Für Israel ist er wie Hitler: So tickt der Ober-Mullah von Teheran

Seit nunmehr 36 Jahren steht Ali Khamenei inzwischen an der Spitze der "Islamischen Republik" Iran. Der 86 Jahre alte islamische Führer wurde schon als Religionsstudent in den Sechzigern durch Ayatollah Khomenei geprägt. Khomenei war Lehrer und Mentor für Khamenei, führte später die Revolution gegen Schah Mohammad Reza Pahlavi an und stürzte diesen 1979 .

Khameneis Hass gegen die USA wurde schon angeheizt, als er in den 1960er- und 1970er-Jahren im Gefängnis von der "Savak", der Geheimpolizei des Schahs, gefoltert worden sein soll. Die "Savak" war bei ihrem Aufbau vom US-Geheimdienst CIA unterstützt worden. 

Mit Gewalt und Korruption verspielte Khamenei den Rückhalt in seinem Volk

Khamenei wurde 1981 unter Khomenei zum Staatspräsidenten gewählt und folgte ihm nach dessen Tod 1989 als Revolutionsführer, nachdem der Expertenrat überraschend für ihn gestimmt hatte. Khamenei wurde damit zum höchsten religiösen und politischen Führer des Iran, zum Staatsoberhaupt und ist seitdem auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte und der Revolutionsgarden.

Galt Khamenei 1989 zunächst als schwacher Nachfolger Kohmeneis, setzte er sich dann unerwartet gegen diverse innenpolitische Gegner durch. Zum einen, weil er schnell die Unterstützung der Revolutionsgarden suchte und bekam. Zum anderen, weil es ihm gelang, an diversen Schalthebeln der Macht in der Islamischen Republik Unterstützer zu platzieren. 

Anfangs sah man in ihm noch einen gemäßigten Führer. Als Khamenei jedoch 2012 trotz offensichtlicher Wahlfälschung die Wiederwahl des Hardliner-Präsidenten Mahmud Ahamdinejad anerkannte und dann die "Grüne Bewegung", an der hunderttausende vor allem junge Demonstranten teilgenommen hatten, brutal niederschlagen ließ, wurde dem Volk endgültig klar, dass es Khamenei unterschätzt hatte. Je mehr Khamenei Gewalt zum Erhalt seiner Macht anwandte und die Revolutionsgarden sich kriminell bereichern ließ, umso verhasster wurde er in seinem Land. 

Unter Khamenei gehört Iran zur "Achse des Bösen"

Unter seiner Führung gleitet der Iran auch immer tiefer in eine wirtschaftliche Krise, die durch Misswirtschaft, Korruption und Reform-Unwille gefördert wird. Die Mittelschicht des Landes ist davon besonders schwer betroffen.

Die USA waren dem Mullah-Regime schon immer ein Dorn im Auge, hatten die Vereinigten Staaten doch den autoritären Schah, in dem sie einen Verbündeten im Kampf gegen den Kommunismus sahen, finanziell und militärisch unterstützt. 

Zu einer leichten Entspannung zwischen den beiden Erzfeinden kam es für kurze Zeit, als 1997 der Reformer Mohammed Khatami zum Staatspräsidenten gewählt worden war. Doch mit der Entspannung war spätestens Schluss, als der damalige US-Präsident George W. Bush 2002 in einer Rede zur Nation neben Nordkorea und dem Irak den Iran als Teil der "Achse des Bösen" bezeichnete.

"Khamenei ist der moderne Hitler"

Durch die Attacke Israels auf den Iran geraten auch dessen Führer buchstäblich ins Fadenkreuz, einige hochrangige Militärs wurden schon gezielt getötet. Khamenei lebt, aber nun sorgt die Aussage des israelischen Verteidigungsminister für Aufsehen, dass Khamenei getötet werden müsste. Er nannte den islamischen Führer einen "modernen Hitler", nachdem bei den jüngsten iranischen Raketenangriffen auf Israel auch ein Krankenhaus getroffen wurde. "Khamenei ist der moderne Hitler. Ein Diktator wie Khamenei, der seit Jahrzehnten an der Spitze eines Staates wie Iran steht, hat großen ideologischen Einfluss. Er nutzt ihn und er sagt, dass er für die Zerstörung Israels ist. Er nutzt alle Mittel, sogar auf Kosten seines eigenen Volkes, um dieses Ziel zu erreichen." Befohlene Bombardierungen von Krankenhäusern und Wohnhäusern seien "Teil des Ziels, den Staat Israel zu zerstören".

Wie sehr würde eine Tötung Khameneis das Regime schwächen?

Ein gewaltsamer Tod durch einen Militärschlag durch die USA oder Israel wäre nach Einschätzung von Tim Epkenhans von der Universität Freiburg eine "weitere Demütigung und ein schwerer Gesichtsverlust für das Regime", sagte der Professor am Orientalischen Seminar der Universität Freiburg FOCUS online. "Die Tötung würde das Regime sicherlich schwer treffen und zu einer weiteren Destabilisierung der Situation im Iran beitragen." Nicht zuletzt, da Khamenei als eine "wichtige Symbolfigur der Islamischen Republik" gelte und die Politik des Iran in den letzten Jahren "zentral gestaltet hat".

Irans „Oberster Führer“ Ayatollah Ali Khamenei
Irans „Oberster Führer“ Ayatollah Ali Khamenei (Mitte) in Teheran

Doch Epkenhans hält es für durchaus denkbar, dass dies nicht ausreichen könnte, um das Regime tatsächlich zusammenbrechen zu lassen. "Meldungen aus dem Iran zeigen, dass selbst oppositionelle Kräfte sich gegen den Angriff Israels stellen, obwohl Khamenei in weiten Teilen der Bevölkerung verhasst ist." Möglich sei ebenso, dass eine Tötung einen größeren Teil der Gesellschaft in einer "nationalen Mobilisierung" wieder hinter dem Regime vereinen könnte. Khamenei könnte dann als Märtyrer für die iranische Nation stilisiert werden.

Wer könnte Khamenei an der Spitze des Staates folgen?

Wer könnte im Fall einer Tötung auf ihn nachfolgen? Laut Epkenhans gibt es "eine ganze Reihe von Kandidaten", doch sei es ausgesprochen schwierig, hier eine Prognose abzugeben. Es gebe Gerüchte, wonach die Elite des Landes überlegt, den Sohn Khameneis, Modschtaba, als Nachfolger zu ernennen. Doch diese "dynastische Lösung" hält Epkenhans für eher unwahrscheinlich, da sie sich "gegen Legitimationsnarrative des Regimes" wenden würde, die eine Übergabe der Macht innerhalb einer Dynastie wie beim Schah ablehnt.

Eine weitere Option, die im Iran zirkuliere, sei ein Systemwechsel hin zu einer kollektiven Führung vor allem durch Vertreter der Revolutionsgarden. Während der religiöse Einfluss im Iran immer weiter zurückgeht und immer mehr dem Islam den Rücken kehrten, stammen mittlerweile mehr als ein Viertel der Abgeordneten aus den Khamenei-treuen Reihen der Revolutionsgarden. 

"Aber auch diese Lösung wäre meines Erachtens derzeit problematisch, da die Revolutionsgarden sich als militärisch weit weniger schlagkräftig erwiesen haben und zudem nachrichtendienstlich offenbar unterwandert wurden", so Epkenhans.