiefpunkt“ gewesen. Das Andenken an den großen Staatsmann Willy Brandt (SPD) habe das nicht verdient – Söders Geste sei nur ein „Social-Media-Funfact“, danach sei das Foto mit einer polnischen Wurst gekommen, sagte Roth in Hirschaid (Landkreis Bamberg), wo Bayerns Grüne ihre Landesliste für die Bundestagswahl aufstellten.
Den CSU-Chef hingegen lässt die Kritik offenbar kalt. Hingegen stellte sich Markus Söder im Merkur-Interview erneut gegen das Bürgergeld und Habecks Heizungsgesetz. (han)