Putins TV-Sender verhöhnt Trumps Ultimatum im Ukraine-Krieg: „Muss Prüfung wiederholen“
Donald Trump versucht, Wladimir Putin mit seinem Ultimatum zum Umdenken im Ukraine-Krieg zu bringen. Russlands Staats-TV macht sich stattdessen lustig.
Moskau – In Russland scheint zumindest in der Elite niemand schlaflose Nächte wegen Donald Trump zu haben. Oder besser: wegen seines Ultimatums. Vielmehr veralbern prominente Gäste im Staats-TV den US-Präsidenten, der bis zu diesem Freitag (8. August) eine Einigung zwischen Moskau und Kiew im Ukraine-Krieg fordert. Beide Seiten sollen innerhalb der Frist eine Waffenruhe oder eine Friedensvereinbarung erreichen. Realistisch erscheint das nicht.
Vielmehr demonstrieren zwei Gäste in der Talkshow „60 Minut“ von Moderatorin Olga Skabejewa, dass sie Trumps Drohungen gar nicht ernst zu nehmen scheinen. Konstantin Simonow, Direktor des Nationalen Energiesicherheitsfonds, sprach laut der Übersetzung des Russian Media Monitor von einem „sogenannten Ultimatum von Trump“, das nicht einmal direkt an Russland gerichtet sei.
Trump droht Indien neuen Strafzölle an: Putin-Sprecher nennt Vorgehen „illegal“
Dazu erklärt der Politikwissenschaftler: „Angeblich werden bei Ländern, die russische Energie kaufen, 100 Prozent Zölle auf Exporte in die USA erhoben.“ Trump hatte bekräftigt, Russland schwächen zu wollen, indem dessen Handelspartner höhere Zölle zahlen müssen. Noch vor Ablauf der Frist verkündete er daher, Indien mit zusätzlichen Strafzöllen von 25 Prozent zu belegen – weil Neu-Delhi weiter russisches Öl kauft. Die Gebühren auf Einfuhren in die USA würden sich dadurch verdoppeln.
Dieser Schritt rief auch Kreml-Chef Wladimir Putin auf den Plan, der sich bislang betont gelassen gab. Seinen Sprecher Dmitri Peskow ließ er verkünden, Trump handele „illegal“. Denn: „Wir glauben, dass souveräne Länder das Recht haben, ihre Handelspartner selbst zu wählen.“
Putin hat also offensichtlich das Gefühl, ein wichtiger Verbündeter würde unfair behandelt werden. Eine diplomatische Annäherung Moskaus an Kiew dürfte aber kaum die Folge sein. Simonow betonte bereits in der erwähnten Propaganda-Sendung: „Putin hat deutlich gemacht, dass er weiterhin eine Lösung für die Grundursache dieses Konflikts anstrebt.“ Heißt: Er will die Entmilitarisierung und offiziell auch die Entnazifizierung der Ukraine erreichen.
Putins Staats-TV über Trumps Ultimatum: „Alle werden überrollt – außer China und Russland“
Daher wendet sich Simonow auch mit diesen Worten nach Washington: „Falls sie es also von Moskaus Position abhängig machen, könnten sie die Sanktionen längst verhängen. Aber das wird Trump nicht tun.“ Er ist überzeugt: „Jeder wurde oder wird von dieser Dampfwalze überrollt – außer China und Russland.“

Peking habe sich bereits im Frühjahr erfolgreich gewehrt, als die Antwort auf Trumps erste Zoll-Drohungen Konter-Zölle waren. Dadurch habe der Republikaner erkennen müssen, dass er sich mit einem ernst zu nehmenden Gegner angelegt hat.
Der Experte zählt auf: „Die EU muss zahlen, Japan muss zahlen, Südkorea muss zahlen. Du kannst Trump ‚Daddy‘ nennen, du kannst ihm den Nobelpreis geben, aber das hilft alles nichts, wenn du nicht verstehst, dass dieser Wahnsinn allein durch Ausdauer und Selbstachtung zu stoppen ist.“ Die Seitenhiebe gingen raus an Nato-Chef Mark Rutte und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die dem mächtigsten Mann der Welt einen neuen Beinamen spendiert respektive ihn für den angestrebten Award vorgeschlagen haben.
Trump im russischen TV veralbert: „Viele politische Prüfungen – nicht alle bestanden“
Ähnlich entspannt ging auch Skabejewas zweiter Gast mit Trumps Versuch um, die Daumenschrauben anzuziehen. „Trump muss aktuell viele politische Prüfungen ablegen. Eine hat er mit Bravour bestanden, wenn wir auf den Deal mit der EU schauen“, stellte Adalbi Schagoschew, Mitglied der Duma, fest.
Und weiter: „Leider werden Trump und sein Team hinsichtlich des Konflikts in der Ukraine die Prüfung wiederholen müssen. Das ist nicht ironisch gemeint. Es ist eine gute Sache, wenn ein Student eine Prüfung wiederholt. Dann bereitet er sich noch gewissenhafter darauf vor, um diesmal zu bestehen.“ Die Botschaft ist klar: So kommt das Weiße Haus nicht zum Erfolg, aber Trump kann es gerne anders probieren.
Allerdings schmeichelt der Politiker der aktuellen US-Regierung auch. Wenn er die Zusammenarbeit zwischen Moskau und Washington unter Trump mit jener in der Zeit von Barack Obama oder Joe Biden vergleiche, komme er zum Ergebnis: „Abgesehen von den Problemen im Zusammenhang mit der militärischen Spezial-Operation wegen des Konflikts in der Ukraine sehen wir, dass die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen wiederhergestellt werden.“
Als Beispiel erwähnt er den USA-Besuch von Dmitri Bakanow, Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos. Auch Verhandlungen zwischen beiden Nationen im Stillen kamen zur Sprache. „Das ist das, worüber unser Präsident spricht. Es gibt keinen Grund, laut aufzuschreien oder öffentlich zu erklären, was erreicht werden soll. So läuft das nicht in der Weltpolitik“, findet Schagoschew.
Wie wird Trump nach Ende der Frist reagieren? Duma-Abgeordneter geht von neuem Anlauf aus
Putin hatte die Enttäuschung Trumps wegen Russlands offenbar unverrückbarer Position im Ukraine-Krieg als Folge von „überzogenen Erwartungen“ bezeichnet. Dazu ließ er wissen: „Um zu einer friedlichen Lösung zu kommen, braucht es ernsthafte Gespräche. Das sollte nicht öffentlich geschehen.“
Womöglich laufen diese bereits und Putin wollte dies nur mal erwähnt haben, um Russlands Position zu stärken. Bekannt ist, dass Trump einmal mehr seinen Sondergesandten Steve Witkoff nach Russland geschickt hat. Putins Präsidialamt verkündete im Anschluss an das Gespräch, der Austausch sei „nützlich und konstruktiv“ gewesen. Eine Wortwahl, die bei diesen Terminen zuletzt häufiger genutzt wurde.

Schagoschews TV-Auftritt fand bereits Tage vor diesem Termin statt. Er betonte ebenfalls beide Länder seien „auf dem richtigen Weg“. Zum Ärgernis wird da wohl allenfalls das Ultimatum, über das er prognostizierte: „Anstatt den 50 Tagen werden die acht bis zehn Tage vorbeigehen, Trump wird das Gleiche nochmal versuchen.“
Lädt Trump seine Zoll-Bazooka also direkt nach? Oder wartet er ab, welche Effekte der bevorstehende Schuss auf Russlands Handelspartner haben wird? Putin scheint nicht zu befürchten, dass sein Geschäftsmodell nachhaltigen Schaden nehmen wird. Und das beruhigt dann offenbar auch andere Mitglieder der russischen Elite. (mg)