Warum die Bedrohung der Straße von Hormus die schärfste Waffe des Iran ist

Was ist die Straße von Hormus?

Die Straße von Hormus ist die Meerenge im Indischen Ozean zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman. Sie kurvt sich um die Vereinigten Arabischen Emirate und die omanische Exklave Musandam im Süden herum und wird im Norden komplett vom Iran begrenzt. Die engste Stelle zwischen den jeweiligen Festlandküsten beträgt nur 55 Kilometer, zwischen jeweils vorgelagerten Inseln sind es sogar nur 38 Kilometer. 

Benannt wurde sie nach der mittelalterlichen Stadt Hormus, die im heutigen Iran im Norden der Meerenge gelegen haben soll. Sie war Hauptstadt des Königreichs Hormus, welches die Meerenge lange kontrollierte. Schon ab dem 16. Jahrhundert war die Straße eine wichtige Seeverbindung vom Nahen Osten nach Indien und ins weitere Asien. Auch europäische Händler nutzten sie, indem sie Waren vom Mittelmeer über Land an den Persischen Golf transportierten und dort wieder auf Schiffe luden.

Wofür ist die Straße von Hormus wichtig?

Seit dem Bau des Suez-Kanals ist die Straße von Hormus für den europäischen Handel mit Asien nicht mehr wichtig. Heute läuft über sie aber der Handel der arabischen Staaten mit Asien ab. Das betrifft vor allem den Export von Öl und Erdgas. 

Im Persischen Golf, also eingeschlossen hinter der Meerenge, liegen mit Kuwait, Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar vier der wichtigsten Förderländer für die fossilen Energieträger. Hinzu kommt der Irak sowie Teile des saudi-arabischen Ölhandels. Auch der Iran selbst hat an der Straße von Hormus einen seiner wichtigsten Handelshäfen, allerdings wäre der von einer Sperrung nicht betroffen.

Die Wasserstraße ist für die erdölproduzierenden Länder des Mittleren Ostens die einzige Möglichkeit, ihre kostbaren Ressourcen auf Schiffe zu verladen und in die Welt zu exportieren. Nach Daten vom vergangenen Dezember produzierten diese Länder rund 15 bis 20 Prozent des weltweit geförderten Öls, zudem rund 7 bis 10 Prozent des weltweiten Erdgases. Dies wird jeweils komplett durch die Straße von Hormus exportiert. 

Straße von Hormus
Straße von Hormus Christoph Sackmann / Google Maps

Was passiert, wenn der Iran die Meerenge abriegelt?

Das Parlament des Iran hat laut dem staatlichen Propagandasender am Sonntag eine Blockade der Straße von Hormus abgesegnet. Jedoch muss noch der Oberste Nationale Sicherheitsrat des Mullah-Regimes zustimmen. Sollte der Iran die Meerenge mit Kriegsschiffen blockieren, würden dem Weltmarkt auf einen Schlag große Mengen an Öl und Gas fehlen – in einer Zeit, wo mit dem Iran selbst und Russland zwei weitere wichtige Produzenten mit Sanktionen belegt sind und nicht vollständig am Handel teilnehmen können. Ökonomen erwarten deswegen bei einer möglichen Blockade wieder Ölpreise von mehr als 100 Dollar pro Barrel. Die hatte es zuletzt in der Energiekrise 2022 gegeben. Auch für die Börsen hat der US-Angriff im Iran Folgen.

Kann der Iran die Meerenge komplett sperren?

„Wenn die USA offiziell in den Krieg eintreten, ist es gutes Recht des Iran, den westlichen Ölhandel zu stören“, sagte der iranische Abgeordnete Ali Yazdikhah am vergangenen Donnerstag. Für Experten ist aber fraglich, ob der Iran die Meerenge tatsächlich komplett sperren könnte. Selbst an der engsten Stelle ist sie wie erwähnt noch 55 Kilometer breit. Eine solche Strecke mit Kriegsschiffen zu überwachen, würde viele Ressourcen erfordern. Dabei kontrolliert der Iran nicht einmal die gesamte Meerenge, ein Teil läuft durch die Hoheitsgewässer der Vereinigten Arabischen Emirate und des Oman. Hier darf der Iran nicht mit Schiffen den Verkehr aufhalten.

Eine andere Möglichkeit wäre, Öltanker nicht physisch aufzuhalten, aber ihre Durchfahrt erheblich zu stören oder gefährlicher zu machen. Eine Möglichkeit wäre, den Funkverkehr in der Straße zu beeinflussen. Über 1000 Schiffe haben seit dem Beginn des Krieges Störungen ihrer GPS-Navigation gemeldet. Ob dies vom Iran ausgeht, ist bisher nicht bewiesen. Der Iran könnte aber auch schlicht androhen, durchfahrende Schiffe anzugreifen oder aufzuhalten. Das würde den Handel nicht physisch zum Erliegen bringen, das Risiko der Durchfahrt für Händler und die Crews aber erhöhen – so, dass einige etwa auf die Durchfahrt verzichten.

Welche Alternativen haben die betroffenen Länder?

Saudi-Arabien kann sein Öl über Pipelines durchs Land zu den größten Häfen am Roten Meer transportieren. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) besitzen eine Pipeline in den Oman, über die sich Öl umleiten ließe. 2,6 Millionen Barrel pro Tag könnten so zu anderen Häfen geliefert werden. Das entspricht etwa 70 Prozent der Produktion der VAE. Es wäre aber noch keine Lösung für Katar, Bahrain, den Irak und Kuwait.

Wird der Iran die Straße wirklich sperren?

Internationale Experten halten das für unwahrscheinlich. Wie oben schon ausgeführt, wäre ein physische Blockade der Meerenge wohl nahezu unmöglich. Aber auch Störungen der Schifffahrt werden wohl nur in geringem Maße erfolgen. Das liegt daran, dass der Iran selbst Öl exportiert und somit auf das Ausland angewiesen ist. Das betrifft die Nutzung von Schiffen, Versicherungen und ähnlichen Dingen, aber auch die Tatsache, dass irgendwer das iranische Öl kaufen muss, damit das Land Geld verdient. Derzeit ist das hauptsächlich China, und die Chinesen werden ebenfalls durch den Iran verursachte Störungen des Welthandels und damit verbundene Preiserhöhungen nur in geringem Maße hinnehmen. „China will nicht, dass der Ölfluss aus dem Persischen Golf in irgendeiner Weise gestört wird und China will nicht, dass die Ölpreise steigen“, sagt Ellen Wald, Gründerin der Analysefirma Washington Ivy Advisors, gegenüber dem US-Sender CNBC.

Die einzigen Szenarien, unter denen sich Experten eine Sperrung vorstellen könnten, wäre, wenn etwa Israel gezielt iranische Ölfelder und Raffinerien angreife und so das Ölgeschäft des Landes direkt attackiere. Das steht aber derzeit nicht zur Debatte. Auch hier dürften ausländische Mächte wie China und die USA warnend eingreifen. Eine zweite Option wäre eine Art letzter Ausweg, sollten die USA weitere Ziele im Iran attackieren.