Nach der „Mini-Rache der Mullahs“ steuert Iran auf „Saddam-Hussein-Szenario“ zu

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Wird sich das Regime im Iran mit der eher symbolischen Vergeltung auf US-Basen zufriedengeben?

Zufriedengeben wird sich das iranische Regime ganz bestimmt nicht, aber es hat derzeit keine andere Optionen, es sei denn, es will eine horizontale Eskalation herbeiführen, für die die Mullahs derzeit aber zu sehr geschwächt sind.

Welche Pläne verfolgt der Iran in der aktuellen Situation nun?

Ich denke, erst einmal versucht sich das System zu rekonstituieren, nachdem wichtige Personen getötet und Institutionen geschwächt worden sind. 

Die großen Fragen sind: 

  • Welche Rolle wird Khamenei dabei spielen?
  • Wird es zu einer mehr oder weniger offenen Degradierung kommen oder wird es dabei bleiben, dass er das letzte Wort hat?
  • Welche Rolle spielt der Rat der Revolutionswächter und wird es dort Veränderungen geben? Darüber kann man aktuell nur spekulieren.

Hat das Land überhaupt eine Aussicht, auf eine erfolgreiche Zukunft?

Die hat es, aber bestimmt nicht unter der derzeitigen Führung.

Welches Szenario rund um das Mullah-Regime halten Sie für am realistischsten?

Ich sehe im Moment vier mögliche Optionen. 

Erstens: Eine Verhärtung und die Fortführung der bisherigen Politik, einschließlich des Atomwaffenprogramms

Zweitens: Eine Reformpolitik, die die richtigen Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit zieht, also einen Regimewandel. 

Drittens: Einen Regimesturz durch einen Volksaufstand in den kommenden Wochen. 

Und viertens: Die jetzige Führung bleibt an der Macht und hält an ihren Zielen fest, aber sie bleibt geschwächt und zeichnet sich durch trotzigen Widerstand gegen den Westen und Israel aus, ohne dass es zum Wiederaufleben des Nuklearprogramms kommt. Dieses Szenario wäre vergleichbar mit dem Irak unter Saddam Hussein zwischen 1992 und 2002.

Welche Option eintreten wird, bleibt abzuwarten. Mein Gefühl sagt mir, dass Option vier die wahrscheinlichste ist.

Über Joachim Krause

Prof. Dr. Joachim Krause war bis 2016 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kiel und ist Direktor emeritus des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel. Er hat die Zeitschrift für strategische Analysen „Sirius“ gegründet und war dessen Chefredakteur. Er war früher stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und Leiter des Forschungssekretariats der Stiftung Wissenschaft und Politik. Er hat über 40 Bücher verfasst oder herausgegeben und über 300 wissenschaftliche Aufsätze verfasst. Neben seiner akademischen Laufbahn hat er an internationalen diplomatischen Missionen teilgenommen und auch an den Universitäten Potsdam, Bonn, München, Bamberg und an der Johns Hopkins Universität (Bologna) unterrichtet.