Großbaustellen am Lech: „Uniper“ baut Fischaufstiegs-Anlagen an Staustufen

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Gigantisch ist die Baustelle in Urspring. Zu erkennen sind die Serpentinen des Gerinneabschnitts, der den Fischen nicht nur zur Überwindung der Staustufe dienen, sondern auch neuen Lebensraum bieten soll. © Hans-Helmut Herold

Bis Ende 2027 soll es an allen Staustufen Fischaufstiegsanlagen geben. Das Unternehmen „Uniper“ baut gerade drei dieser Pässe in der Region.

Landkreis – Riesige Baustellen befinden sich derzeit an mehreren Stellen des Lechs in der Region. Sowohl an den Staustufen Dessau und Urspring sowie Epfach werden aktuell von Uniper Fischaufstiegsanlagen gebaut. „Grundlage für die Maßnahmen ist die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die bis zum Jahresende 2027 den Bau von Fischaufstiegsanlagen an allen Flussstaustufen verlangt“, erklärt Pressesprecher Theodoros Reumschüssel. Die Pässe sind auf den Leitfisch Huchen ausgelegt, einen flussaufwärtswandernden Fisch, der mittlerweile vom Aussterben bedroht ist.

Der Lech gilt als Bayerns am dichtesten bebauter Fluss. Allein der Energiekonzern Uniper betreibt 23 Kraftwerke am Lech. Insgesamt 32 Staustufen finden sich auf rund 250 Kilometern Länge. Für Fische und andere Wasserlebewesen in der Regel ein unüberwindbares Hindernis. Hier setzt die Richtlinie an.

Bau von Fischaufstiegsanlagen in der Region startete 2023

„Auf Wunsch des Wasserwirtschaftsamtes Weilheim wurde der Bau der Anlagen in Dessau und Urspring zeitlich vorgezogen“, so Reumschüssel. Im November 2022 startete der Bau an der Staustufe Dessau. Im Februar 2023 ging es in Urspring los. Mittlerweile haben die Projekte Form angenommen – Betonpfeiler wurden etwa eingelassen, Serpentinen angelegt.

Beide Anlagen sollen, wie geplant, im Sommer dieses Jahres in Betrieb gehen. Die in Dessau im Juli, die in Urspring im August. Ende des Jahres soll dann die Anlage in Epfach fertig sein. Baustart war im Sommer 2023 (wir berichteten). Acht weitere Fischtreppen sind in den Landkreisen Landsberg und Weilheim-Schongau geplant.

Dessau: Enge Platzverhältnisse und felsiger Untergrund erschweren Fischtreppen-Bau

Besonders aufwendig gestaltet sich der Bau der Fischtreppe in der Dessau. Das liege an beengten Platzverhältnissen und felsigem Untergrund, so Reumschüssel. Der zur Verfügung stehende Raum ist klar durch Hänge und Weiden definiert. Wesentliche Teile der Fischtreppe werden direkt neben der Zufahrtsstraße errichtet. Mit Kosten in Höhe von rund 8 Millionen Euro rechne man aktuell. In Urspring sind laut Reumschüssel Kosten von circa 6,5 Millionen Euro vorgesehen.

Wo in der Region Fischtreppen von Uniper gebaut werden (orange) und geplant sind (rot).
Wo in der Region Fischtreppen von Uniper gebaut werden (orange) und geplant sind (rot). © Bayernatlas/Siegl

Im Verbund sollen beide Pässe die Durchgängigkeit auf einem Abschnitt von rund 24 Kilometern verlängern und die Vernetzung mit der Litzauer Schleife, einem ökologisch besonders wertvollen Lechabschnitt, wiederherstellen. Auch Unterläufe von Seitenflüssen wie Illach und Gruberbach sollen für aufwärts wandernde Fische wieder erreichbar sein.

Mehrere Meter Höhendifferenz müssen überwunden werden

Aufgebaut sind die Anlagen alle ähnlich: Im Einstiegsbauwerk aus Beton gibt es in Dessau etwa 34 einzelne, jeweils zwölf Zentimeter hohe Einzelstufen, um circa vier Meter Höhenunterschied passierbar zu machen. In Urspring müssen zwei Meter Höhenunterschied überwunden werden – 19 Stufen à zehn Zentimeter werden dazu gebaut. Die Einleitung von circa 800 Litern Wasser pro Sekunde durch den Pass in den Lech bildet jeweils die sogenannte Lockströmung, wodurch die Fische den Einstieg in die Anlage überhaupt erst finden.

Es folgt ein Gerinneabschnitt. Der Bachlauf werde laut Reumschüssel möglichst naturnah gestaltet – mit Flachwasserzonen, Gumpen, Kiesnestern und Totholzstrukturen. Die Fische sollen neben der Durchgängigkeit auch neuen Lebensraum finden. Ein Umstand, über den sich Lechrangerin Patrizia Majowski freut.

In Dessau soll es außerdem einen Ausgleichsteich geben, in Urspring wird der Bachlauf durch Steinquerriegel im Abstand von fünf Metern in Einzelstufen untergliedert. Auf 500 Metern Länge müssen nämlich weitere sechs Meter Höhendifferenz überwunden werden.

Auf engstem Raum, was die Arbeiten erschwert, wird in Dessau direkt neben der Zufahrtsstraße eine Fischaufstiegsanlage gebaut. Das Verbindungsgerinne soll sich zu einem rund 350 Quadratmeter großen Ausgleichsteich ausweiten.
Auf engstem Raum, was die Arbeiten erschwert, wird in Dessau direkt neben der Zufahrtsstraße eine Fischaufstiegsanlage gebaut. Das Verbindungsgerinne soll sich zu einem rund 350 Quadratmeter großen Ausgleichsteich ausweiten. © Hans-Helmut Herold

Abschließend folgt das sogenannte Ausstiegsbauwerk aus Beton. Ein Grobrechen verhindere das Einspülen von gröberem Material. Im Hochwasserfall könne der Zulauf durch einen Schieber reduziert werden, heißt es bei Uniper.

Beim Lebensraum Lechtal begrüßt man die Renaturierungsmaßnahmen von Uniper, sagt Lechrangerin Patrizia Majowski. Man stehe in gutem Austausch mit dem Unternehmen. Doch berge die Verbauung am Lech weitere Herausforderungen, die sehr komplex seien. So gebe es am Lech beispielsweise keine Umgehungsmöglichkeit, die Fische gezielt flussabwärts führe.

Am gesamten deutschen Lech hat man mit Verschlammung zu kämpfen

Auch der sogenannte Geschiebe-Transport funktioniere nicht mehr. Das Geröll, das der Lech aus den Alpen den Fluss hinabtransportieren sollte, werde von den Staumauern gestoppt. An manchen Stellen müsse es künstlich eingebracht werden, etwa in Augsburg, wo durch Eintiefungen das Grundwasser abgesunken sei.

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Des Weiteren habe man am gesamten deutschen Lech mit Verschlammung zu kämpfen. Dabei sei gerade lockerer Kies wichtig, etwa für Kleinstlebewesen oder Fischlarven, schildert Majowski. Sachen, die man weiter gemeinsam angehen müsse – ohne Schuldzuweisungen.

Die Heimatzeitungen im Landkreis Weilheim-Schongau sind unter „merkur_wm_sog“ auf Instagram vertreten.

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