Ranger am Walchensee brauchen gute Nerven: „Er hat sich dann komplett vor uns entblößt“
Sie sind Tag und Nacht unterwegs. Die Naturschutz-Ranger an Walchensee und die Oberer Isar bekommen es dabei vereinzelt mit unangenehmen Zeitgenossen zu tun.
Lenggries/Jachenau – Es waren wahrlich heiße Tage im doppelten Wortsinn. Denn während zuletzt die Temperaturen stiegen und viele Menschen Erholung und Abkühlung am Wasser suchten, ging es für die Naturschutz-Ranger des Landkreises in anderer Hinsicht heiß her. Sie hatten bei ihren Einsätzen in den Naturschutzgebieten am Walchensee und an der Oberen Isar jede Menge zu tun, damit die Ausflügler ihre Freizeitaktivitäten möglichst im Einklang mit der Natur gestalteten. Wie Ranger Hans Adlwarth berichtet, stieß das oft, aber nicht immer auf offene Ohren. Hinter ihm und seinen Kollegen liegen Tage voller Diskussionen bis hin zu Angriffen und sogar einem Fall von aggressivem Exhibitionismus.
Massenansturm an der Oberen Isar
Am vergangenen Wochenende (10./11. August), an dem die Sonnenhungrigen die Badegewässer im südlichen Landkreis geradezu überrannten, waren laut Adlwarth sechs Naturschutz-Ranger im Bereich Walchensee und Obere Isar unterwegs – und zwar „Tag und Nacht“, wie er sagt. Es gebe eine Schicht von 10 bis 18 Uhr und eine von 19 bis 2 Uhr früh.
„Es war sehr, sehr viel los, gerade an der Oberen Isar gab es einen richtigen Massenansturm“, berichtet Adlwarth. Viele Besucher seien dafür sensibilisiert, dass sie sich in einem Naturschutzgebiet befinden, die meisten würden sich an die Regeln halten. „Aber da sind eben noch die berühmten zehn Prozent, bei denen es anders ist, und wenn so viele da sind, macht dieser Anteil eine große Zahl aus.“
Straßensperrung schafft Erleichterung
So habe es am Wochenende wieder etliche Parkverstöße gegeben. Im Naturschutzgebiet darf man sein Fahrzeug nur auf ausgewiesenen Flächen abstellen. „Es gibt eine klare Beschilderung“, stellt der Ranger fest. Dennoch: Als zum Beispiel der Wasserwacht-Parkplatz am Sylvenstein voll war, sei der Bereich entlang der oberhalb gelegenen Wiese vollgeparkt gewesen. Am Walchensee-Südufer hätten etliche ihr Auto in den Wald gestellt. Auch Rettungswege seien zugeparkt gewesen. Bewährt habe sich hier allerdings die Maßnahme, die Mautstraße ab einer Zahl von 1100 Fahrzeugen zu sperren, wie es am Sonntag der Fall war. „Das schafft Erleichterung“, findet Adlwarth.
Ein großes Problem sei der hinterlassene Müll. „Es gibt Leute, die stellen ihre Sachen einfach überall in der Natur ab“, wundert sich der Ranger. Da seien viele Plastikverpackungen von Brotzeiten dabei, leere Flaschen – aber auch menschliche Exkremente finde man in der Landschaft. Füchse würden auf der Suche nach essbaren Resten Müllbeutel aufreißen und den Inhalt weiter in der Landschaft verteilen. Die Ranger selbst können den Abfall laut Adlwarth nur begrenzt aufsammeln. „Irgendwann ist der Kofferraum unseres Autos, in dem wir ja auch noch andere Sachen wie Werkzeug dabei haben, eben voll.“ Zu leiden hätten letztlich oft Bauhof-Mitarbeiter der Gemeinden, die zum Aufräumen antreten. „Was ich nicht verstehe: Teils trifft man dieselben Leute, die Müll haben liegen lassen, am nächsten Tag wieder an“, sagt der Ranger. „Man sollte doch meinen, dass auch die einen schönen, sauberen Platz vorfinden wollen.“
Wir versuchen es natürlich immer auf die freundliche Art, sind aber sofort angebrüllt worden.
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Verboten ist es, im Naturschutzgebiet ein Lagerfeuer zu entzünden oder zu grillen. „Das ist sehr gefährlich, gerade in einer Trockenphase mit hohen Temperaturen“, sagt Adlwarth. Allein am Sonntag habe er „bestimmt 150 Personen angesprochen, die Feuer gemacht haben“. Die Feuer- und Müllproblematik gehört zu den Gründen, aus denen das Campen im Naturschutzgebiet verboten ist. Zunehmend sei aber zu beobachten, dass die Wildcamper mit dem Radl und einem Zelt im Gepäck ankommen. Die Ranger nehmen dann die Personalien auf und leiten die Ordnungswidrigkeit ans Landratsamt weiter.
In einem Fall erlebten Adlwarth und seine Kollegin eine ungewöhnliche Szene. Als sie am Walchensee nach 22 Uhr ein Wohnmobil feststellten, hätten sie den Besitzer angesprochen. „Wir versuchen es natürlich immer auf die freundliche Art, sind aber sofort angebrüllt worden.“ Dem Camper sei dann auch noch eine weitere Person beigesprungen, die gerade dem Wasser entstieg. „Er hat sich dann komplett vor uns entblößt.“
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Auch sonstige Drohgebärden erleben die Ranger immer wieder. „Die Leute laufen ganz nah auf uns zu, und einer hat mir mit der Taschenlampe direkt in die Augen geleuchtet“, berichtet Adlwarth und kritisiert den „Party-Egoismus“, den ihm zufolge einzelne an den Tag legen.
Ranger überwachen Bootfahrverordnung
Ein Auge hatten die Ranger auch auf die Einhaltung der Bootfahrverordnung auf der Isar. Dabei hätten sie sechs bis sieben Verstöße festgestellt, sagt Adlwarth. In mehreren Fällen hätten die Freizeitkapitäne verbotenerweise Glasflaschen mit an Bord gehabt. „Wenn die Flaschen beziehungsweise Scherben auf den Kiesbänken liegen bleiben, ist das fatal“, sagt Adlwarth. Es bestehe Verletzungsgefahr für Mensch und Tier. Und wenn die Sonne auf das Glas brenne, könne das einen Brand auslösen. Größere Debatten seien meist zu führen, wenn die Bootfahrer aufgefordert werden, ihre Getränke in Glasflaschen an Ort und Stelle abzugeben.
Oft ist es offensichtlich, dass Alkohol im Spiel ist. Viele unterschätzen den Effekt, wenn einem dann zusätzlich noch den ganzen Tag die Sonne auf den Kopf brennt – das kann böse enden.
Andere müssten dazu aufgefordert werden, sich im Naturschutzgebiet etwas leiser zu verhalten. Laut Bootfahrverordnung gilt auch eine Promillegrenze. Im Landkreis München führte die Polizei zuletzt Alkoholkontrollen durch. Die Ranger an der Oberen Isar aber lassen keinen ins Röhrchen pusten. „Oft ist es offensichtlich, dass Alkohol im Spiel ist. Wir versuchen dann aufzuklären. Viele unterschätzen den Effekt, wenn einem dann zusätzlich noch den ganzen Tag die Sonne auf den Kopf brennt – das kann böse enden.“
In Naturschutzgebieten hat sich viel gebessert
Wenn Ranger am Ufer stehen und ein Boot herauswinken wollen, dann täten die Besatzungen oft so, als hätten sie das nicht gesehen, „selbst wenn schon Blickkontakt bestand“, so Adlwarth. Es nützt wenig. Denn spätestens am Flecker Wehr müssen sie mit ihrem Boot aus dem Wasser ans Ufer steigen. Und dort warten dann schon Ranger und bitten zum Gespräch.
Trotz aller Auswüchse der vergangenen Tage: Insgesamt zahlen sich nach Adlwarths Einschätzung sowohl die Bootfahrverordnung als auch der Einsatz der Ranger auf alle Fälle aus. „In den Naturschutzgebieten Walchensee und Obere Isar hat sich viel gebessert“, sagt er. „Durch die gute Zusammenarbeit mit Polizei, Wasserwacht, Forst und anderen mehr haben wir viel geschafft.“ So seien am Anfang seiner Tätigkeit 120 bis 130 Feuerstellen in einer Nacht noch Alltag gewesen. Heute seien – herrsche nicht gerade Ausnahmezustand – etwa 15 an der Tagesordnung. (ast)