Mit 930 Mitarbeitern im Schongauer Werk ist Hirschvogel einer der größten Arbeitgeber im Landkreis. Doch weil der Standort stark auf E-Mobilität ausgerichtet ist, die Absatzzahlen von E-Autos aber zurückgehen, musste dort Kurzarbeit angemeldet werden. Gleichzeitig wurde nach 36 Jahren das Werk in Ohio/USA verkauft.
Schongau – Viele Hirschvogel-Beschäftigte dürften diese Woche erstmals ihren neuen Chef live gesehen haben: Matthias Kratzsch, erst vor wenigen Wochen als CEO von Hirschvogel als Nachfolger von Jörg Rückauf installiert, stellte sich auf den Betriebsversammlungen in Schongau und Denklingen vor. Er dürfte wenig gute Nachrichten vekündet haben, denn die Lage für das Unternehmen mit weltweit 6500 Mitarbeitern und einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro ist nicht einfach.
Anfang der Woche teilte Hirschvogel mit, dass es sein 1988 gegründetes Werk in Columbus/Ohio verkauft. Noch beim Bilanzgespräch im vergangenen Jahr hatte es geheißen, dass man aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen in Deutschland, unter anderem wegen hoher Energiekosten, vor allem im Ausland wachsen wolle. Wie passt dann der Verkauf des Werkes in den USA dazu, dass die Amerikaner mit dem Inflation Reduction Act (IRA) ein 738 Milliarden Dollar schweres Förderprogramm aufgelegt haben, das gerade die örtliche Produktion stärken soll?
„Es gab eine Vielzahl von Gründen“, sagt Hirschvogel-Sprecherin Michaela Heinle. Der Standort habe schon lange mit Verlusten gekämpft. „Wir sahen lange Zeit noch Chancen und wollten auch im Interesse unserer Kunden und unserer Mitarbeitenden das Werk in den USA nicht vorschnell aufgeben.“ Doch trotz vieler Effizienzbemühungen und intensiver Unterstützung konnte im USA-Werk keine zufriedenstellende Profitabilität erzielt werden.
Als jetzt ein Kaufangebot von Walor hereinkam, ein Teil der FerrAl United Group des Mutares-Konzerns, kam das Hirschvogel wie gerufen. Mutares ist eine Private-Equity-Gesellschaft mit Hauptsitz in München, die laut Internet ertragsschwache mittelständische Unternehmen und Konzernausgliederungen übernimmt mit Ziel, sie zu restrukturieren und anschließend weiterzuveräußern.
„Unsere 320 Hirschvogel-Mitarbeitenden ind den USA werden vom Käufer übernommender“, so Heinle. Es sei eine für alle Seiten positive Entscheidung gewesen. Und weil das Ende 2017 gegründete Werk in Mexiko in der Freihandelszone der USMCA liegt, „kann von dort problemlos der gesamte nordamerikanische Markt bedient werden“, so Heinle. Weitere ausländische Standorte hat Hirschvogel noch in Polen, Indien und China, dazu die deutschen Werke in Marksuhl, Eisenach und neben Schongau den Stammsitz in Denklingen.
Zahl der Zeitarbeiter wurde reduziert
Dort arbeiten aktuell 2403 Mitarbeiter, dem Werk geht es blendend – es ist noch weitgehend auf den Verbrennungsmotor ausgerichtet. Schon vor Jahren hatte Hirschvogel bei seiner sogenannten Transition das Ziel geäußert, zum einen bei der E-Mobilität ganz vorne dabei zu sein, andereseits das klassische Geschäft nicht zu vernachlässigen.
Das Werk in Schongau dagegen ist stark auf Elektromobilität ausgelegt und kämpft dementsprechend mit dem Rückgang der Absatzzahlen. „Auch durch den Wegfall der Subventionen für den Kauf eines Elektro-Fahrzeugs sind die Absatzmengen von Elektroautos in Deutschland stark eingebrochen“, sagt Heinle. Dadurch seien die Abrufmengen der Kunden reduziert worden. „Deshalb mussten wir ab Juni im Werk Schongau in Kurzarbeit gehen.“ Betroffen seien 35 Prozent der derzeit 930 Mitarbeiter in Schongau.
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Auch Zeitarbeiter sind in Schongau betroffen. Die Anzahl sei bereits reduziert worden, so Heinle. „Wir arbeiten hier eng mit unseren Kollegen und Kolleginnen in Denklingen zusammen. So konnten auch einige Zeitarbeitnehmer aus Schongau an den Standort nach Denklingen wechseln“, sagte sie.