Minimale Erwartungen an Ukraine-Verhandlungen: Putins „böses Spiel“ bringt Trump in Bedrängnis
Putin nimmt nicht an den Ukraine-Verhandlungen in Istanbul teil. Trump reagiert ausweichend und torpediert die Hoffnungen auf ein Ende des Ukraine-Kriegs.
Istanbul – Eigentlich wollte Donald Trump den großen Friedensstifter geben: Schon vor Beginn seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident versprach er, den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu wollen. Geklappt hat es nicht. Doch nach Monaten scheint der Republikaner diesem historischen Schritt näher gekommen zu sein: Anfang der Woche verdichteten sich die Entwicklungen, die zu möglichen Ukraine-Verhandlungen in Istanbul führten.
Zwischendurch stand auch im Raum, dass möglicherweise der russische Präsident teilnehmen könnte. Jetzt ist klar: Wladimir Putin ist nicht zu Friedensgesprächen in die Türkei gereist. Auch Trump bleibt dem Treffen fern – doch die aktuelle Entwicklung könnte nun auf eine politische Niederlage für den US-Präsidenten hindeuten. Zugleich machte er gegenüber Reuters deutlich: „Nichts wird passieren, bis Putin und ich zusammenkommen.“
Wenig Hoffnung auf Erfolg der Ukraine-Verhandlungen: Putins Absage bringt Trump in Erklärungsnot
Putin ließ bis wenige Stunden vor den Ukraine-Verhandlungen offen, ob er persönlich am Treffen in Istanbul teilnehmen würde. Der Präsident hatte zwar die Gespräche selbst initiiert, doch demonstrierte zunächst durch seine vagen Aussagen seine Macht am imaginären Verhandlungstisch. Am Ende war klar: Putin kommt nicht – und er schickt auch keine hochrangigen Politiker in die Türkei. Für US-Präsident Trump könnte sich dies als persönlichen Dämpfer herausstellen: Der Amerikaner versucht seit Monaten, sich als wichtige und maßgeblich entscheidende Instanz der Weltpolitik darzustellen.
Gegenwärtig ist Trump im Nahen Osten unterwegs und intensiviert die Beziehungen zu den Regierungen in Katar, Syrien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Angesprochen auf Putins Fehlen bei den Ukraine-Verhandlungen in Istanbul entgegnete Trump bei einer Pressekonferenz: „Warum sollte er (Putin) kommen, wenn ich nicht hinkomme? Denn ich wollte nicht kommen. Ich habe das nicht geplant. Ich würde kommen. Aber ich habe es nicht geplant.“ Trump hatte während seiner Nahost-Reise erklärt, ein kurzfristiger Besuch in der Türkei sei für ihn nicht ausgeschlossen.
Verhandlungen „regelrechtes Täuschungsmanöver“: Selenskyj kritisiert Putin wegen Absage
Für Trump scheint es wichtig, wie der Tagesspiegel analysiert, dass der Eindruck entsteht, er würde einen besonderen Draht zu Putin haben. Mit der Aussage im Zusammenhang mit den Ukraine-Gesprächen in der Türkei könnte er versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass sich Putin nach den USA richten würde. Doch selbst der trumpnahe US-Sender Fox News stellt den Hergang der Ereignisse anders dar. Demnach sagte Trump seine Teilnahme an möglichen Unterredungen über das Ende des Ukraine-Kriegs erst ab, als er von der Absage Putins erwartet hatte.
Inzwischen sind die Gespräche in Istanbul über den Ukraine-Krieg gestartet – doch parallel dazu gehen die Kämpfe weiter. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bleibt angesichts des aktuellen Verhaltens Russlands nur Kritik übrig. Der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu sagte er: „Das Niveau der russischen Delegation ist ein regelrechtes Täuschungsmanöver.“
Ukraine-Verhandlungen in Istanbul ohne Putin und Trump: „Damit können keine Fortschritte erzielt werden“
Bereits vor den Ukraine-Verhandlungen in Istanbul hatte Selenskyj auf X deutlich gemacht: „Wenn Putin nicht kommt und Spielchen spielt, ist das der endgültige Punkt, dass er den Krieg nicht beenden will.“ Durch die Absage des russischen Präsidenten scheint derweil ein Ergebnis aus den Beratungen noch unwahrscheinlicher zu werden, als ohnehin angenommen wurde. Wie The Independent schreibt, begrüßt die US-Regierung zwar, dass die beiden Länder nach drei Jahren wieder zu Gesprächen zusammenkommen – doch in der Realität würden die Forderungen der Länder unvereinbar sein.
Zum Fernbleiben von Putin sagte der ehemalige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, dass dies auf eine Verhandlungsverweigerung hindeuten würde. Putin schicke „Beamte der zweiten Reihe. Damit können keine Fortschritte erzielt werden. Das ist ein Feigenblatt“, sagte Heusgen am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Es werde klar, dass der russische Präsident „nicht auf Verhandlungen setzt, sondern auf Stärke“.
„Ein Clown? Ein Versager?“: Wenige Aussicht auf Erfolg von Ukraine-Verhandlungen in Istanbul
Die Hoffnungen auf ein Ende des Ukraine-Kriegs scheinen mehr denn je auf einem wackeligen Boden zu stehen: Auf die Kritik Selenskyjs reagierte Russland mit deutlichen Worten. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums sagte wörtlich, wer solche Aussagen mache: „Ein Clown? Ein Versager?“, fragte Maria Sacharowa. Auf jeden Fall sei Selenskyj „jemand mit keinerlei Erziehung“.
Angesichts der jüngsten Verzögerungstaktik durch Putin vermutet indes die Washington Post in einer Analyse, dass Russland die Gespräche über den Sommer hinauszögern und gleichzeitig nach Monaten eines Zermürbungskriegs eine neue Offensive in der Ukraine starten könnte. Seit Monaten verdichten sich die Indizien, dass Russland weitere Truppen zusammenzieht. Für Trump könnte sich ein solches Szenario zum Fiasko entwickeln: Eigentlich wollen die USA schnell ein Ende des Ukraine-Kriegs bewirken. Sollte dies nicht gelingen, könnte Trump unter Zugzwang stehen und womöglich seine Glaubwürdigkeit riskieren. (fbu)