Bau-Posse in Köln - Hochwertiger Neubau steht seit Jahren leer - jetzt wird abgerissen
Ruhige Wohngegend, gepflegte Einfamilienhäuser, sichtbarer Wohlstand: Eine Straße im Stadtteil Rodenkirchen. Normalerweise passiert hier nicht viel, was Aufsehen erregt.
Doch als Bauposse des Jahres könnte in die Veedelschronik eingehen, was sich in den vergangenen Monaten im Kölner Süden abgespielt hat.
Abriss eines Neubaus nach vierjährigem Leerstand in Köln
Anwohnerinnen und Anwohner waren jedenfalls irritiert und trauten ihren Augen kaum, als auf einem Grundstück am Anfang der Straße ein Abrisskommando mit Bagger anrückte.
Das „Unerhörte“ an der Sache: Bei dem Haus, das in den folgenden Tagen platt gemacht wurde, handelte es sich um einen hochwertigen Neubau.
Anwohnerinnen und Anwohner berichten, das Haus habe nach der Fertigstellung – nur der Bodenbelag und die Außenanlagen fehlten noch – vier Jahre komplett leergestanden. Nur auf Google Maps ist das Objekt hinter einem Bauzaun noch zu sehen. Live vor Ort ist vom Gebäude nichts mehr zu erkennen.
Ärger mit der Baubehörde
Die Frage ist natürlich: Wie und warum konnte es überhaupt so weit kommen? Express.de konnte den Bauherrn, ehemals Mitinhaber eines mittelständischen, erfolgreichen Kölner Unternehmens, nicht erreichen. Eine Nachfrage bei der Kölner Stadtverwaltung löst das Rätsel nicht ganz, aber klar wird: Es gab Ärger mit dem Bauamt.
Ein Stadtsprecher teilte auf Express.de-Anfrage mit: „Im Zuge einer Baukontrolle nach Neuerrichtung des Gebäudes wurde in 2022 durch das Bauaufsichtsamt festgestellt, dass sowohl im Dachbereich als auch im Erdgeschossbereich das Haus abweichend von dem Inhalt der Baugenehmigung gebaut worden war.
Aufgrund dessen war ein Ordnungsverfahren zur Untersagung einer Nutzung eröffnet worden. Da die Bauherrenschaft daraufhin freiwillig keine Nutzung aufnahm, konnte der weitere Fortgang abgewartet werden.“
Abrissbeschluss des Eigentümers
Der Sprecher der Stadt betont, dass man zu einer Lösung hätte kommen können – bei entsprechender Bereitschaft des Bauherrn: „Es war amtlich klargestellt worden, dass ein neuer Bauantrag zur Legalisierung des vorhandenen Zustandes erfolgversprechend wäre. Hier war es offenbar so, dass sich die Eigentümerschaft selbst zum Gebäudeabriss entschieden hatte.“
Hört man sich vor Ort um, soll es bei den strittigen Punkten etwa um Fragen der Barrierefreiheit gegangen sein. Ob der Bauherr im kommenden Jahr einen neuen Anlauf unternimmt und ein zweites Mal an selber Stelle ein Haus baut oder das Grundstück bis auf weiteres brach liegen wird, ist unklar.
Von Ayhan Demirci
Abrisswut in Deutschland: Sanierung wäre oft sinnvoller
Viele Gebäude in Deutschland werden abgerissen und durch Neubauten ersetzt, obwohl eine Sanierung möglich wäre. Dies führt zu erheblichen Umwelt- und Klimabelastungen, da die Herstellung neuer Baustoffe wie Zement CO2-intensiv ist und 55 Prozent der deutschen Abfälle aus dem Bau- und Abbruchsektor stammen. Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Umwelthilfe, kritisiert diese Praxis angesichts der verfehlten Klimaziele im Gebäudesektor als „geradezu fahrlässig“.
Das Original zu diesem Beitrag "Bauposse in Kölner Veedel: Fertig gebautes Haus abgerissen – im Neubau hat nie jemand gelebt" stammt von Kölner Express.