Bedrohung durch Russland: Deutsche rechnen mit Putins Angriff auf die Nato

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Eine Umfrage zeigt: Viele Deutsche befürchten, dass Russland auch Nato-Staaten angreifen könnte. Wenig Sorgen haben nur die Anhänger von der AfD und der Wagenknecht-Partei BSW.

Berlin – Stoppt Putin in Kiew oder marschiert er nach einem (möglichen) Sieg in der Ukraine auch in Nato-Ländern ein? Diese Frage beschäftigt westliche Politiker seit Beginn des Ukraine-Krieges. Denn obwohl die Meinungen darüber durchaus auseinandergehen, gibt es doch einige Experten, die davon ausgehen, dass Russland mittel- bis langfristig tatsächlich die direkte Konfrontation mit der Nato sucht. Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius warnte zu Beginn des Jahres. Er halte eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Russland und der Nato nicht mehr für ausgeschlossen, sagte der SPD-Politiker.

Mit dieser Meinung steht er in Deutschland nicht alleine da. Wie eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt, glaubt mehr als die Hälfte der Deutschen an einen möglichen Angriff der Russen auf die Nato. Demnach bejahten 54 Prozent der Befragten im sogenannten RTL/ntv-Trendbarometer die Frage: „Falls Russland den Krieg in der Ukraine gewinnen sollte, wird Putin auch Länder angreifen, die Mitglied der NATO sind?“ Eine knappe Mehrheit also – die es laut Umfrage allerdings nicht überall im politischen Spektrum der Bundesrepublik gibt.

Ein Teilnehmer der AfD-Kundgebung hält ein Schild in den Farben von Russland mit der deutsch-russischen Aufschrift „Druschba!!! - Freundschaft“.
Ein Teilnehmer einer AfD-Kundgebung hält ein Schild in den Farben der russischen Flagge mit der Aufschrift „Druschba!!! - Freundschaft“. In einer Forsa-Umfrage scheinen AfD- und BSW-Anhänger nicht an einen Angriff Putins auf NATO-Staaten zu glauben. © picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Forsa-Umfrage: Anhänger von Ampel-Parteien und CDU befürchten russischen Angriff auf Nato-Staaten

Im Auftrag von RTL Deutschland hatte das Institut zwischen dem 5. und 8. April etwas mehr als 1000 Menschen befragt. Sowohl in den alten Bundesländern (56 Prozent) als auch unter Anhängern der Parteien SPD (66 Prozent), Grüne (73 Prozent), FDP (61 Prozent) und CDU (63 Prozent) war die Sache klar: Deutlich mehr als die Hälfte der entsprechenden Teilnehmer beantworteten die Frage mit Ja.

Ganz anders sah das in Ostdeutschland (40 Prozent) und bei den Anhängern der AfD und BSW, der neuen Partei von Sahra Wagenknecht, aus. Lediglich ein Viertel der Anhänger beider Parteien glaubt laut Trendbarometer an einen Angriff Russlands auf die Nato nach einem etwaigen Sieg in der Ukraine. 72 Prozent der AfD-Anhänger gehen davon aus, dass Putin die Nato nicht angreifen wird. Bei den BSW-Unterstützern liegt diese Zahl mit 69 Prozent leicht darunter.

Die Umfragewerte ähneln jenen von vor eineinhalb Monaten. Damals hatte Forsa den Umfrageteilnehmern dieselbe Frage gestellt. 58 Prozent hielten einen russischen Angriff auf die Nato für denkbar. Auffällig: Bei der Umfrage im Februar gingen noch deutlich mehr Anhänger von AfD (35 Prozent) und BSW (42 Prozent) davon aus, dass Russland die Nato angreifen könnte.

Putin plant laut eigener Aussage keinen Angriff auf Nato – Warnungen aus Baltikum

Das hat sich jetzt offenbar geändert, obwohl zwischen der Nato und Russland seither keineswegs Tauwetter eingekehrt ist. So schloss Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Ende Februar nach einer Ukraine-Konferenz in Paris sogar den Einsatz westlicher Truppen in der Ukraine nicht mehr aus, Russland reagierte scharf und warnte vor Konsequenzen. Ex-Präsident Dmitri Medwedew drohte und sprach von einer Vernichtung etwaiger französischer Truppen „als vorrangige und glorreiche Aufgabe unserer Streitkräfte“.

Putin selbst beschwor als Antwort auf den Macron-Vorstoß die „reale Gefahr eines Konflikts mit dem Einsatz von Atomwaffen“, betonte allerdings erst kürzlich wieder, dass Russland keine Angriffe auf Nato-Staaten plane. Ob man dem glauben kann, darüber gehen die Meinungen bei den westlichen Verbündeten auseinander. Gerade die baltischen Staaten warnen schon lange davor, dass sie als direkte Nachbarn Russlands auch bedroht sind.

So richtig können die Nato-Länder die schwankenden Signale aus Moskau nicht deuten – die Vorbereitungen des Verteidigungsbündnisses erweisen sich angesichts der unterschiedlichen Wahrnehmung der Bedrohung als Tetris-Spiel. Auf verschiedene Weise hat die Nato in den vergangenen Monaten daher ihre Ostgrenze gestärkt, etwa mit einem neuen Luftabwehrmodell in Litauen.

Deutsche misstrauen Russland und sind für Wiedereinführung der Wehrpflicht

In Deutschland haben viele Menschen Angst vor einem Konflikt, das zeigte vor der Forsa-Umfrage schon eine Befragung des Markt- und Sozialforschungsinstitut INSA Anfang Februar. Demnach sorgten sich 46 Prozent vor einem möglichen russischen Angriff auf die Bundesrepublik. Das Misstrauen gegenüber Russland ist groß. Wie die ARD Anfang März in ihrem DeutschlandTrend ermittelte, halten nur noch 15 Prozent Russland für einen „vertrauenswürdigen Partner“ – erneut ein Tiefstwert, schrieb der Sender.

Dass die Lösung darin besteht, in Osteuropa militärisch präsenter zu sein, glauben die Deutschen hingegen wohl nicht. Das lehnte eine Mehrheit im neuesten Deutschland-Trend im April ab. Und auch die stärkere Sicherung des Luftraums durch Flugzeuge von Nato-Staaten sehen die meisten kritisch. Nur 40 Prozent hielten das laut ARD-Umfrage für richtig.

Als zielführender erachten die Deutschen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht – jedenfalls legen das die Ergebnisse der Forsa-Umfrage nahe. So befürworteten 52 Prozent, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Mehrheitlich dagegen waren die unter 30-Jährigen und Anhänger von Grünen und FDP. Derzeit prüft das Bundesverteidigungsministerium mehrere Modelle einer Dienstpflicht. (flon)

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