Demozug quer durch Schongau: Beschäftigte in Milchindustrie fordern höhere Löhne und treten in 24-Stunden-Streik

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Vor dem Hochlandwerk in Schongau hatten sich die Streikenden zunächst versammelt. © Elena Benedikt

Hunderte Streikende aus der Milchbranche zogen am Montagvormittag vom Hochland-Werk quer durch Schongau zum Volksfestplatz, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.

Schongau - Laute Musik dröhnt über den Vorplatz des Hochlandwerks in Schongau, unterbrochen nur von Trillerpfeifen und Ratschen-Geklapper. Ein Großteil der Beschäftigten hat sich hier versammelt und streikt. „Nur ein Notbetrieb wird aufrechterhalten“, erklärt die Betriebsratsvorsitzende Sabine Wagner. Das Produkt soll nicht kaputtgehen. Aber über 90 Prozent der Arbeiter hätten sich dem Streik angeschlossen, freut sie sich.

Bereits vor wenigen Wochen hatte die Belegschaft ihre Arbeit niedergelegt, um der Forderung nach mehr Lohn Nachdruck zu verleihen. Leider ohne Erfolg. „Wir liegen viel zu weit auseinander“, fasst es Claudia Weixler, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Allgäu, im Gespräch mit der Heimatzeitung zusammen.

Der Protestzug setzt sich in Bewegung: Fahnenschwenkend ging es durch Schongau.
Der Protestzug setzt sich in Bewegung: Fahnenschwenkend ging es durch Schongau. © Elena Benedikt

300 Euro mehr pro Monat fordert die Gewerkschaft für jeden Arbeitnehmer – ursprünglich waren es 411 Euro. Von diesem Festgeld würden alle gleichermaßen profitieren – ob im Büro, Labor oder mit niedrigerem Lohn in Lager und Produktion, erklärt Weixler. Die Arbeitgeber hätten lediglich 150 Euro als festen Betrag im ersten Jahr angeboten. Für das Folgejahr hätten sie zusätzlich 2,5 Prozent mehr Lohn signalisiert.

„Das ist vor allem für die, die ohnehin weniger verdienen, eindeutig nicht genug“

Alternativ liege das Arbeitgeberangebot ohne Festbetrag bei vier Prozent für ein Jahr. „Das ist vor allem für die, die ohnehin weniger verdienen, eindeutig nicht genug“, kritisiert Weixler. Und auch, dass über den Prozentsatz vor allem „sogenannte Leistungsträger“ profitieren sollen, stößt ihr sauer auf. Schließlich würden alle Beschäftigten wichtiges leisten. „Das müssen wir heute wohl noch einmal zeigen“, so Weixler. Mit einer neuen Stufe der Eskalation.

24 Stunden am Stück steht das Werk diesmal still. Los ging der Streik am Sonntagabend, 22 Uhr. Nicht nur in Schongau, sondern auch bei Meggle Cheese in Altusried und Saliter in Obergünzburg. Mit Bussen und Privatautos hatten sich auch zahlreiche Beschäftigte von dort aufgemacht, um sich der Demonstration in Schongau anzuschließen. Rund 100 Menschen sind es aus Altusried, so der dortige Betriebsratsvorsitzende Herbert Rimmele. Und rund 40 aus Obergünzburg, sagt Wolfgang Eppele, Betriebsratsvorsitzender bei Saliter.

Die Betriebsratsvorsitzenden sind es dann auch, die mit einem Banner den lautstarken Demonstrationszug anführen, der sich gegen 11.30 Uhr in Bewegung setzt. Die Polizei riegelt die Straßen ab. Über Burggener- und Oskar-von-Miller-Straße geht es den Rößlekellerberg runter und an der Grundschule vorbei zum Volksfestplatz.

Anwohner beobachten Demo-Zug durch Schongau verwundert

Zwischen 400 und 500 Teilnehmer sind es insgesamt, schätzt Weixler. Anwohner und Autofahrer schauen verwundert aus ihren Fenstern. Einzelne recken die Daumen nach oben. Kindergartenkinder, die gerade im Garten spielen, drängen winkend an den Zaun, Schulkinder lehnen sich aus den Fenstern, um den Zug zu beobachten.

Hunderte Beschäftigte der Milchindustrie schlossen sich dem Demozug durch Schongau an.
Hunderte Beschäftigte der Milchindustrie schlossen sich dem Demozug durch Schongau an. © Elena Benedikt

Am Volksfestplatz endet der Zug schließlich. Mehrere Foodtrucks sowie eine Getränkestation sind hier aufgestellt. „Am 22. Juli gehen die Tarifverhandlungen in die dritte Runde“, erklärt Weixler, die zum Abschluss noch einmal das Mikrofon in die Hand genommen hat. Sie bedankte sich bei allen Teilnehmenden und der Polizei für die unkomplizierte Begleitung des Demozuges, bevor der Streik mit einem geselligen Zusammensein zu Ende ging. Erst die Nachschicht um 22 Uhr werde wieder arbeiten, so die NGG-Geschäftsführende.

Verbesserungen für Auszubildende

Neben der Lohnerhöhung, für die die Arbeitgeber noch keine ernsthaft zu verhandelnde Grundlage auf den Tisch gelegt hätten, wie auch Herbert Rimmele von Meggle Cheese Altusried kritisiert, fordert die Gewerkschaft auch Verbesserungen für die Auszubildenden. Die sollen einen Tarifvertrag bekommen, erklärt Simon Horak, Auszubildendenvertreter aus Obergünzburg. 100 Euro mehr pro Monat sollen sie verdienen. So ähnlich hätten es beispielsweise auch die Brauer schon gemacht, sagt Horak.

Und die Rahmenbedingungen der Ausbildung sollen sich verbessern. Dazu gehöre beispielsweise, dass ein Ausbilder gewisse Zeit für die Aufgabe freigestellt wird und sich nicht nur nebenbei um die Azubis kümmern kann. „Zum Beispiel einen Tag in der Woche“, sagt Horak.

Außerdem gefordert wird ein Kilometergeld für Auszubildende. Die hätten Blockunterricht an der Berufsschule. Je nachdem, in welchen Ort sie müssen, würden etwa 1200 Kilometer pro Block zusammenkommen, den die Azubis bislang selbst finanzieren müssten. Die Arbeitgeber hätten zunächst angeboten, das Deutschlandticket zu übernehmen – das bringe im ländlichen Raum aufgrund mangelnder Verbindungen allerdings wenig, kritisiert Horak.

Eine Straßenseite nahm der lange Demozug ein.
Eine Straßenseite nahm der lange Demozug ein. © Elena Benedikt

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