Selbst Experten wundern sich: Warum Trump jetzt die Eisbären retten will

Donald Trump ist mit seinem Credo "America First" berühmt geworden. Die Bereitschaft, die USA ohne Rücksicht auf Verluste sowohl in außen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Fragestellungen an erste Stelle zu stellen, beweist der US-Präsident immer wieder aufs Neue. 

Umso verwunderlicher, dass er seinen Blick jetzt anscheinend wohlwollend auf weit entfernte Ecken der Erde wirft. Genauer nach Grönland und nach Nepal – die Administration erwägt, bis zu 50 Millionen US-Dollar an Auslandshilfe zum Schutz von Eisbären und 25 Millionen für Schneeleoparden bereitzustellen. Das berichtet die "Washington Post". 

Vor dem Hintergrund, dass humanitäre und Naturschutzprogramme, die als unvereinbar mit Trumps "America First"-Agenda gelten, eigentlich drastisch gekürzt werden sollen, wundern sich Forscher, Diplomaten und Politiker in den USA und im Ausland über das plötzliche Vorhaben.

Eisbären als traurige Nebencharaktere der US-Außenpolitik?

Der "Post" liegen dazu interne Emails vor. Demnach hätte das US-Außenministerium Mitte September 2025 damit begonnen, Teams zusammenzustellen, die konkrete Finanzierungsvorschläge ausarbeiten sollten.

Das Außenministerium habe in einer Erklärung bestätigt, dass die Gespräche laufen. Die Biodiversitäts-Finanzierung werde allerdings lediglich erwogen, weil der Kongress sie gesetzlich vorgeschrieben habe. Es sei schwer zu rechtfertigen, dass das Vorhaben im nationalen Interesse Amerikas liegt, allerdings könnte man die Mittel für das Haushaltsjahr 2024 ja auch nicht einfach umwidmen. "Wir suchen daher nach kreativen Wegen, das Gesetz zu befolgen und gleichzeitig die strategischen Ziele unseres Landes zu fördern", erklärt das Ministerium.

Dass einer diese kreativen Wege ausgerechnet nach Grönland führt, dürfte dabei nicht verwunderlich sein. Trump hegt schon lange ein Interesse an der autonomen Insel zwischen dem Nordatlantik und dem Nordpolarmeer. Aufgrund der strategischen Lage und reichen Rohstoffvorkommen an

  • Erdöl,
  • Gas
  • und seltenen Erden 

hatte er mehrfach den Wunsch geäußert, sie zu kaufen und sich notfalls auch mit militärischer Gewalt einzuverleiben. Die Bevölkerung hat sich davon jedoch weitestgehend unbeeindruckt gezeigt. Grönland hat weiterhin den Status eines autonomen Territoriums Dänemarks.

Wenn man also schon "gezwungen" sei "diese vom Kongress vorgeschriebene Haushaltsvorgabe einzuhalten", versuche man laut Außenministerium dabei, zumindest wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen zu wichtigen Partnern zu stärken und Trumps außenpolitische Ziele zu unterstützen. Denn auch Nepal liegt geografisch günstig zwischen den beiden Wirtschaftsgiganten China und Indien.

Die Summe sei "überdimensioniert"

Auch wenn hinter der potenziellen Großzügigkeit vermutlich keine Liebe für die rund 400 Schneeleoparden in Nepal oder die 3000 Tiere umfassende Eisbärenpopulation in Grönland steckt – das Geld könnte dem Tierschutz bisher ungeahnte Möglichkeiten eröffnen.

Die enorm hohe Summe wirft dann aber doch Fragen auf. So zeigten sich Experten laut "Post" verblüfft über das Ausmaß der geplanten Mittel. Sie würde das derzeitige Budget um ein Vielfaches übersteigen. Das staatliche Umweltforschungsinstitut Grönlands "Pinngortitaleriffik" verfügt derzeit über Jahresbudget von weniger als 500.000 US-Dollar für Eisbärenforschung. Das geht aus den vergangenen Jahresberichten hervor. Einige Experten erklärten gegenüber der "Post" anonym, dass unklar sei, ob man so viel Geld überhaupt sinnvoll ausgegeben werden könne. Die geplante Summe von 50 Millionen US-Dollar sei vollkommen überdimensioniert.

Schneeleopard
Nepal hat schon häufiger Zuschüsse von USAID und anderen US-Institutionen erhalten, darunter auch einige speziell für den Schutz von Schneeleoparden. GettyImages/Maxime Riendeau

Vor allem, wenn man sich vor Augen führt, woher das Geld stammen soll. Die neu geplanten Tierschutzprojekte sollen aus einem Topf von fast zwei Milliarden US-Dollar finanziert werden, der zuvor von der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit (United States Agency for International Development, USAID) verwaltet wurde. 

Die hatte Trump allerdings Anfang des Jahres aufgelöst. Die gekürzten Programme halfen unter anderem verletzten Soldaten in der Ukraine mit Prothesen, räumten Landminen in verschiedenen Ländern und versuchten, die Ausbreitung von Ebola in Afrika einzudämmen.

Kritik aus eigenen Reihen: "Nicht glaubwürdig"

Aus dem Kongress gibt es Bedenken zu der Glaubwürdigkeit der neu gewonnen Biodiversitätsliebe. Mehrere Mitarbeiter des Außenministeriums äußerten sich laut "Post" angesichts des bisherigen Vorgehens im Bereich Artenschutz irritiert. 

Erst im April hatte die Regierung vorgeschlagen, den Artenschutz durch den "Endangered Species Act" einzuschränken, indem die langjährige Definition von "Schädigung" von Arten aufgehoben werden sollte. Die Veränderung oder Zerstörung von Lebensräumen sollte von der rechtlichen Definition ausgeschlossen werden – zwei treibende Faktoren beim Verlust der Biodiversität weltweit.

Senatorin Jeanne Shaheen (New Hampshire) etwa erklärt in einem offiziellen Statement des Senatsausschusses für auswärtige Beziehungen auf der Plattform X:

„Nachdem die Trump-Regierung die von Kongress genehmigten und finanzierten Programme von USAID und des Außenministeriums stark gekürzt hat, verdient sie kein Lob dafür, einen kleinen Teil der internationalen Naturschutzhilfe fortzuführen“. 

Als ranghöchste Demokratin im Ausschuss fordert sie eine sinnvolle Beratung und Aufsicht durch den Kongress, wenn die Regierung amerikanische Steuergelder ausgeben will.

Eigentlich ist in den USA das "Bureau of Oceans and International Environmental and Scientific Affairs" für die sinnvolle Verteilung solcher Gelder verantwortlich. Nach eigenen Angaben setzt es sich dafür ein, dass Wirtschaftswachstum und ein gesunder Planet Hand in Hand gehen. Laut Quellen der "Post" sei die Behörde aber derzeit durch Entlassungen, Pensionierungen und Rücktritte aufgrund von Trumps Initiativen zur Verkleinerung des Bundespersonals stark betroffen.