„Seltsame deutsche Art zu führen“: Was sich das Ausland von einem Kanzler Friedrich Merz erhofft

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In Europa wurde viel über die Regierung Scholz gestöhnt. Die Erwartungen an Friedrich Merz sind nun groß, wie baltischer Ex-Diplomat erklärt.

München – Mit großem Tempo haben Union und SPD Sondierungsgespräche auf den Weg gebracht. Doch die großen Schuldenpläne haben es noch nicht durch Bundestag und Bundesrat geschafft – und auch bis zur schwarz-roten Koalition ist es noch ein weiter Weg.

Der litauische Außenpolitiker Žygimantas Pavilionis (eingeklinkt) hegt große Erwartungen in Friedrich Merz.
Der litauische Außenpolitiker Žygimantas Pavilionis (eingeklinkt) setzt große Hoffnungen in Friedrich Merz. © Montage: IMAGO/Bernd Elmenthaler/Florian Naumann

Dennoch: In gut drei Jahren Olaf Scholz wurde in Brüssel und im EU-Ausland hinter vorgehaltener Hand viel über Deutschland gestöhnt. Nun ruhen große Hoffnungen auf Friedrich Merz. Das lässt auch Žygimantas Pavilionis durchblicken: Der Konservative ist aktuell Vize-Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses in Litauens Parlament, war fünf Jahre US-Botschafter seines Landes – und weilte gerade erst zu Gesprächen in den Vereinigten Staaten. Die USA hätten „eine mögliche Führungsrolle eines Kanzlers Merz“ im Auge, sagt Pavilionis dem Münchner Merkur.

Kanzler Merz: USA warten ab, Litauen hofft - auf „seltsame deutsche Art von Führung“

Dabei gebe es jedoch ein „Aber“: Die USA „kennen Merz nicht“. „Also muss Deutschland eine Regierung bilden und nach Washington fahren“, sagt der erfahrene Diplomat Pavilionis. Er selbst blickt positiv auf Merz - und Deutschland.

„Ich könnte mir vorstellen, dass Merz ein Anführer sein könnte, der vereint – das ist eine einzigartige, seltsame deutsche Art von Führung“, meint der litauische Politiker, dessen Partei TS-LKD mit der CDU in der europäischen Parteienfamilie EVP verbunden ist: „Ihr nehmt wirklich Rücksicht auf uns. Und das ist gut. Ich hoffe, Deutschland kommt jetzt zurück.“

Eine Aufgabe für die neue Bundesregierung sei es dann, Fäden in Europa zusammenzuführen. Pavilionis hofft auf eine starke Rolle des Weimarer Dreiecks um Deutschland, Polen und Frankreich – in Polen stehen im Mai Präsidentschaftswahlen an. Auch Großbritannien habe Interesse an einer Einbindung in Verteidigungsfragen angedeutet. „Ihr könnt das schaffen“, sagt Pavilionis im Gespräch am Rande des Litauisch-Deutschen Forums am vergangenen Freitag in München.

Angriff von Putin droht: Baltikum hofft auf Deutschland - „Warum kommen sie nicht schneller?“

Litauen hat indes ohnehin einen speziellen Blick auf Deutschland: Spätestens mit dem Aufbau einer Bundeswehr-Brigade in Litauen ist die Bundesrepublik einer der wichtigsten Verteidigungs-Partner des Landes. Zugleich könnte ein Angriff aus Russland schneller als erwartet kommen – und just die „Suwalki-Lücke“, die Grenze zwischen Polen, Litauen, Belarus und der russischen Exklave Kaliningrad gilt als verletzlicher Teil der Nato- und EU-Ostflanke.

„Eine der häufigsten Fragen meiner Wähler lautet: ‚Können die Deutschen nicht schneller kommen?‘“, berichtet Pavilionis. „Die Leute sagen: ‚Sie müssen schnell sein. Warum brauchen sie Jahre, um hier anzukommen?‘“ Litauens Vize-Verteidigungsminister Tomas Godliauskas gab sich im Gespräch mit unserer Redaktion in dieser Hinsicht gelassener: Ein Meilenstein werde das Jahr 2027, wenn die Brigade einsatzbereit sein soll. Bis dahin habe auch Litauen noch viel vorzubereiten, doch der Prozess laufe.

Pavilionis forderte wiederum auch zahlenmäßig mehr Engagement von Deutschland, gerade im Angesicht des Ukraine-Kriegs. „Ihr habt keine Brigaden – wo sind eure Brigaden?“, fragte er rhetorisch. Der Appell des baltischen Außenpolitikers: „Lasst uns mit eurer Führungsstärke und Ingenieurskunst unsere Zukunft verteidigen. Litauen wird als Inspiration dienen.“ (fn)

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