„Schmerzen ohne Ende“: Besoffener liefert sich Schlägerei mit Tankstellenmitarbeitern
Mit rund zwei Promille im Blut und ohne Bargeld in der Tasche hatte ein 19-jähriger Peitinger das Personal einer Peißenberger Tankstelle aufgefordert, ihm ohne Bezahlung Zigaretten auszuhändigen. Daraufhin kam es zur Schlägerei.
Weilheim – Begleitet von einem beachtlichen Aufgebot an Polizei- und Sicherheitskräften wurde der 19-jährige Angeklagte dem Weilheimer Jugendschöffengericht vorgeführt. Die Fußfesseln verrieten: Eigenständig war der junge Peitinger nicht angereist, er kam direkt aus der JVA-Stadelheim.
Die Anschuldigungen gegen ihn räumte er zumindest in Teilen ein, sah sich jedoch an einigen Stellen zu Unrecht an den Pranger gestellt. „Die lügt, dass ich sie gewatscht habe“, schimpfte er bereits im Vorhinein über eine Zeugin und verlangte nach den Aufnahmen der Überwachungskamera.
An einem Septemberabend 2023 war der Peitinger mit einem Freund in Peißenberg unterwegs gewesen, als er sich dazu entschloss, an einer Tankstelle Zigaretten zu besorgen. Ein Mitarbeiter der besagten Tankstelle zahle ihm diese regelmäßig aus der eigenen Tasche, behauptete der Angeklagte in der Verhandlung.
Angeklagter nur teilweise geständig
Wo sich dieser mysteriöse Mitarbeiter an jenem Abend aufgehalten hatte, blieb jedoch ein Rätsel. Das anwesende Personal – eine 20-Jährige und ihr 23-jähriger Verlobter – erfüllten dem Peitinger seinen Wunsch nach Zigaretten jedenfalls nicht. Wie die 20-Jährige erzählte, sei der Angeklagte nach einiger Zeit des Diskutierens aggressiv geworden und habe sie als „Schlampe“ bezeichnet. Als Reaktion auf die Anweisungen der Tankstellenmitarbeiter, er solle umgehend das Geschäft verlassen, war es schließlich zu einer handfesten Auseinandersetzung gekommen. Zuerst habe die junge Frau einen Hieb des Peitingers einstecken müssen. „Er hat mich aber nicht ganz getroffen“, sagte sie.
„Kein Geld, keine Kippen“, hatte auch der 23-Jährige dem Beschuldigten klargemacht. Der Zeuge versicherte, sich bei der anschließenden Schlägerei lediglich verteidigt zu haben. „Ich hab‘ aber auch was abbekommen“, sagte er.
Neben den Schlägen, die sich der Angeklagte und der Geschädigte gegenseitig verpasst hatten, war letzterer auch von einem Tritt getroffen worden. Die Folgen des Vorfalls habe er jedoch erst am nächsten Tag gespürt. „Schmerzen ohne Ende“, erinnerte er sich. Immer wieder sei der Angeklagte in die Tankstelle zurückgekehrt. Nicht einmal sein Kollege habe ihn davon abhalten können.
Die herbeigerufene Polizeistreife fand den Beschuldigten schließlich an der Zapfsäule sitzend vor. „Ihr Drecksbullen, langt mich ja nicht an!“, habe die Begrüßung des Peitingers gelautet, berichtete einer der Beamten. Bis heute im Gedächtnis geblieben sind den Polizisten die „extremen Stimmungsschwankungen“ des jungen Mannes. Mal habe er sich freundlich und ruhig, dann wieder aufbrausend und beleidigend verhalten. Außerdem soll er „massiv mit den Füßen getreten“ und dabei einen der Beamten getroffen haben.
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Extremer Liebeskummer
Die Fesselung des Beschuldigten sei aber „widerstandslos“ über die Bühne gegangen. Erst im Dienstfahrzeug sowie in der Zelle habe dann wieder „absolutes Chaos“ geherrscht. Der Peitinger „hatte extrem Liebeskummer und hat ständig von seiner Freundin und der Trennung geredet“, erinnerte sich einer der Polizisten.
Der vorbestrafte Angeklagte sei in der Vergangenheit bereits durch Depressionen und Suizidgedanken aufgefallen, hieß es vonseiten der Jugendgerichtshilfe, die ferner von „schwierigen Familienverhältnissen“ und „häuslicher Gewalt“ berichtete. „Kaum ist eine Verurteilung vorbei, kommt schon die nächste“, bedauerte die Staatsanwältin.
Zwar habe der Peitinger unter dem Einfluss von Rauschmitteln gestanden und blicke offenbar auf eine schwierige Vergangenheit zurück, dennoch sei die Rückfallgeschwindigkeit des „Bewährungsversagers“ beachtlich. Bisherige Berührungspunkte mit der Justiz hätten nicht die erhoffte abschreckende Wirkung erzielt, bedauerte die Staatsanwältin und forderte eine Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten.
Angeklagter „kein unbeschriebenes Blatt“
Aufgrund des nachgewiesenen Alkoholrausches des jungen Mannes attestierte der Verteidiger seinem Mandanten eine „verminderte Schuldfähigkeit“. Bis zu 2,16 Promille waren dem Peitinger nachgewiesen worden. Der Rechtsbeistand ordnete den Sachverhalt aber realistisch ein: „Wir können wohl kaum über eine weitere Bewährungsstrafe sprechen“, bemerkte er und forderte dennoch zwölf Monate weniger als die Staatsanwältin.
Das Schöffengericht um Jugendrichterin Franziska Braun hielt unter Einbeziehung eines weiteren Verfahrens am Ende eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten für angemessen. Eine Bewährungsstrafe sei keine Option mehr gewesen, erklärte die Richterin. „Schade, dass Sie ihre Talente nicht nutzen“, sagte sie. Im Großen und Ganzen hält sie den Angeklagten nämlich für „ziemlich intelligent“.
Leider sei der Angeklagte mittlerweile „kein unbeschriebenes Blatt“ mehr und habe auch im aktuellen Prozess mehr Minus- als Pluspunkte gesammelt. Da dem in Untersuchungshaft sitzenden Peitinger noch weitere Verhandlungen bevorstehen, „ist das heute noch nicht das Ende der Fahnenstange“, erklärte die Richterin.