Muskelaufbau ist auch Ü40 möglich – und nötig! Experte erklärt, worauf es jetzt ankommt

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Fürs Krafttraining ist man nie zu alt – ganz im Gegenteil! Es wird sogar immer wichtiger, je älter man wird. © IMAGO / ingimage

Ab 30 beginnt der natürliche Muskelabbau. Prof. Dr. Jürgen Gießing erklärt, wie gezieltes Krafttraining gegensteuern kann – und zwar in jedem Alter. Denn dieses sei per se nicht das entscheidende Kriterium für effektiven Muskelaufbau, sondern etwas anderes.

Traurig, aber wahr: Bereits im Alter von 30 Jahren beginnt im Körper ein natürlicher Prozess des Muskelabbaus. Zunächst in kleinen Schritten, kaum wahrnehmbar. Später, ab etwa 50, deutlich schneller. Zwischen einem und drei Prozent Muskelmasse verlieren wir pro Jahr – wenn wir nichts dagegen tun. Die gute Nachricht: Das können wir! Muskelaufbau ist in jedem Alter möglich. Je älter wir werden, umso wichtiger wird das Training sogar. Prof. Dr. Jürgen Gießing von der Universität Kaiserslautern-Koblenz erklärt, warum das so ist und worauf es beim Muskelaufbau ab 40 ankommt.

Wann der Körper seinen Leistungshöhepunkt erreicht

Jeder, der bereits in jungen Jahren Krafttraining gemacht hat und auch später noch dran geblieben ist, wird vor allem einen großen Unterschied festgestellt haben: Mit Anfang 20 hat man intensivere Belastungen – sprich: höhere Gewichte oder größere Trainingsumfänge – leichter weggesteckt. Es ist nicht so, dass man mit 40+ nicht die gleichen Bestmarken beim Bankdrücken erreichen könnte wie mit 20, jedoch braucht der Körper nach dem Training länger zur Regeneration und zur Verarbeitung der Muskelwachstumsreize. Das ist der Grund, warum man mit fortschreitendem Alter länger braucht, um Muskeln und Kraft aufzubauen.

„Mit der Pubertät beginnt der Körper, sich zu verändern, aufgrund von Hormonen und dem normalen Altern. Damit zusammen hängt auch die Zunahme von Muskelmasse, sowohl bei Frauen, als auch ganz besonders bei Männern. Selbst wenn man ausgewachsen ist, was die Körpergröße betrifft, wachsen Organe und Muskeln noch weiter“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Gießing. Ungefähr mit Mitte 20 sei der natürliche Leistungshöhepunkt erreicht – das heißt, die maximale Leistungsfähigkeit des Körpers, die ohne Trainingseinflüsse zustande kommt.

„Mit 30 fängt es dann schon an, in ganz kleinen, nicht wahrnehmbaren Schritten, wieder in die andere Richtung zu gehen“, sagt Gießing weiter. Das hänge vor allem mit dem sich verändernden Hormonspiegel (beispielsweise sinken die anabol-wirkenden Testosteron- bzw. Östrogen-Level), aber auch mit anderen Alterungsprozessen wie der Zellalterung zusammen. Mit spätestens 40 merke man dann deutliche Veränderungen.

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Junger Mann trainiert in der Beinpresse
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Darum ist Krafttraining im Alter besonders wichtig

„Der Mensch verliert etwa ein bis drei Prozent an Muskelmasse pro Jahr, wenn wir nicht dagegen arbeiten, also gezielt Muskelaufbau trainieren“, so Prof. Dr. Jürgen Gießing. „Grundsätzlich kann man sagen: Krafttraining wird mit dem zunehmenden Alter immer wichtiger!“

Während man die Ausdauerfähigkeit auch im fortgeschrittenen Alter noch gut erhalten könne, wenn man sich regelmäßig bewegt, ist das beim Krafttraining anders. „Im Alltag fehlen die Intensitäten, die nötig sind, um Muskelwachstum zu reizen“, sagt Gießing und nennt ein Beispiel: „ Ein Briefträger hat in der Regel eine ganz gute aerobe Verfassung, weil er sich einfach sehr viel bewegt, aber das heißt nicht, dass er vor dem Muskelschwund sicher ist. Auch die Leute, die regelmäßig Joggen gehen, haben diesen ganz normalen altersbedingten Muskelabbau.“

Durch regelmäßiges Radfahren, Spazieren oder Joggen stimulieren viele Menschen ihr Herz-Kreislauf-System ausreichend, um Effekte auf Ausdauer und Herzgesundheit zu erzielen. Die (Skelett-)Muskulatur wird im Alltag aber kaum so gefordert, dass wir an den Punkt kommen, wo nichts mehr geht – also beispielsweise Beine oder Arme vor Anstrengung zittern oder die Bauchmuskeln brennen. „Doch das ist der springende Punkt: Wir müssen die Muskeln so trainieren, dass sie einen intensiven Reiz bekommen“, erklärt Gießing. Helfen kann da nur gezieltes Muskeltraining und die entsprechende Ernährung.

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Wie sich optimales Krafttraining im Alter vom „normalen“ Krafttraining unterscheidet

Wie sieht das ideale Muskeltraining für Menschen im Alter von 40, 50 oder älter aus? Was unterscheidet es von Krafttraining der 20-Jährigen? Muss ein 40-Jähriger anders trainieren als ein 60-Jähriger? Laut Gießing ist nicht das Alter per se das entscheidende Kriterium, sondern der körperliche Zustand. „Jemand, der sein ganzes Leben körperlich aktiv gewesen ist, ist mit 60 vermutlich noch genauso fit, wie jemand, der sich glücklicherweise mit 40 dazu entschlossen hat, mit dem Training anzufangen.“

Ebenso könne ein gesunder 40-Jähriger Mensch (d. h. keine Arthrose, kein Diabetes, kein Bluthochdruck, etc.), egal ob Mann oder Frau, ganz normal trainieren, wie auch ein 20-Jähriger. „Natürlich nicht mit diesen Leistungssteigerungen, die ein 20-jähriger Mensch hat und nicht mit diesen absoluten Gewichten“, schränkt Gießing ein.

Trainingstipp: Niedrigere Startgewichte, langsam steigern! Beispiel: Bei einer Kraftübung, bei der ein junger Mensch 20 Kilogramm nimmt, nimmt der ältere erstmal 10 oder 15 Kilogramm und steigert sich von Training zu Training langsam.

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Der Knackpunkt für Muskelaufbau Ü40

Grundsätzlich ist Muskelaufbau in jedem Alter möglich und ein alter Körper genau wie ein junger Körper trainierbar – wenn er nicht durch Vorerkrankungen oder sonstige Einflüsse beeinträchtigt ist. „Aber genau das ist ja in der Regel ab einem gewissen Alter der Fall“, sagt Prof. Dr. Jürgen Gießing. Nicht umsonst gäbe es den Spruch: „Wenn man mit 50 morgens aufwacht und es tut nichts weh, ist man vermutlich tot.“ Wer sein ganzes Leben lang aktiv war und Sport gemacht hat, hat höchstwahrscheinlich die ein oder andere Blessur davongetragen, die im Alter Probleme macht. Und die, die ihr Leben lang keinen Sport gemacht haben, haben ihrem Körper auf diese Art geschadet und müssen mit den Konsequenzen leben.

„Evolutionär gesehen haben wir mit 30 Jahren unseren Zweck erfüllt und sind eigentlich überflüssig. Wir leben aber mittlerweile fast dreimal so lange, wenn wir Glück haben. Zwangsläufig kommen wir in Altersbereiche, wo der Körper Beeinträchtigungen hat. Die Zellteilung ist nicht mehr so schnell, die Regeneration deutlich verlangsamt und so weiter“, erklärt Gießing.

Weiterlesen: Wie oft man für optimalen Muskelaufbau trainieren sollte

Trainingstipp: Check-up beim Arzt/bei der Ärztin, angepasstes Training, ausreichend Regenerationszeit einplanen! Im Alter von 40+ ist es wichtig, regelmäßig seinen Gesundheitsstatus überprüfen zu lassen. Liegen keine Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Arthrose oder andere körperliche Einschränkungen vor, kann grundsätzlich ein normales Krafttrainingsprogramm durchgezogen werden, wie es auch jüngere Menschen machen würden. Planen Sie eine längere Regenerationszeit und etwas mehr Schlaf ein, als es früher nötig gewesen wäre. Eine ausgewogene, gesunde Ernährung, die Ihren Nährstoffbedarf abdeckt, unterstützt Sie bei der Erholung.

Sollten Erkrankungen vorliegen, ist Muskelaufbautraining in den meisten Fällen trotzdem möglich. Es gibt lediglich ein paar Regeln, die man dann beachten sollte. Wie Ihr persönliches Krafttraining unter der Voraussetzung Bluthochdruck, Diabetes, Arthrose etc. aussehen sollte, besprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.

Im nächsten Teil des Gesprächs zum Muskelaufbau Ü40 mit Prof. Dr. Jürgen Gießing erhalten Sie weitere Tipps zu

  • Aufbau einer Krafttrainingseinheit und Planung der Trainingswoche
  • Tabu-Übungen im Alter
  • typischen Schwachstellen von Menschen Ü40
  • Unterscheidung von guten und schlechten Schmerzen

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Die Autorin ist ehemalige Leistungssportlerin, geprüfte Skilehrerin und Fitnesstrainerin (B-Lizenz).

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