Stadt Tegernsee will das Projekt Almdorf beerdigen
Die Planung für die Hotel㈠anlage Almdorf läuft seit 13 Jahren, passiert ist nichts. Im August laufen wieder Fristen ab. Der Tegernseer Stadtrat hat die beantragte Verlängerung nicht genehmigt und drängt auf die Aufhebung des Bebauungsplans. Der Schandfleck soll wieder grüne Wiese werden.
Tegernsee – Es dürfte das Ende eines Verfahrens mit mittlerweile vier Tekturen sein, durch das Projektentwickler Rainer Leidecker seine Idee von einem Hotel-Dorf mit zehn Almgebäuden an der Neureuthstraße in Tegernsee realisieren wollte. Dessen Geschichte seit der Beschlussfassung und Genehmigung im Jahr 2012 fasste Bauamtsleiterin Bettina Koch im Stadtrat noch einmal zusammen. Dabei verwies sie insbesondere auf die Frist zum 25. August 2024, mit der die Geltungsdauer des im August 2022 noch einmal um zwei Jahre verlängerten Bescheids endet.
Stadt pocht auf den Durchführungsvertrag
Im Juni, erklärte Koch, habe das Landratsamt, bei dem aktuell die vierte Tektur zur Baugenehmigung liegt, zwar einen erneuten Antrag Leideckers auf Verlängerung der Baugenehmigung übersandt. Doch es gelte der Durchführungsvertrag. Demnach kann die Stadt zurücktreten, wenn die Hotelanlage Almdorf nicht bis zum 4. Oktober 2023 bezugsfertig ist. „Das Rücktrittsrecht besteht daher seit Oktober letzten Jahres“, machte Koch deutlich. Der Stadtrat habe mehrfach betont, dass die wiederholten Tekturgenehmigungen nicht zur Verlängerung der im Durchführungsvertrag geregelten Fristen führen sollte. Eine Vorberatung des Bauausschusses im Juni habe ergeben: Die Geduld der Stadt in Sachen Almdorf sei nach 13 Jahren erschöpft, zumal „ein Baubeginn zum 25. August 2024 mangels Investors überwiegend als nicht wahrscheinlich“ erachtet werde. Um seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen zu können, hätte der Projektentwickler Bürgschaften in beträchtlicher Höhe vorlegen müssen, hieß es seitens des Bauausschusses. Und auch, dass es seit Jahren keine echte Initiative zur Umsetzung des Projektes gebe. Das Baufeld sei ein Schandfleck.
Stadtrat stimmt für Aufhebung des Bebauungsplans
Somit beschloss der Stadtrat einstimmig die Aufhebung des Bebauungsplans und erließ gleichzeitig eine Veränderungssperre zur Sicherung des Aufhebungsverfahrens. Zuvor versicherte Bürgermeister Johannes Hagn (CSU) auf Anfrage von Thomas Mandl (SPD), dass dieser Beschluss Rechtssicherheit gewährleiste. Ein Fachanwalt habe ihn so formuliert. Die Stadt, so Hagn, habe Projektentwickler Leidecker von ihrer Absicht informiert, das Verfahren zu beenden und damit das Projekt zu beerdigen. Das Bauamt habe keine konkrete Antwort erhalten. Mit Erlöschen des Baurechts müsse das Gelände zurückgebaut werden. Die grüne Wiese werde wieder dem Außenbereich und dem Landschaftsschutzgebiet zugeschlagen. „Das Almdorf hat drei Stadträte und zwei Bürgermeister beschäftigt. Wir wollten, dass es weitergeht. Aber irgendwann laufen Fristen ab. Und wir sind nicht bereit, das ad finitum weiterzuführen“, erklärte Hagn. Allerdings könne die Stadt den Bebauungsplan nicht selbst aufheben, die Entscheidung darüber liege beim Landratsamt. Aber das Aufhebungsverfahren soll im vereinfachten Verfahren und mit Veränderungssperre durchgeführt werden. Die Träger der öffentlichen Belange werden bei dem Verfahren beteiligt.
Erleichterung über Ende des Projekts
Die Grünen-Stadträte Marcus Staudacher und Barbara Staudacher zeigten sich erleichtert, dass das Ende des Projektes Almdorf in Sicht ist. „Ich bin froh, dass das 13-jährige Possenspiel mit Hinhaltetaktik, Tekturen und zig Änderungen endgültig beendet wird und dass das Grundstück wieder ins Landschaftsschutzgebiet fällt“, sagte Marcus Staudacher. Barbara Staudacher meinte, das Projekt sei angesichts der langen Zeit überholt: „Ich bin froh, dass es vorbei ist.“ Auch Andreas Obermüller (FW) sprach sich gegen weitere Kompromisse und Zuwarten aus. Thomas Mandl (SPD), der an seine Petition im Jahre 2013 mit über 600 Unterschriften gegen das Almdorf erinnerte, sprach von Genugtuung und Resignation, die er gleichermaßen empfinde: Genugtuung, dass das Projekt nicht verwirklicht wird. Und Resignation wegen der langen Dauer, bis es so weit war.
Die Verlängerung der Baugenehmigung wurde einstimmig abgeschlagen. Eine Entscheidung, die Rudolf Gritsch (CSU) und Bürgermeister Hagn als angemessen bezeichneten. Beide beriefen sich auf einen Passus im Paragraf 39 des Baugesetzes. Stichwort: Vertrauensschaden.