Bauern-Mob vor Habeck-Fähre: Politik und Bauernverband reagieren – Grüne giften gegen Söder

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Wut über Sparpläne: 100 aufgebrachte Bauern belagern eine Fähre von Robert Habeck. Der Minister und viele Politiker reagieren deutlich. Ist der Bogen überspannt?

Schlüttsiel – Die Stimmung kippt: Nach der Blockade einer Fähre von Robert Habeck (Grüne) in Schlüttsiel schlägt den Landwirten in Deutschland jetzt harter Gegenwind entgegen. So reagierte der Vizekanzler auf den Vorfall mit nachdenklichen Worten auf den Vorfall. „Protestieren in Deutschland ist ein hohes Gut“, sagte der Wirtschaftsminister der Nachrichtenagentur dpa. „Nötigung und Gewalt zerstören dieses Gut. In Worten wie Taten sollten wir dem entgegentreten.“ Auch aus anderen Parteien kamen teils scharfe Reaktionen. Nur in Bayern hält man sich zurück.

Eskalierte Bauern-Demo: Wütende Landwirte blockieren Habeck-Fähre – die Reaktionen

Seit Tagen halten die Bauernproteste gegen geplante Subventionskürzungen das Land in Atem. Doch am Donnerstagabend eskalierte die Situation. Nur wenige Stunden nach der Vorlage eines Kompromissvorschlags der Bundesregierung belagerten 100 wütende Landwirte eine Fähre, mit der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach einem Besuch der Hallig Hooge ans Festland bei Schlüttsiel (Schleswig-Holstein) zurückgekehrt war. Nachdem die Demonstranten versucht hatten, das Schiff zu stürmen, legte der Kapitän in letzter Minute ab und fuhr zurück zur Insel. Rund 30 Polizisten waren im Einsatz und setzten Pfefferspray ein. Ein Video dokumentiert den Vorfall.

„Aufgeheizte Stimmung macht mir Sorgen“: Robert Habeck äußert sich zu Vorfall an Fähre

Wenige Stunden später zeigte sich Habeck wegen der Blockade seiner Fähre beunruhigt. Unabhängig von dem Vorfall mache ihn die Stimmung in Deutschland zunehmend Sorgen, ließ der Vizekanzler über die Lübecker Nachrichten verlautbaren. „Was mir Gedanken, ja Sorgen macht, ist, dass sich die Stimmung im Land so sehr aufheizt. Als Minister habe ich qua Amt Schutz der Polizei. Viele, viele andere müssen Angriffe allein abwehren, können ihre Verunsicherung nicht teilen. Sie sind die Helden und Heldinnen der Demokratie.“

Hatte Ärger mit wütenden Landwirten vor seiner Fähre: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). © Westküsten News/Kay Nietfeld/dpa/Montage

Nach Angaben seines Ministeriums war Habeck privat unterwegs. „Ich möchte mich bei den Mitreisenden und der Crew auf der Fähre bedanken“, sagte Habeck. „Sie sind unvermittelt in Mitleidenschaft geraten. Die Crew musste mit einem blockierten Hafen umgehen und die schwierige Lage managen. Die mitreisenden Passagiere wollten nach Hause oder hatten andere Pläne am Festland, wollten eigentlich Bus und Zug erwischen, konnten aber zunächst nicht von Bord und mussten erstmal geduldig ausharren.“

Änderung bei Agrardiesel und KfZ-Steuer: Landwirte wollen weiter protestieren

Hintergrund der Proteste von Landwirten sind geplante Streichungen von Subventionen. Die Bundesregierung hatte am Donnerstag angekündigt, sie wolle einen Teil der Kürzungen zurücknehmen. So nahm sie Abstand von der geplanten Streichung der KfZ-Steuerbefreiung für Landwirte. Eine Kürzung bei der Agrardiesel-Subvention bleibt aber bestehen, sie erfolgt nun jedoch schrittweise. Das Geld dafür soll an anderer Stelle eingespart werden. Offenbar müssen nun die Fischer mit harten Einschnitten rechnen.

Den Landwirten reicht der Kompromiss aber nicht. Ab Montag (08. Januar) wollen sie eine bundesweite Aktionswoche starten – und viele Straßen mit Traktoren blockieren. Dass es zusätzlich nun zu der Blockade in Schlüttsiel kam, stieß in weiten Teilen der Politik aber auf großes Unverständnis. Diese Aktion sei „beschämend“, twitterte Regierungssprecher Steffen Hebestreit umgehend nach dem Vorfall. Und auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich entsetzt. Demokratie lebe von inhaltlicher Auseinandersetzung, aber hier sei  „eine demokratische Grenze überschritten“ worden, schrieb sie auf der Plattform X.

Auch aus anderen Parteien kam harsche Kritik. Während Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) die aufgebrachten Landwirte „Chaoten“ nannte, kritisierte auch sein nordrhein-westfälischer Amtskollege die „Grenzüberschreitung“ als „völlig inakzeptabel“. Ähnlich reagierte auch FDP-Justizminister Marco Buschmann.

Blockade von Habecks Fähre in Schlüttsiel: Söder und Aiwanger schweigen – Grüne empört

Nur in einem Teil von Deutschland blieb es stundenlang nach dem Vorfall in Schlüttsiel auffällig ruhig, nämlich in Bayern. Während sich CDU-Parteichef Friedrich Merz einen Kommentar zunächst verkniff, blieb auch CSU-Chef Markus Söder still. Bei den Grünen sorgte das für Unmut. „Von Markus Söder und Hubert Aiwanger bislang kein einziges Wort zu den versuchten Angriffen auf #Habeck. Aber bei den Protesten am Montag stehen sie sicherlich wieder in der ersten Reihe und hauen auf die Ampel drauf. Unsere politische Kultur ist nicht einfach, sie wird gemacht“, empörte sich Grünen-Politikerin Katharina Schulze.

Tatsächlich wetter Aiwanger seit Tagen wegen der Ampel-Sparpläne gegen die Ampel. Auch nach der Blockade von Habecks Fähre teilte er fleißig Posts bei X. Jedoch brachte er dabei weiterhin nur seine Solidarität mit den anstehenden Bauernprotesten ab Montag zum Ausdruck.

Der Bauernverband selber jedenfalls distanzierte sich am Freitagmorgen von der Aktion des wütenden Mobs in Schleswig-Holstein. Präsident Joachim Rukwied schrieb auf Facebook: „Blockaden dieser Art sind ein No-Go!“ (jeki/mit dpa)

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