In Debatte um Friedensplan: Welche versteckten Botschaften Putin jetzt sendet

Mit Fotos von Wladimir Putin in Militäruniform machen heute die Titelseiten der staatlichen russischen Zeitungen auf. Der Anlass: Putin besuchte am gestrigen Donnerstag ein militärisches Lagezentrum nahe der Front, wo er sich von seinem Generalstabschef Waleri Gerassimow und weiteren Kommandeuren über den Verlauf des Kriegs informieren ließ. 

Der britische Journalist Steve Rosenberg analysiert in einem Video der „BBC", welche Botschaften der Kreml mit diesen Bildern in der kremlnahen Presse aussendet – und an wen sie gerichtet sind.

Erstens: Das Banner

Die Titelseite der russischen Zeitung „Rossiyskaya Gazeta" zeigt Putin bei dem Treffen mit seinen ranghöchsten Generälen. Hinter dem russischen Präsidenten hängt ein großes Banner auf dem übersetzt steht: „Er, der kämpft, gewinnt.“ Die Botschaft ist laut Rosenberg eindeutig: Russland ist bereit, in der Ukraine weiterzukämpfen – kompromisslos.

„Rossiyskaya Gazeta" titelt entsprechend: „Der Vormarsch geht weiter.“ Generalstabschef Waleri Gerassimow verkündete in dem dazugehörigen Artikel außerdem, die russische Armee habe die ukrainische Stadt Kupjansk eingenommen. Die Ukraine bestreitet dies – doch Rosenberg betont, dass es hier weniger um Fakten geht als um die Sprache. 

Laut Gerassimov sei Kupjansk „befreit“ worden. Russland, das ein souveränes Nachbarland überfallen hat, präsentiert seine militärische Aggression weiterhin als „Befreiung“. Diese Erzählung soll der russischen Öffentlichkeit laut Rosenberg vermitteln, dass Moskau moralisch im Recht sei – und keinen Angriffskrieg führe, sondern dem Land helfe.

Banner
Putins Militärgeneräle sitzen unter einem Banner mit der unmissverständlichen Aufschrift:  „Er, der kämpft, gewinnt.“ Imago

Zweitens: Der kriminelle Selenskyj

Donald Trump drängt Putin bereits seit ein paar Monaten sich mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu treffen und ein Abkommen über einen möglichen Frieden auszuhandeln.

Gerade erst hat die US-Regierung neue Vorschläge für einen solchen Friedensplan vorgelegt. Während Russland öffentlich behauptet, offen für Verhandlungen zu sein, zeigen Sprache und Inszenierung Putins laut Rosenberg allerdings keinerlei tatsächliche Kompromissbereitschaft: 

So habe Putin die ukrainische Führung gegenüber der russischen Presse als eine Art „organisierte kriminelle Gruppe“ bezeichnet, die die Macht an sich gerissen habe. Diese Formulierung ist nicht neu; Putin nutzt sie seit Jahren, um Selenskyj international zu delegitimieren. Dass er es ausgerechnet an dem Tag wiederholt, an dem Kiew bestätigt, einen amerikanischen Friedensplan-Entwurf erhalten zu haben, wirkt laut Rosenberg aber sehr bewusst gesetzt.

Drittens: Eine Warnung an Trump?

Putin sprach zudem über die Korruptionsskandale in der Ukraine. Die Führung in Kiew denke kaum an das Schicksal gewöhnlicher Soldaten oder Bürger. Nach Rosenbergs Einschätzung geht es hier um ein Hauptnarrativ, das direkt an Trump adressiert ist: Russland rückt vor, die Ukraine ist korrupt und die USA sollen Druck auf Kiew ausüben, damit es den Krieg zu russischen Bedingungen beendet. 

Die kremlnahe Zeitung „Iswestija“ betonte in einem heute veröffentlichten Artikel außerdem, dass Europa versuchen werde, den möglichen Verhandlungsprozess zu stören oder zu „sabotieren“. Auch das ist laut Rosenberg Teil einer klaren Botschaft: Russland stellt sich auf Widerstand aus der EU ein – und warnt zugleich Trump, dass europäische Regierungen seine Pläne durchkreuzen könnten.

Trumps Friedensplan sieht einige Punkte vor, die für Kiew nur schwer zu akzeptieren sein dürften. Zum Beispiel:  keinen NATO-Beitritt der Ukraine, ein kleineres Heer und dauerhafte Gebietsabtretungen. Selenskyj machte sich den Vorschlag der USA ausdrücklich nicht zu eigen, zeigte sich aber zumindest gesprächsbereit.