Der Zollhammer von Donald Trump auf Schweizer Gold hat drei schwere Folgen

Die US-Zölle auf Schweizer Waren werden auch auf Goldbarren fällig - eine Entscheidung, die den globalen Goldmarkt erschüttert. Betroffen sind die für den weltgrößten Gold-Terminmarkt Comex in New York zentralen Formate: Ein-Kilo-Barren und 100-Unzen-Barren. Das berichtet die Financial Times unter Berufung auf einen sogenannten „Ruling Letter“ der US-Zollbehörden.

Die US-Regierung möchte damit offenbar gezielt die Schweizer Goldprodukte für den Comex-Handel treffen: Bei den 100-Unzen-Barren handelt es sich um das klassische Standard-Lieferformat für Gold-Futures an der Comex. 

Die Ein-Kilogramm-Barren sind zudem bei vermögenden Privatanlegern beliebt und wurden vor einigen Jahren auch an der Comex zugelassen, um asiatischen Handelsgewohnheiten entgegenzukommen. 

Inzwischen handelt es sich bei der Ein-Kilo-Gewichtseinheit um die meistgehandelte Produktgattung am New Yorker Terminmarkt für Gold.

Sebastian Wieschowski ist leidenschaftlicher Münzsammler und Fachmann für Numismatik und Edelmetalle. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.

Die weltweit führenden Goldraffinerien (drei der fünf größten sitzen im Tessin in der Schweiz) haben nun ein Problem: Sie haben bislang im großen Stil größere Barren in Comex-konforme Barren umgeschmolzen und anschließend in die USA verschifft. 

Gold gehört zu den wichtigsten Exportgütern der Schweiz, die USA sind einer ihrer Topkunden: „Selbst mit einem Zoll von nur fünf Prozent wäre der US-Markt tot“, zitiert die Schweizer Handelszeitung Christoph Wild, den Präsidenten der Schweizer Edelmetallvereinigung ASFCMP.

Die Strafzölle könnten den physischen Goldfluss in die USA abrupt stoppen. Das hätte mehrere Folgen:

  1. Knappheit in den USA: Fällt die Schweiz als Quelle wegen der neuen Strafzölle praktisch weg, schrumpft das Angebot an neuen, für die Comex zugelassenen Barren. Eine kurzfristige Folge: Sinkende Bestände im „Registered“-Segment der Comex, also in den Lagerbeständen, die tatsächlich für die physische Auslieferung vorgesehen sind. Besonders problematisch: Die Anzahl der Lieferanträge nimmt seit geraumer Zeit zu - offenbar pochen also immer mehr Akteure am Schweizer Goldmarkt auf eine physische Auslieferung, weil sie dem System des Papiergoldes an der Comex nicht mehr vertrauen.
  2. Steigende Aufgelder und Kosten: An der Comex gehandelte Futures können zwar jederzeit in Cash glattgestellt werden, aber wer eine physische Lieferung will, muss zugelassene Barren beschaffen. Wenn diese knapper werden, steigen die Prämien (Aufschläge) auf physische Lieferung, selbst wenn der Spotpreis global unverändert bleibt. Im schlimmsten Fall kann dies zu größeren Preisunterschieden zwischen der Comex und anderen Handelsplätzen führen - oder mit anderen Worten: zu zwei verschiedenen Preisen für Gold.
  3. Verschiebung der Handelsströme: Gold, das bislang in die USA ging, dürfte künftig verstärkt nach Asien fließen, wo Raffinerien und Märkte ohne vergleichbare Zölle arbeiten. Das Umschmelzen von 400-Unzen-Barren aus London in die gängigen Formate für den US-Terminmarkt wird langsamer und teurer, weil weniger freie Kapazitäten existieren

Schlag für den weltgrößten Gold-Hub

Die Schweiz ist mit Abstand das größte Raffineriezentrum der Welt. Millionen Unzen Rohgold aus Minen in Afrika, Lateinamerika und Asien werden hier jährlich zu Feingold verarbeitet. 

Die neuen US-Zölle treffen nicht nur einzelne Unternehmen, sondern die gesamte Wertschöpfungskette vom Transport über die Versicherung bis zur Lagerung.

Für die Schweizer Exportwirtschaft ist es bereits der zweite Zollschlag aus Washington in kurzer Zeit. Und er könnte nachhaltig wirken: Sollte sich der Handel einmal neu orientieren, ist fraglich, ob der US-Markt je zu alter Stärke zurückkehrt.

Politischer Hintergrund: Handelsstreit mit Ansage?

Offiziell begründen die US-Behörden den Schritt mit einer veränderten Zolltarif-Klassifizierung. Doch Marktbeobachter sehen in der Entscheidung eine mögliche politische Botschaft: Strafzölle auf ein strategisch wichtiges Gut könnten Teil einer härteren Linie gegenüber Europa, und insbesondere gegenüber neutralen Handelspartnern, sein.

Ob US-Präsident Donald Trump, der bekannt für seine protektionistische Handelspolitik ist, hier gezielt die Schweizer Goldbranche treffen wollte, bleibt Spekulation. Sicher ist jedoch: Mit dem Schritt schneiden sich die USA auch selbst von einer ihrer wichtigsten Goldquellen ab und riskieren eine Verteuerung des Edelmetalls im eigenen Land.

Goldmarkt im Umbruch

Die betroffenen Schweizer Raffinerien stehen nun vor der Entscheidung, neue Absatzmärkte zu erschließen oder Produktionskapazitäten herunterzufahren. Für den globalen Goldmarkt könnte der Schritt ein Signal sein, dass selbst bei vermeintlich „neutralen“ Rohstoffen politische Entscheidungen die Handelsströme massiv verändern können.

Sollten die Strafzölle bestehen bleiben, wird der Preis für physisches Gold in den USA wohl steigen. Und Anleger weltweit könnten erleben, wie ein politischer Federstrich das Gleichgewicht auf einem jahrhundertealten Markt ins Wanken bringt.

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.