Khamenei war im Versteck nicht erreichbar - dann schlug Trump los
„Dies ist ein Plan, dessen Ausarbeitung und Vorbereitung Monate und Wochen in Anspruch genommen hat, damit wir bereit waren, wenn der Präsident der Vereinigten Staaten uns ruft. Es erforderte ein hohes Maß an Präzision. Dazu gehörten Irreführungen und höchste operative Sicherheit.“
Das waren die Worte von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth nach den Bomberangriffen gegen iranische Atomanlagen. Tatsächlich geben Recherchen der US-Portale CNN, Axios und Wall Street Journal einen Eindruck davon, wie lange die Trump-Regierung bereits über den Angriff nachgedacht und diesen geplant hatte.
US-Angriffe gegen Iran: Seit April in Washington geplant
Rückblick: Am 21. April 2025 stellte Donald Trump dem Iran ein Ultimatum: Innerhalb von 60 Tagen solle die Führung in Teheran einem neuen Atomabkommen zustimmen – andernfalls drohten „Konsequenzen“. Es gab Gespräche, unter anderem zwischen dem Trump-Sonderbeauftragten Steve Witkoff und Irans Außenminister Abbas Araghchi. Substantielle Ergebnisse: keine.
Seitdem, so berichten es CNN und Axios, wurde in Washington auch an dem Angriffsplan gearbeitet. Wirklich ernsthaft wurden die Diskussionen demnach Anfang Juni während eines Wochenendtreffens in Camp David zwischen Trump und Mitgliedern seines nationalen Sicherheitsteams. Bei diesem Treffen habe CIA-Direktor John Ratcliffe Trump informiert, dass Israel bereit sei, in Kürze mit Angriffen zu beginnen.
Trump warnt: "Heute ist Tag 61. Ich habe ihnen gesagt, was sie tun müssen"
Ab dem 13. Juni spitzte sich die Lage dramatisch zu: Seitdem flog Israel Luftschläge gegen den Iran, bei dem unter anderem mehrere ranghohe iranische Generäle getötet wurden. In einem Beitrag auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social schrieb Trump: „Vor zwei Monaten habe ich dem Iran ein 60-Tage-Ultimatum gestellt, um ‚eine Einigung zu erzielen‘. Sie hätten es tun sollen! Heute ist Tag 61. Ich habe ihnen gesagt, was sie tun müssen, aber sie haben es einfach nicht geschafft. Jetzt haben sie vielleicht eine zweite Chance!“
Gleichzeitig betonten US-Regierungsvertreter öffentlich, Washington sei nicht in die israelischen Angriffe involviert gewesen. Eine Darstellung, die Axios zufolge jedoch nicht ganz vollständig ist. Israelische Regierungsstellen erklärten nämlich, dass es enge Abstimmungen mit Washington gegeben habe und man „grünes Licht“ erhalten habe.
Wenige Tage nach dem Beginn der israelischen Luftschläge nahm Trump am G7-Treffen in Kanada teil. Parallel gab es offenbar Versuche, auf diplomatischem Wege eine Lösung zu erreichen.
Ober-Mullah im Versteck nicht erreichbar - dann schlug Trump los
Wie Axios berichtet, spielte die Türkei hierbei eine zentrale Rolle: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan habe versucht, ein hochrangiges Treffen zwischen amerikanischen und iranischen Unterhändlern zu organisieren. Dafür habe er Trump am Montag, während der auf dem G7-Gipfel weilte, angerufen und ein Treffen für Dienstag vorgeschlagen. Trump habe angeboten, dass Witkoff und Vizepräsident JD Vance kommen würden. Auch habe Trump sogar angeboten, dass er selbst bereit sei, den iranischen Ministerpräsidenten Masoud Pezeshkian zu treffen.
Erdoğan und der türkische Außenminister leiteten den Vorschlag dann an Pezeshkian und den iranischen Außenminister Araghchi weiter, wie die Quellen Axios berichteten. Aber im Iran läuft bei einem so wichtigen Thema nichts ohne Ayatollah Ali Khamenei. Deshalb hätten Pezeshkian und Araghchi versucht, den obersten Führer des Iran zu kontaktieren, um seine Zustimmung einzuholen. Khamenei, der sich aus Angst vor einem Attentat durch Israel versteckt hält, war jedoch nicht erreichbar.
Demnach befand er sich nämlich in einem Versteck mit nur eingeschränkter Kommunikationsmöglichkeit. Nach mehreren Stunden habe die iranische Seite den Türken mitgeteilt, dass sie Khameneis Zustimmung nicht erhalten konnten. Die Türkei teilte daraufhin den USA mit, dass das Treffen abgesagt sei, sagte ein US-Beamter zu Axios.
US-Regierung war offenbar wirklich noch zu Verhandlungen bereit
Der Bericht legt also nahe, dass die US-Regierung wirklich bereit war, noch zu verhandeln, selbst auf Top-Ebene. Nur aus technischen Gründen konnten diese offensichtlich nicht stattfinden. Unklar bleibt, ob Khamenei sein Ok gegeben hätte. Denn der Iran hatte als Vorbedingung für Verhandlungen stets die sofortige Beendigung israelischer Luftangriffe gegen iranische Ziele verlangt.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte jedenfalls am Rande des G7-Treffens: „Es gibt tatsächlich ein Angebot für ein Treffen und einen Austausch“, sagte Macron gegenüber Reportern und deutete an, dass die USA möglicherweise dabei helfen könnten, einen Waffenstillstand zwischen Israel und dem Iran zu vermitteln. Unklar ist, ob er die Bemühungen von Erdogan meinte.
Trump reagierte jedoch mit einer scharfen Kritik, in der er Macron vorwarf, sich in Szene zu setzen. „Falsch! Er ist ein ‚Publicity-Suchender‘ und liegt immer falsch“, schrieb Trump in einem Beitrag auf seiner Website Truth Social. „Er hat keine Ahnung, warum ich jetzt auf dem Weg nach Washington bin ... Es geht um viel mehr als das. Bleiben Sie dran!"
Trump kam mit zwei Hauptanliegen zu den geheimen Gesprächen
Aber ganz offensichtlich war Trump spätestens jetzt voll in das Thema Iran involviert. Er verließ das G7-Treffen frühzeitig, da er in Washington gebraucht werde.
Ein ziemlich klarer Hinweis, dass es nun ernst wurde. Seitdem traf sich der Nationale Sicherheitsrat der USA mehrfach im Situation Room des Weißen Hauses. CNN berichtet, dass Trump sich militärische Optionen vorlegen ließ, darunter gezielte Luftangriffe mit Bunker brechenden Bomben auf iranische Nuklearanlagen.
Trump kam demnach mit zwei Hauptanliegen zu den geheimen Gesprächen: Ein US-Angriff müsse so massiv sein, damit die stark befestigten Anlagen auch wirklich zerstört werden. Und er wolle nicht in einen langwierigen Krieg hineingezogen werden. Die erste Sorge konnten ihm seine Berater nehmen, die zweite nicht.
Ab Dienstag stand Trumps Bomben-Plan fest
Trump verhielt sich öffentlich in diesen Tagen vage, indem er mal den Iran verbal attackierte, mal die Tür für Verhandlungen öffnete. Dies war offenbar Teil einer bewussten Täuschungstaktik, um Iran im Unklaren zu lassen.
Trump habe aber intern immer mehr zu verstehen gegeben, dass er an der Seite Israels losschlagen wolle. Das WSJ berichtet, am Dienstag habe Trump bereits den Bomben-Plan gebilligt. Auch CNN berichtet, dass Trump zu diesem Zeitpunkt bereits die Entscheidung zu dem Militärschlag getroffen habe, auch wenn er, wie Vizepräsident JD Vance später mitteilte, bis zuletzt die Möglichkeit hatte, diese Entscheidung zu kassieren.
In der Welt-Öffentlichkeit entstand zu dem Zeitpunkt jedenfalls immer mehr der Eindruck, dass ein US-Schlag unmittelbar bevorstehe. Diesen Eindruck wollten die USA aber zerstreuen, sie wollten Iran im Ungewissen lassen. Trump ließ deshalb mitten in diese Spekulationen am Donnerstag vergangene Woche seine Pressesprecherin mitteilen, dass er seine Entscheidung innerhalb der nächsten zwei Wochen treffen werde.
„Wie können wir helfen“, habe Netanjahu gefragt
Was die Öffentlichkeit nicht mitbekam: In Absprache mit Israel erfolgte zeitgleich eine gezielte Deaktivierung iranischer Luftabwehrsysteme, wie Axios enthüllt. Trump bat Netanjahu demnach persönlich darum, dass israelische Einheiten iranische Flugabwehrstellungen ausschalten, um den Weg für US-Bomber freizumachen. „Wie können wir helfen“, habe Netanjahu gefragt. Innerhalb der 48 Stunden vor dem Eingreifen der USA führten israelische Kommandoeinheiten entsprechende Operationen durch.
Am Donnerstag führten Netanjahu und Israels Verteidigungsminister Israel Katz ein Telefonat mit Vizepräsident Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth, um die Koordinierung fortzusetzen. „Sie haben uns in diesem Telefonat klar gemacht, dass sie die Operation vorantreiben werden“, sagte ein israelischer Beamter zu Axios.
Trumps Gelassenheit auf dem Golfplatz kurz vor dem Go
Trump selbst versuchte, am Ende der Woche nach außen eine gewisse Gelassenheit zu vermitteln, wohl auch, um den Iran weiter im Unklaren zu lassen. So ließ sich Trump, wie üblich am Wochenende, zu einem seiner Golfplätze fliegen. In diesem Fall ein Platz in New Jersey. Er traf dort laut CNN auf OpenAI-Chef Sam Altman, der neues Mitglied in dem Club werden sollte. Trump habe gescherzt und Sprüche über seinen Gast gemacht.
Fast gleichzeitig trafen sich in Genf die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit dem iranischen Außenminister. Die Gespräche endeten ohne Ergebnis, der Iran ließ mitteilen, dass man nicht verhandeln wolle, solange die israelischen Angriffe andauern. Diesem Wunsch wollten Netanjahu und Trump ganz offensichtlich nicht entsprechen.
Schon vor dem Wochenende wurde offiziell mitgeteilt, dass der US-Präsident am Samstag nach Washington fliegen werde, um sich mit seinen Sicherheits-Beratern zu treffen. Da diese Treffen aber schon täglich seit seiner Rückkehr vom G7-Treffen stattfanden, sollte auch von diesem Treffen ein Zeichen von Normalität ausgehen.

„Midnight Hammer“ hatte schon begonnen
Tatsächlich hatte die Operation „Midnight Hammer“ zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen, da die B2-Bomber in der Nacht von Freitag auf Samstag schon in Richtung Iran abgehoben waren.
Laut des WSJ wurde Präsident Trump am Samstag, während er im Hubschrauber "Marine One" unterwegs war, von Verteidigungsminister Hegseth angerufen, um das finale Go für Luftangriffe zu geben – nur wenige Stunden, bevor die B‑2‑Bomber ihre Ziele trafen. Trump habe Hegseth das „grüne Licht“ gegeben.
Am Abend des 21. Juni (US-Ortszeit) begann dann die letzte Phase von „Midnight Hammer“. Nach US-Angaben flogen sechs B‑2‑Bomber sowie US-amerikanische U-Boote Angriffe auf drei zentrale Nuklearanlagen im Iran: Natanz, Fordow und Isfahan. Eingesetzt wurden bunkerbrechende Bomben vom Typ GBU-57 sowie Tomahawk-Marschflugkörper.
Die US-Regierung ließ verlauten, keine weiteren Angriffe zu planen, sofern der Iran nicht militärisch reagiere. Verteidigungsminister Hegseth betonte, die Vereinigten Staaten strebten keinen Regimewechsel an, sondern wollten das iranische Atomprogramm dauerhaft stoppen.