Wohltemperiertes Ungestüm: Lukas Sternath eröffnet Musikfest am Tegernsee

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Vor vollen Rängen eröffnete das 35. Musikfest am Tegernsee in der Tenne von Gut Kaltenbrunn. © Thomas Plettenberg

Mit der vollen Bandbreite der Emotionen hat Pianist Lukas Sternath das Internationale Musikfest am Tegernsee eröffnet. Das Festival hat zum Auftakt in Kaltenbrunn zudem seinen einstigen Retter besonders geehrt.

Seine beachtete Karriere begann mit einem Triumphzug, und als solchen darf man getrost auch seinen Auftritt beim Internationalen Musikfest am Tegernsee bezeichnen: Mit einem furiosen Konzert mit Beethoven, Schumann und Liszt hat der junge Pianist Lukas Sternath am Dienstagabend das Kammermusik-Festival in Gut Kaltenbrunn eröffnet. Er servierte nicht unbedingt leichte Kost. Aber eine, die gleichzeitig saturiert und doch Hunger auf mehr zurücklässt.

Zur 35. Auflage des Musikfests hatte Festivalleiter Helge Augstein vor vollen Rängen in der Tenne die Besucher und Ehrengäste begrüßt, darunter Bezirkstags-Vize-Präsident Rainer Schneider, die Bürgermeister Josef Bierschneider (Kreuth), Alfons Besel (Gmund) und Robert Kühn (Bad Wiessee), stellvertretend für alle Gönner Netty Radmer, Vorsitzende des Freundeskreises des Musikfests, und Martin Mihalovits, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, sowie Renita Engel-Aschoff, Leiterin der ersten 15 Jahre des Musikfests Kreuth, die kürzlich ihren 95. Geburtstag feiern konnte.

Ehrenintendanz für Dieter Nonhoff

Ein großes Dankeschön: Festivalleiter Helge Augstein (l.) gratuliert seinem Vorgänger Dieter Nonhoff zur Ehrenintendanz des Musikfests.
Ein großes Dankeschön: Festivalleiter Helge Augstein (l.) gratuliert seinem Vorgänger Dieter Nonhoff zur Ehrenintendanz des Musikfests. © Thomas Plettenberg

Eine besondere Würdigung erfuhr Dieter Nonhoff, der das Festival nach Engel-Aschoff und vor Augstein 15 Jahre lang leitete: Zu seinem runden Geburtstag habe ihm das Musikfest die Ehrenintendanz verliehen, gab Augstein auf der Bühne bekannt – „aus großer Dankbarkeit“. Das Festival hat Nonhoff in der Tat viel zu verdanken: Es würde ohne ihn womöglich gar nicht mehr existieren. Nonhoff rief 2002 die Oleg Kagan Stiftung ins Leben, die das Festival für die Zukunft sichert. Dem Vorstand der Stiftung, die den Namen von Festivalgründer Oleg Kagan trägt, steht er bis heute vor; Stiftungsratsvorsitzender ist der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider. Bislang hat die Stiftung ein Vermögen von fast einer Million Euro aufgebaut und auch einen ähnlich hohen Betrag an das Musikfest ausgeschüttet, das ehrenamtlich organisiert wird.

Starpianist mischt sich unter Gäste

Auch Starpianist Igor Levit hatte sich zur Eröffnung des Festivals in schwarzem Hemd und Sneakern unter die Gäste gemischt. Er hatte 2018 das Musikfest eröffnet – unter anderem mit den „Geistervariationen“ Robert Schumanns, wie Augstein erinnerte, die auch diesmal auf dem Programm standen, als einer von Levits Studenten an der Musikhochschule Hannover am Flügel saß: Lukas Sternath. Der 23-Jährige – in Wien geboren und dort einst Sängerknabe – hat beim ARD-Musikwettbewerb 2022 einen Raketenstart hingelegt. Neben dem 1. Preis wurde er dort mit sieben Sonderpreisen ausgezeichnet, unter anderem dem Publikumspreis.

Lukas Sternath Eröffnung 35. Internationales Musikfest am Tegernsee 2024 in Kaltenbrunn
Kompromisslos am Klavier: Lukast Sternath ließ das Publikum den Atem anhalten. © Thomas Plettenberg

Triumphaler Auftritt von Lukas Sternath

Die Frage, ob das gerechtfertigt war, dürfte sich beim Musikfest für die Zuhörer schon nach wenigen Minuten erledigt haben. Sternath stieg mit Ludwig van Beethovens „Eroica-Variationen“ ein und schöpfte gleich aus der vollen Bandbreite an Emotionen. Mal streichelte er zarte Klänge aus den Klaviersaiten, dann haute er in die Tasten, dass der Lockenschopf wackelte, oder untermauerte die Emotionen mit einem Stampfer mit dem linken Fuß, der in den ersten Zuschauerreihen noch am Boden zu spüren war. Ein beeindruckendes Spiel mit den Extremen. Seinen Mentor kann Sternath dabei kaum leugnen. Er geht mit wohltemperiertem Ungestüm zu Werke. Diese Musik will nicht nur gefallen, sie will sich Gehör und Wirkung verschaffen. Dazu braucht es nicht nur Ernsthaftigkeit, sondern auch Schneid. Und die bringt Sternath mit.

Im Kontrast zu den „Eroica-Variationen“ gab sich Sternath den „Geistervariationen“ zurückhaltender hin – jenem letzten Werk Robert Schumanns vor seiner Einlieferung in eine Nervenklinik. Der junge, impulsive Pianist zeigte hier seine einfühlsame Seite, spielte die ruhigen Passagen über weite Strecken mit geschlossenen Augen.

Das ganz große Kino epischer Empfindungen bot sich ihm und seinen Zuhörern wieder im zweiten Teil des Abends mit Auszügen aus Franz Liszts „Années de pèlerinage“, den musikalischen Tagebüchern der „Pilgerjahre“. Kompromisslos gab sich Sternath dieser fordernden Musik mit hochkonzentrierter Miene in den dramatischen Passagen ganz hin. Das Publikum erlebte einen jungen Musiker, der belegte, dass Reife eben nicht unbedingt eine Frage des Alters ist.

Ohne ein Wort zu sagen, verschwand Sternath nach einer Zugabe und mehreren Verbeugungen unter donnerndem Applaus und Bravo-Zwischenrufen ganz unprätentiös hinter dem Vorhang. Die Musik hatte da ohnehin schon alles gesagt.

Alle Infos und das vollständige weitere Programm des Musikfests am Tegernsee sind auf der Homepage des Festivals zu finden. Für alle Konzerte gibt es noch Karten.

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