Die Geschichte seiner Mutter: TV-Moderator Reinhold Beckmann liest in Wolfratshausen aus seinem Roman

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Las in der Buchhandlung Rupprecht aus seinem Buch „Aenne und ihre Brüder“: der TV-Moderator, Musiker und Autor Reinhold Beckmann (67). © nd

TV-Moderator Reinhold Beckmann las in Wolfratshausen aus seinem Roman - eine Geschichte voller Verlust, geprägt von der Kriegszeit. Als er zu lesen begann, wechselte die Stimmung abrupt.

Wolfratshausen – Reinhold Beckmann gab sich so locker, wie man ihn kennt: „Wer in Wolfratshausen liest, hat es geschafft“, leitete der Moderator, Musiker und Autor die Lesung aus seinem im vergangenen August erschienenen Roman „Aenne und ihre Brüder“ in der voll besetzten Buchhandlung Rupprecht ein. Tatsächlich war es sein erster Auftritt in Bayern mit dem Werk, das die Geschichte seiner Mutter Aenne und ihrer vier Brüder erzählt, die alle im Zweiten Weltkrieg gefallen sind.

Der TV-Moderator kam mit den Gästen schnell ins Gespräch

Den meisten ist der Hamburger als jahrzehntelanger Moderator der Sportschau bekannt, auch diskutierte er viele Jahre in der wöchentlichen Talksendung „Beckmann“ mit illustren Gästen über politische und gesellschaftliche Themen. Keine Überraschung also, dass Vortragender und Publikum schnell ins Gespräch kamen.

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Sein Vater begann erst spät, über das Erlebte im Krieg zu sprechen

Abrupt wechselte aber die Stimmung, als der Autor erste Passagen aus seinem Buch vortrug. Auf 352 Seiten hat der drittgeborene Reinhold die Geschichte seiner Mutter Aenne Beckmann, geborene Haber, die 1921 im kleinen Dorf Wellingholzhausen bei Osnabrück zur Welt kam, aus vielen Einzelfragmenten zusammengetragen. „Meine Mutter hat immer geredet, mein Vater hat erst nach dem 75. Geburtstag angefangen, über seine Kriegserlebnisse zu sprechen“, ließ Beckmann seine Zuhörer wissen. „Aenne hat sich durch das Erzählen ihre Familie erhalten.“

Früh war ihr Leben von Verlusten gezeichnet. Die leibliche Mutter starb im Wochenbett, einige Jahre darauf der Vater an Tuberkulose. Es blieben drei Brüder, eine Halbschwester und ein spät geborener Halbbruder, zusammengehalten von einem starken Stiefelternpaar. Die Lebensbedingungen im kleinen Ort nahe dem Teutoburger Wald waren einfach und hart, die strengen Vorgaben der katholischen Kirche gab den Dorfbewohnern wenig Freiheiten.

Zitate aus Feldpostbriefen im Buch

Wie Aennes Lebensweg verlief, parallel zu den historischen Ereignissen in den 1920er- und 1930er-Jahren in Deutschland, wie sich das Leben im kleinen Wellingholzhausen veränderte nach dem Zurückdrängen der katholischen Kirche durch die Nationalsozialisten, wie auf unterschiedliche Weise schließlich alle vier Brüder ins Kriegsgeschehen eingesogen wurden und zu Tode kamen, davon berichtet das Buch. Beckmann zitiert darin aus den insgesamt 105 erhaltenen Feldpostbriefen seiner gefallenen Onkel Franz, Hans, Alfons und Willi an seine Mutter. Der 67-Jährige hat Erinnerungen von Familienmitgliedern aneinandergereiht mit eigenen Vermutungen, literarische Freiheiten im Wechsel gesetzt mit historischen Fakten. Immer wieder spricht er im Buch die Onkel direkt an, bemitleidet und tröstet sie. Dadurch werden die vier mit ihrer jeweiligen, viel zu kurzen Lebensgeschichte lebendig, jedenfalls für die gebannt lauschenden Zuhörer in der Buchhandlung und künftige Leser.

„So viel ungelebtes Leben! Der Krieg nimmt alles.“ Dieses traurige Fazit seiner Familiengeschichte hat Reinhold Beckmann, der seit Jahren auch mit einer Band durch Deutschland tourt, im Lied „Vier Brüder“ verarbeitet, das er im November 2021 bei der offiziellen Gedenkfeier zum Volkstrauertag im Bundestag spielte.

Auch in Wolfratshausen packte er am Ende des Abends seine Gitarre aus, und Beckmanns klare Stimme beherrschte den Raum: „Du hast den Atem angehalten, als der erste Brief im Kasten lag.“ Nie wieder sollen Kriege so viel Leid über Familien bringen, darin waren sich an diesem Abend alle einig. Aenne und ihre Brüder – ein Buch für den Frieden. NATALIA DORONKIN

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