Özdemir steigt während Bauern-Proteste in Beliebtheit – Habeck bleibt der Buhmann

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Die Wut der Bauern auf die Ampel-Politik schäumt über, aber Grünen-Landwirtschaftsminister Özdemir hat Rückenwind. Habeck dagegen muss büßen. Wie kann das sein?

Berlin – Der geplante Abbau von Subventionen in der Landwirtschaft sorgt bei den deutschen Bauern für Aufruhr. Der Zorn auf die Ampel-Koalition entlädt sich vor allem gegen die Grünen.

Da überrascht ein aktuelles Umfrageergebnis: Ausgerechnet in der Protestwoche der Bauern klettert Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir in der Beliebtheitsskala der deutschen Politiker von Platz neun auf Platz fünf. Dies besagt eine aktuelle INSA-Umfrage im Auftrag der Bild. Just der Landwirtschaftsminister ist damit nun der beliebteste Grünen-Politiker Deutschlands. Wie kann das sein?

Özdemir hält zu Bauern, scheut aber keine klaren Ansagen

Özdemir hatte sich schon früh auf die Seite der Bauern gestellt. Als am 21. Dezember zum ersten Mal eine Traktorenkolonne nach Berlin rollte, stellte er sich auf der Bühne der protestierenden Menge, wenn auch unter Buh-Rufe und Pfiffen. Özdemir reagierte mit Präsenz und Verständnis für die Wut der Bauern, macht aber auch klare Ansagen. Nach der Blockade der Fähre, auf der sich Wirtschaftsminister Robert Habeck befand, wetterte Özdemir in Richtung der Krawallmacher: „Die haben feuchte Träume von Umstürzen und die wirds nicht geben.“

Grünen-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir wird laut einer INSA-Umfrage beliebter, Wirtschaftsminister Robert Habeck unbeliebter. © Imago (Montage)

Habeck bekommt Wut der Bauern ab – Beliebtheit sinkt weiter

Apropos Robert Habeck: Der Vizekanzler scheint im Gegensatz zu Özdemir derzeit derjenige Ampel-Politiker zu sein, der die Wut der Protestierenden mit voller Wucht abbekommt. Im Politiker-Ranking von INSA stürzte er jedenfalls weiter ab: Er landet auf dem fünftletzten Platz, auf Platz 16. Dabei ist er als Wirtschaftsminister gar nicht der direkte Zuständige in der Ampel-Regierung für die Anliegen der Landwirtschaft.

Fast vergessen sind Zeiten bis vor gut einem Jahr, in denen Habeck als beliebtester Politiker Deutschlands das Ranking haushoch anführte. Habeck ist derzeit wohl der, der innerhalb der Koalition am meisten als der wahrgenommen wird, der für eine Transformation der Gesellschaft in Richtung Klimaneutralität steht. Dies wurde auch bei einer neunminütigen Ansprache, die Habeck am Montag (8. Januar) auf X teilte, wieder deutlich.

Habecks viel beschworener Wandel löst jedoch bei vielen Menschen massive Sorgen aus. Zum Beispiel, dass sie wegen umweltpolitischer Auflagen künftig noch weniger in der Tasche haben als jetzt. Das Hin und Her ums Heizungsgesetz, die staatlich gewünschte Abkehr von fossilen Energien, das milliardenschwere Haushaltsloch, vor dem die Ampel-Koalition im November plötzlich nach einem Gerichtsurteil stand – bei all dem steht Habeck als Wirtschaftsminister und Vizekanzler in vorderster Reihe.

Özdemir setzte sich bei Ampel-Regierung für Landwirte ein

Özdemir dagegen scheint bei vielen noch einen Stein im Brett zu haben. Womöglich wird dem Landwirtschaftsminister gutgeschrieben, dass zumindest ein Teil der Kürzungen, der die Bauern betreffen sollte, wieder zurückgenommen werden soll: Die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte streicht die Ampel nun doch nicht. Özdemir hatte gleich nach Bekanntwerden versprochen, sich dafür einzusetzen, dass die Pläne der Regierung zulasten der Bauern teils zurückgenommen werden.

Grünen-Politiker können auch auf dem Land beliebt sein

Dass ein grüner Politiker gut ankommen kann – auch in Bayern, auch auf dem Land, auch bei Landwirten – dafür gibt es Beispiele aus der Vergangenheit. Der ehemalige Grünen-Landesvorsitzender Sepp Daxenberger, der mit 48 Jahren an Krebs starb, war so einer. Der Bio-Bauer schwamm Anfang der 2000er Jahre gerade in den bayerischen Dörfern auf einer Beliebtheitswelle. Von vielen wurde er sogar als potenzieller grüner bayerischer Ministerpräsident gesehen.

Daxenberger bewies damals, dass Heimatverbundenheit nicht allein die CSU für sich gepachtet hat. Ob Özdemir ihm das nachmachen kann, oder ob sich das Blatt für ihn wieder wendet, wird sich zeigen. (smu)

Auch interessant

Kommentare