„Wahlversprechen gebrochen“: Keine Rede mehr von Verstaatlichung des Walchenseekraftwerks
Der Einstieg des Freistaats beim Walchenseekraftwerk ist offenbar endgültig vom Tisch, wie eine Äußerung von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger zeigt. Die SPD übt harsche Kritik.
Kochel am See – Vor der Landtagswahl war das Thema in aller Munde: Vertreter der meisten Parteien sympathisierten mehr oder weniger offensiv mit der Idee, dass der Freistaat die Wasserkraftwerke des angeschlagenen Uniper-Konzerns übernehmen sollte, darunter das Walchenseekraftwerk. Seither war es um das Thema still geworden – bis vor wenigen Tagen der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) recht schmucklos erklärte: „Also da ist jetzt nicht geplant, zeitnah, dass Uniper sich aus diesem Geschäft verabschiedet, sondern sie stehen zur Wasserkraft.“ In seinen Augen stehe es daher nicht zur Debatte, dass der Freistaat Bayern dort einsteigen „wollte, müsste oder auch nur könnte“.
Umweltminister Glauber hatte landeseigene Betreibergesellschaft angestrebt
So klare Worte hatte Aiwanger noch nicht gefunden, als er im Mai 2023 dem Walchenseekraftwerk einen Besuch abstattete. Damals lauteten die Zitate: „Es ist sinnvoll, dass der Freistaat seine Hand drauf hat.“ Oder: „Der Freistaat sollte ein Auge darauf haben, wie es weitergeht.“
Der damalige Umweltminister Thorsten Glauber (FW) hatte sogar gesagt: „Wir streben die Übernahme der gesamten bayerischen Uniper-Wasserkraftwerke in eine landeseigene Betreibergesellschaft an.“ Von den rechtlichen Hürden, die einer sogenannten Verstaatlichung im Wege standen, war im Wahlkampf eher nicht die Rede – auch nicht von Seiten von Grünen und SPD, die sich am deutlichsten für die Übernahme-Idee stark machten.
Walchenseekraftwerk: „Wahlversprechen gebrochen“
Verärgert über Aiwangers Absage an eine Verstaatlichung zeigt sich nun in einer Pressemitteilung der Kochler SPD-Gemeinde- und Kreisrat Klaus Barthel. Er wirft der Staatsregierung vor, ihr Wahlversprechen gebrochen zu haben. „Einmal mehr geben CSU und Freie Wähler bayerische Interessen preis“, schreibt Barthel. „Auch in Zukunft findet die Wertschöpfung der Kraftwerke zwischen Main und Karwendel einschließlich aller Belastungen hier vor unserer Haustür statt, während Entscheidungsgewalt und Profite weiterhin über einen großen Energiekonzern abwandern.“ So bewertet er die Entscheidung des bayerischen Kabinetts.
„Entgegen seinen eigenen Äußerungen und denen führender Politiker der Freien Wähler von Umweltminister Glauber bis zum Fraktionsvorsitzenden Florian Streibl tut Herr Aiwanger plötzlich so, als habe nie etwas anderes als diese Kapitulation vor dem Konzern zur Debatte gestanden“, kritisiert Barthel. Auch Ministerpräsident Söder und weite Teile der CSU hätten das vor der Landtagswahl noch anders gesehen.
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Der Sozialdemokrat kündigt an, dass die SPD weiterhin nach Wegen suchen werde, „möglichst viel von den Entscheidungen und der Wertschöpfung der Kraftwerke in der Region zu halten“. Die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Walchenseekraftwerks böten genug Gelegenheit dazu. (ast)