Serbiens Präsident wird Teilnahme an "Sniper-Safaris" in Sarajevo vorgeworfen

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic wird laut dem "Telegraph" vorgeworfen, dass er während des Bosnienkriegs (1992–1996) an "Kriegstourismus" beteiligt gewesen sein soll. Dabei sollen reiche Ausländer Geld gezahlt haben, um von Scharfschützenstellungen aus auf Zivilisten in Sarajevo zu schießen – ein grausames Geschäft, das als "Sniper-Safaris" bekannt wurde. 

Der kroatische Journalist Domagoj Margetic behauptet gegenüber dem "Telegraph", Vucic sei an einem dieser Scharfschützenposten gewesen. Er habe Beweise wie Fotos und Videos bei italienischen Ermittlern eingereicht. Laut der italienische Nachrichtenagentur Ansa soll er sogar beim Gericht in Mailand Anzeige erstattet haben. 

Vucic weist die Vorwürfe entschieden zurück und spricht von einer politisch motivierten Kampagne gegen ihn. Während des Kriegs war Sarajevo von serbischen Truppen unter der Führung von Radovan Karadzic belagert, der später wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde.

Serbenführer Karadzic
Serbenführer Karadzic picture-alliance/dpa/P. Dejong

Videoaufnahmen belasten Vucic

Ein kürzlich veröffentlichtes Video sorgt für zusätzliche Diskussionen. Es soll Vucic als jungen Mann in einem Geländewagen zeigen, auf dessen Kofferraum ein menschlicher Schädel mit einem blauen UN-Helm liegt. 

Kritiker sehen darin einen weiteren Hinweis auf seine mögliche Verwicklung in Kriegsverbrechen. Eine serbische Quelle wies dies jedoch zurück und erklärte, das Fahrzeug habe Vucic nicht gehört und solche Autos seien "überall in der Kriegszone" zu finden gewesen.

Laut dem "Guardian" könnten zahlreiche Personen aus westlichen Ländern, darunter Italien, Deutschland und Frankreich, an den "Sarajevo-Safaris" beteiligt gewesen sein. Der italienische Autor Ezio Gavazzeni spricht von einem "Verkehr von Kriegstouristen", die aus reiner Lust am Töten gehandelt haben sollen.

Experten mahnen zur Vorsicht

Fachleute warnen jedoch vor voreiligen Schlüssen. Dr. Helena Ivanov von der Henry Jackson Society erklärt, dass viele Geschichten aus dem Bosnienkrieg später als Falschmeldungen entlarvt wurden. Sie fordert eine gründliche Untersuchung der Vorwürfe. 

Der Bosnienkrieg, bei dem über 10.000 Menschen starben, endete 1995 mit dem Friedensvertrag von Dayton. Die Belagerung Sarajevos durch Karadzics Truppen gilt als eines der dunkelsten Kapitel des Konflikts. Bis heute leidet die Region unter den Folgen des Krieges.