Mehr als nur ein Secondhand-Laden: BRK-Kleidermarkt in Geretsried feiert 25. Geburtstag

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Mit Herzblut dabei: Patricia Zeisner leitet den Kleidermarkt seit neun Jahren. Für ihre Mitarbeiter ist sie nicht nur die Chefin, sondern manchmal auch ein Stück weit Psychologin. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Der BRK-Kleidermarkt in Geretsried ist ein beliebter Treffpunkt für viele. Er bietet weit mehr als nur Secondhand-Schätze.

Die schicken Gläser mit dem blauen Farbverlauf haben schon einen Bewunderer gefunden. Eine ältere Frau lässt sie nicht mehr aus den Augen. Ein Stück weiter begutachtet ein Ehepaar einen Tischläufer. Aus der Umkleidekabine schallt es fröhlich: „Das nehme ich.“ Zwei Mitarbeiterinnen befestigen Preisschilder an bunten Halstüchern. In der Handarbeitsecke begutachtet jemand Stricknadeln. Im Untergeschoss möchte jemand den Camping-Kleiderschrank kaufen. In der Annahmestelle prüfen zwei Mitarbeiterinnen neu angelieferte Pullover und Jacken. Eine halbe Stunde hat der BRK Kleidermarkt in der Johann-Sebastian-Bach-Straße am Dienstagmorgen erst geöffnet, und schon geht es dort zu wie in einem Taubenschlag.

Jeden Tag kommen um die 100 Kunden

Als sie einen Schwung Kunden an der Kasse abgefertigt hat, hat die Leiterin Patricia Zeisner Zeit, unsere Zeitung durch den Laden zu führen. „Es ist wirklich immer viel los bei uns“, sagt sie. „Aber aktuell ist die Hölle los!“ Das liegt daran, dass der Kleidermarkt in dieser Woche ein besonderes Jubiläum feiert. 25 Jahre gibt es die Einrichtung im Geretsrieder Süden schon. „Wir haben jeden Tag etwa um die 100 Kunden, manche kommen auch mehrmals“, sagt Zeisner. Denn für viele ist der Kleidermarkt weit mehr als eine günstige Einkaufsmöglichkeit. „Wir sind ein sozialer Treffpunkt, zu uns kommen auch viele einsame Menschen.“ Besonders die gemütliche Bücherecke sei eine beliebte Anlaufstelle. „Frauen parken ihre Männer hier, um in Ruhe stöbern zu können“, lacht Zeisner. „Die bekommen von uns gerne eine Tasse Tee oder Kaffee, während sie warten.“

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Nicht alle Spenden schaffen es ins Sortiment

An Dirndl, Haferlschuhen, Bergen von Wolle und Abendkleidern geht es die Treppe runter in den Keller. Hier sind zwei Frauen, Lilli und Yvonne, damit beschäftigt, die neu angelieferten Waren zu inspizieren und zu sortieren. „Die Geretsrieder bringen permanent Sachen zu uns. Nachdem wir sie begutachtet haben, werden sie eingepreist und verräumt.“ Doch nicht alles schafft es in den Laden: „Circa ein Drittel aller Spenden können wir entsorgen“, gesteht Zeisner. „Zum Glück erhalten wir aber so viel Gutes, dass wir anderes wegwerfen können.“ Doch Schuhe oder Textilien landen nicht einfach im Müll, sondern werden von einer Firma recycelt. „Für unseren Sperrmüll müssen wir zahlen, wie jeder andere auch“, fügt die 50-Jährige hinzu.

Egal ob Geschirr für ein sommerliches Picknick oder ein schickes Kleid für die Gartenparty - im Kleidermarkt wird man garantiert fündig.
Egal ob Geschirr für ein sommerliches Picknick oder ein schickes Kleid für die Gartenparty – im Kleidermarkt wird man garantiert fündig. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Zurück zu Lilli und Yvonne: Letztere arbeitet schon ein Jahr im Kleidermarkt, Lilli fast zwei Jahre. Den beiden Frauen gefällt es gut hier. „Patricia ist eine tolle Chefin“, sagt Yvonne. „Alle sind freundlich.“ Lilli: „Wir arbeiten sehr gerne hier.“ Im Kleidermarkt läuft ein Eingliederungsprojekt vom Jobcenter, zum Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt. „Es hilft, wieder ins Berufsleben zu finden“, erklärt Zeisner. „Sie lernen dabei wieder, morgens aufzustehen und sich für den Tag zu motivieren.“ Ein Stück weit fungiert die 50-Jährige auch als Psychologin. „Viele hier haben ihr ganz eigenes Päckchen zu tragen“, erzählt sie. „Manche, die hier anfangen, muss man erst überzeugen – aber die sind nach ganz kurzer Zeit überzeugt.“

Zeisner selbst kommt aus der Personalbranche und hat einige Zeit als Eventmanagerin gearbeitet. Nachdem sie ihre Kinder bekommen hat, hat sie die Leitung des Kleidermarkts übernommen und war froh über die Möglichkeit, in Teilzeit arbeiten zu können.

Eine breite Palette Brautkleider wartet auf ihren zweiten großen Tag

Insgesamt gibt es im Laden mehr Frauen- als Männerkleidung. „Männer tragen ihre Kleidung länger auf“, hat Zeisner festgestellt. Vorbei an einem Deko-Holzschuh, Kerzenständer, Maxi-Cosis, Tennisschlägern und Handtüchern geht es in das Lager. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Ein riesiger goldener Mond, Kunstblumen in sämtlichen Variationen, Schwimmnudeln, Christbaumkugeln, riesige Ostereier und anderes Dekomaterial stapeln sich deckenhoch in Umzugskartons. Im hinteren Bereich hängen an einem Ständer Brautkleider. Trägerlose Modelle, welche mit Strass besetzt, daneben eines mit Ärmeln aus Spitze und eines mit Puffärmeln. Dass der Trend mehr und mehr hin zu Secondhand-Mode geht, kann Zeisner bestätigen. „Nach Corona wurde vieles teurer, seither boomt der Laden.“ Von den Einnahmen profitieren Ehrenämter im Roten Kreuz, etwa die Wasserwacht oder das Jugendrotkreuz.

Zwei Drittel derer, die im Kleidermarkt in Geretsried einkaufen, sind Bedürftige, schätzt Zeisner. Diejenigen erhalten eine Kundenkarte, mit der der Einkauf noch mal günstiger wird. „Wer die Karte bekommt, richtet sich nach dem Einkommen“, erklärt die Leiterin. „Da gibt es eine Berechnungstabelle.“ Aber auch Inhaber der Sozialcard können damit im Kleidermarkt noch mal sparen. Doch die günstigen Preise sind es nicht allein, die die Kunden in den Kleidermarkt locken. „Auch der Nachhaltigkeitsaspekt spielt bei vielen eine große Rolle.“ Außerdem schätzen Mütter für ihre Kleinkinder die Klamotten, da sie schon häufig gewaschen und damit frei von Schadstoffen sind.

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Manchen ist es unangenehm, hier einzukaufen

Dennoch beobachtet Zeisner viele, denen der Einkauf im Kleidermarkt sichtlich unangenehm ist. „Einige schämen sich und schleichen durch die Gänge, so als ob sie nicht gesehen werden wollen.“ Andere dagegen haben kein Problem damit, hier einzukaufen. Eine Geretsriederin durchforstet gerade den Kleiderständer vor dem Laden: „Ich bin fast jeden Tag hier. Viele Leute sprechen mich auf meine schönen Klamotten an und fragen, wo ich die immer herhabe.“ Wenn sie dann hörten, dass sie vom Kleidermarkt stammen, seien sie immer ganz überrascht. Einen Tipp hat die Kundin auch parat: „Wenn man sich Zeit lässt beim Stöbern, kann man sich gute Sachen aussuchen.“

Info: In dieser Woche feiert der BRK-Kleidermarkt an der Johann-Sebastian-Bach-Straße 13 seinen 25. Geburtstag. Das wird groß gefeiert. Noch bis zum 12. Juli gibt es dort einige Angebote. Am Donnerstag, 11. Juli, findet ein großer Sonderverkauf statt, unter anderem mit besonderen Fundstücken. Dazu gibt es Kaffee, Kuchen und Hotdogs. 

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