Was der US-Angriff im Iran für die Börsen bedeutet

Nun ging es doch überraschend schnell. Noch vor wenigen Tagen klang es so, als würde sich US-Präsident Donald Trump mit einer Entscheidung über einen Angriff der USA auf den Iran Zeit lassen. Von zwei Wochen war die Rede. Doch dann folgte am Sonntag der Angriff mit B-2-Tarnkappenbombern und Marschflugkörpern. 

Viele Fragen sind nun offen – auch, was diese Entwicklung für die Finanzmärkte bedeutet. Unsicherheit mögen die Börsen nie. „Erst verkaufen, dann fragen“, lautet meistens das Motto in solchen Fällen. Daher dürften die Märkte am Montag ersteinmal im Minus eröffnen – umso mehr, weil ein so baldiger Angriff nicht erwartet worden war. 

Wie schnell die Märkte wieder zum normalen Tagesgeschäft übergehen, wird von verschiedenen Entwicklungen abhängen. Wichtig für alle Langfrist-Anleger mit einem breit diversifizierten Portfolio ist dabei, sich nicht durch Kursschwankungen und aufgeregte Meldungen aus der Ruhe bringen zu lassen. Was die Börsen in den nächsten Tagen machen, wird kaum Folgen für den Kursstand in zehn Jahren haben. Rücksetzer können sogar gute Nachkaufgelegenheiten darstellen. 

Straße von Hormus mit großer Bedeutung

Im Fokus wird in erster Linie der Ölpreis stehen. Seit Beginn der Angriffe Israels auf den Iran hat er bereits deutlich zugelegt. Er stieg in den vergangenen zwei Wochen um gut 20 Prozent. Die große Angst ist, dass der Iran die Straße von Hormus sperren könnte. Die zwischen dem Iran und Oman gelegene Meerenge ist für den Ölmarkt von herausragender Bedeutung. Laut US-Energiebehörde wurden im Jahr 2023 täglich knapp 21 Millionen Barrel Rohöl und Ölprodukte durch die Straße von Hormus transportiert. Das entsprach rund einem Fünftel des weltweiten Ölangebots bzw. gut einem Viertel der seewärtig transportierten Menge. Der Großteil der Lieferungen stammen aus Saudi-Arabien, dem Irak, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait. Mehr als 80 Prozent des durch die Straße von Hormus transportierten Ölangebots geht nach Asien. Im Falle einer Blockade der Meerenge könnte das Öl kaum über alternative Routen transportiert werden. Zwar verfügt Saudi-Arabien über eine Pipeline zum Roten Meer, und die Vereinigten Arabischen Emirate haben eine Pipeline zum Golf von Oman. Beide sind aber schon weitgehend ausgelastet.

Auswirkungen eines steigenden Ölpreis

Vor dem Angriff der USA galt eine Blockade als äußerst unwahrscheinlich. Denn damit würde sich der Iran selber erheblich schaden, weil er ebenfalls kein Öl mehr exportieren könnte und zudem auch China als seinen wichtigsten Abnehmer vor den Kopf stoßen würde. Niemand kann allerdings wissen, ob sich das iranische Regime nicht zu Verzweiflungstaten entschließt, wenn es mit dem Rücken zur Wand steht. 

Ein steigender Ölpreis hätte mit der Zeit erhebliche Folgen für die Weltwirtschaft, die ohnehin schon unter der Zollpolitik der USA leidet. Auch die Inflation würde zumindest vorübergehend steigen und könnte die Notenbanken unter Druck setzen – auch wenn die Währungshüter durch kurzfristige Schwankungen „hindurchsehen“. Steigende Zinsen wären ebenfalls eine Belastung für die Wirtschaft und die Märkte.

Weitet sich der Konflikt aus?

Der zweite wichtige Faktor wird sein, ob der Konflikt sich ausbreitet. Werden sich andere arabische Staaten an die Seite Irans stellen? Wird China offensiv das Regime unterstützen? Wie verhält sich Russland? So kündigte Irans Außenminister Abbas Araghtschi an, zu Gesprächen mit Kremlchef Wladimir Putin nach Moskau zu reisen. Das Treffen soll am Montag stattfinden. Moskau und Teheran hatten in diesem Jahr offiziell eine weithin beachtete strategische Partnerschaft vereinbart, auch wenn diese keine Klausel über einen militärischen Beistand enthält. Je unberechenbarer der Konflikt zieht, desto schwerer wird es den Börsen fallen, zum Tagesgeschäft überzugehen.

Die Börse ist zynisch

Das Beispiel des Ukraine-Krieges zeigt allerdings, dass die Börsen hier sehr zynisch sein können. Ein Krieg muss nicht enden, damit die Kurse steigen. Mehr oder weniger schnell stellt sich ein Gewöhnungseffekt ein. So markierte der israelische Aktienmarkt nach den US-Angriffen ein neues Rekordhoch. Auch die anderen Leitindizes lagen erneut höher. In Israel wird am Sonntag regulär gehandelt. Bereits seit Beginn israelischer Angriffe auf Ziele im Iran am Freitag vor einer Woche waren die Kurse kontinuierlich gestiegen. Seit Jahresanfang hat der TA 35 etwa 20 Prozent gewonnen.