Scholz über Szene nach Vertrauensfrage: „Peinlich von mir“

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Eigentlich hatten Kanzlerkandidaten von CDU, SPD und Grüne einen fairen Wahlkampf versprochen. Doch der Ton wird rauer. Und Scholz setzt zum persönlichen Angriff an.

Berlin – Das Video zeigt ein Händeschütteln. Eine kurze Absprache mit dem Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich. Dann schlendert sie heran, SPD-Chefin Saskia Esken. Eigentlich ein Moment, an dem man ein zweites, unspektakuläres Händeschütteln erwarten würde. Doch Olaf Scholz guckt, registriert sie und läuft dann mit Mützenich ohne ein Wort davon. Scholz lässt Saskia Esken links liegen. Die paar Sekunden der Geringschätzung haben sie kalt erwischt. Irgendetwas zwischen Fassungslosigkeit und Irritation ist in Eskens Reaktion zu erkennen.

Scholz-Szene nach Vertrauensfrage: Kanzler kämpft nicht für SPD, sondern für sich

Vielleicht liegt es dem Druck, der an diesem historischen Tag der Vertrauensfrage auf dem Kanzler lastet. Was Scholz mit dieser Szene im Bundestag aber vermittelt, ist: Er kämpft nicht für seine Partei, seine SPD, sondern für sich. „Ich bin sicher, dass es für die Position, die ich vertrete, eine große Mehrheit gibt“, sagt Scholz später im ZDF. „Ich bin es gewesen, der ein Sondervermögen für die Bundeswehr möglich gemacht hat.“ Und er habe dafür gesorgt, das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen.

Vertrauensfrage gemäß Art. 68GG
Scholz und Mützenich flüchten regelrecht vor SPD-Chefin Esken. Später hätten sie darüber gelacht, sagt der Kanzler. © IMAGO

„Fritze Merz erzählt gern Tünkram“: Scholz teilt gegen CDU-Chef aus – Union reagiert

Er ist es aber auch, der dann ziemlich persönlich wird. Auf eine Situation angesprochen, die CDU-Chef Friedrich Merz zuvor kritisierte, erwidert Scholz knapp: „Fritze Merz erzählt gern Tünkram.“ Also Schwachsinn, dummes Zeug. Doppelt abschätzig. Zuvor hatte er FDP-Chef Christian Lindner noch die „nötige sittliche Reife“ für die Regierungsarbeit abgesprochen.

Die Union reagiert umgehend. Merz verbittet sich, dass der „Bundeskanzler mich in dieser Art und Weise hier persönlich bezeichnet und angreift“. Für CSU-Chef Markus Söder ist Scholz „kein Vorbild mehr für die Demokratie“. Er sei „der peinlichste Bundeskanzler, den unser Land je hatte“, poltert er hinterher.

Bundestagswahl 2025: Wettkampf mit harten Bandagen – TV-Duells Scholz vs. Merz geplant

Es ist also ein Wettkampf mit harten Bandagen, in dem sich die Kanzlerkandidaten beider Volksparteien Lügen vorwerfen. Gleich zweimal sollen sich die beiden auch im Fernsehen duellieren. Am 9. Februar im ÖRR, am 16. Februar bei RTL (mehr dazu in Kultur & Medien).

Die verbalen Attacken unter einstigen, vielleicht künftigen Partnern wären nicht ganz so überraschend, hätten Merz, Scholz und Robert Habeck, nicht wenige Tage zuvor öffentlichkeitswirksam einen fairen Wahlkampf versprochen.

Merz zeigt sich vor Vertrauensfrage versöhnlich: „Regeln des demokratischen Miteinanders einhalten“

Unter dem Motto „Politik und Anstand“ gaben sich die Drei auf Pro7 fast schon versöhnlich. „Wo der demokratische Gegner zum Feind erklärt wird, wo mit Ängsten gespielt wird, wo das Misstrauen untereinander Überhand nimmt – da wird die gemeinsame Arbeit an guten Lösungen für alle unmöglich“, warnte etwa CDU-Kanzlerkandidat Merz. „Was wir brauchen, ist ein Versprechen an uns selbst, dass wir die wichtigsten Regeln des demokratischen Miteinanders einhalten“, sagte Noch-Kanzler Scholz. Und dazu zählte er: „Es geht ums Informieren und darum, zu hinterfragen und zu überprüfen. Nicht aber ums Verunglimpfen, Verletzen und Herabsetzen.“

Doch das war vor dem gescheiterten Vertrauensvotum, vor dem offiziellen Startschuss in den Wettbewerb. Bei dem die Nervosität offensichtlich steigt. Für Scholz geht es darum, sein Vermächtnis zu retten, nicht als gescheiterter Regierungschef in die Geschichte einzugehen. In der letzten Insa-Umfrage konnte die SPD ihren Rückstand zwar etwas aufholen, trotzdem liegt sie mit 17 Prozent immer noch 14 Punkte hinter der Union. Es ist ein Dilemma: Alle wissen, ohne einen Partner geht es nicht. Gleichzeitig wollen alle Parteien ihre Unterschiede möglichst plastisch aufzeigen.

Habeck fordert vor Bundestagswahl neuen Stil in der Politik und Scholz bemüht sich um Einheit

Für Vizekanzler Habeck geht das Scheitern der Ampel, der „Regierung Scholz“ über inhaltliche Zankereien hinaus. Er fordert einen neuen Stil in der Politik. Eine Regierung, die es kann, „unterschiedliche Interessen zusammenzubringen“. Scholz bemüht sich jetzt zumindest ein der eigenen Partei um eine Einheit. Zu einem gemeinsamen Bild schreibt er: „Saskia und ich haben uns das Video angeschaut. Peinlich von mir – zum Glück konnten wir beide drüber lachen…“ Wirklich herzhaft lacht auf diesem Bild allerdings niemand.

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