Landrat Olaf von Löwis wird 70: „Ich bin ein grenzenloser Lebensbejaher“
Miesbachs Landrat Olaf von Löwis wird an diesem Freitag 70 Jahre alt. Wir haben mit ihm über den runden Geburtstag, den Umgang mit Krisen und künftige Pläne gesprochen.
Herr von Löwis, Glückwunsch zum 70. Geburtstag. Wie fühlen Sie sich?
Ich fühle mich saugut, körperlich wie geistig. Ich stehe mit beiden Beinen im Leben. Wenn ich den Geburtstag so auf mich zukommen sehe, bin ich überrascht, dass ich schon siebzig werde. Möglicherweise nehmen mich die Jüngeren als alten Mann wahr, ich mich selbst aber nicht.
Dabei waren die vergangenen Monate nicht gerade leicht für Sie. Da haben Sie doch sehr angefasst gewirkt.
Ich bin mit einer hohen Resilienz ins Amt eingetreten und hatte gehofft, dass mich die Krisen – erst Corona, dann die Sache mit der Schließung der Sen㈠iorenresidenz in Schliersee, schließlich die Flüchtlingswelle – eher abhärten. Das ist nicht eingetreten, ich bin eher dünnhäutiger geworden.
Welche Rolle haben die Anfeindungen wegen der Flüchtlingsunterkunft in Warngau gespielt?
Warngau war schon eine Zäsur. Ich gebe zu, dass ich mir damals zum ersten Mal in meinem Leben gedacht habe: „Musst du dir das antun?“ Aber aussteigen kommt für mich nicht infrage.
Warum?
Ich bin ein fast übertriebener Optimist und grenzenloser Lebensbejaher. „Minden jó!“ ist bei uns zu Hause ein geflügeltes Wort geworden. Es stammt aus Ungarn und bedeutet so viel wie „Alles ist gut!“.
Eigentlich die richtige Einstellung für die Bewältigung von Krisen.
Ich bin mittlerweile besser geübt im Umgang damit, habe eine gewisse Struktur entwickelt. Nur mit einer positiven Einstellung kann die Bewältigung von Krisen gelingen.
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Bereuen Sie es, mit 60 Jahren und damit doch sehr spät noch hauptberuflich in die Politik gegangen zu sein? Sie hatten einen guten Job in der Forstwirtschaft.
Meine politische Karriere hätte ruhig früher starten dürfen. Aber ich habe nie aktiv ein Amt angestrebt, bin immer gefragt worden. Ich hatte das Glück, schon früh Führungsperson sein zu dürfen. Als Geschäftsführer des Vereins für forstliche Standorterkundung bin ich 1984 gleich auf der obersten Ebene gelandet, hatte dort mit Behörden und Ministern zu tun. 2006 wurde ich nebenamtlich Geschäftsführer beim Grundbesitzerverband, das hat mich politisch stark sensibilisiert.
Trotzdem hat es bis 2020 gedauert, ehe Sie Bürgermeister wurden.
Ich musste bei der CSU erst mal alle Parteistationen durchlaufen: Vorstandsmitglied, Ortsvorsitzender, Gemeinderat, Vizebürgermeister. Zunächst hatte mich die Holzkirchner SPD als Parteiloser auf die Gemeinderatsliste genommen, es hat aber um drei Stimmen nicht geklappt. Das war 1996. Die CSU ist nach der Wahl sofort auf mich zugekommen, und ich habe gemerkt, dass das meine politische Heimat ist.
Sind Sie ein typischer Politiker – oder doch eher Forstmann?
Forstbetriebe denken generationenübergreifend, nicht von Wahl zu Wahl. Das hat mich so geprägt, dass ich das auch in der Politik umsetzen möchte. Aber es ist schwer, weil hier der Zeitgeist vorherrscht: „Wie muss ich mich verhalten, dass ich ankomme.“ Das sehe ich kritisch. Man muss zwar sein Ohr nahe am Menschen haben, darf sich aber nicht verbiegen lassen.
Hat das Amt als Landrat Sie dennoch verändert?
Ich muss gestehen, die Anfeindungen hinterlassen etwas. Mein Menschenbild ist differenzierter geworden. Die Ansprüche vieler Menschen an die Politik sind größer geworden. Die Bereitschaft zur Eigenverantwortung, sich in andere hineinzuversetzen, und leider auch der Respekt haben gelitten. Schade, dass die politische Landschaft durch die Diskussion über die Flüchtlingssituation so wesentlich geprägt wird. Ich halte das Thema für zu dominant. Andere wichtige Dinge fallen leider runter. Wir lassen uns zu sehr von den Extremen treiben.
Wie halten Sie sich für die beruflichen Belastungen fit?
Ich laufe, mache Muskeltraining, in der Früh konsequent Dehnübungen. Und ich gehe möglichst jeden Tag für eine halbe Stunde auf den Crosstrainer.
Mit Erfolg?
In meiner Bürgermeister-Zeit und in den ersten beiden Jahren als Landrat hatte ich acht bis zehn Kilo zugenommen. Vor eineinhalb Jahren habe ich dann den Entschluss gefasst, abzunehmen – und zwar nachhaltig, wie in der Forstwirtschaft. Inzwischen habe ich zwölf Kilo abgenommen, und es tut richtig gut – auch wenn mir meine Klamotten jetzt etwas zu groß sind.
Stört Sie das?
(lacht) Mich weniger, aber meine Frau. Ich bin mit dem Alter insgesamt lockerer geworden. Und mir ist es zunehmend egal, was die Leute über mich sagen – was nicht heißt, dass es mich nicht trifft.
Welche Rolle spielt Familie für Sie?
Die Familie ist unheimlich wichtig – nicht nur, um Kraft aus ihr zu schöpfen. Sie ist überhaupt erst der Sinn des Ganzen. Die Enkel werden so schnell groß. Ich habe mir fest vorgenommen, mehr Zeit mit ihnen zu verbringen.

Ihr Familienname Löwis of Menar wurde 1434 erstmals urkundlich erwähnt. Wie sehr interessiert Sie Familiengeschichte?
Wir haben einen Familienverbund, der sich etwa alle zwei Jahre trifft und Recherchen austauscht. Meine Vorfahren väterlich stammen aus Schottland und dem Baltikum, mütter㈠lich aus Ungarn. Ich bin stolz auf das Sammelsurium in meinem Blut.
Haben Sie Lieblingsvorfahren?
Einer hat in die schottische Familie Bruce eingeheiratet, die zwei schottische Könige gestellt hat. Ich bilde mir ein, dass ich daher mein aufständisches Blut habe. Ein anderer, Andreas, war im Baltikum auch im Forstwesen tätig. Mein ungarischer Urgroßvater war ein erfolgreicher Architekt. Als Kind hat man mir viele seiner Baupläne gezeigt, das fand ich ziemlich aufregend. Ich wäre deshalb beinahe Architekt geworden, aber es hat sich zerschlagen.
Sie steuern nun aufs Ende Ihres Berufslebens zu, haben vergangene Woche erklärt, 2026 nicht mehr für das Amt des Landrats zu kandidieren. Gehören Sie zu den Menschen, die sich nach dem Ausstieg aus der Politik komplett aus der Öffentlichkeit zurückziehen?
Ich bin jemand, der durchaus eine aktive Aufgabe sucht. Ich möchte mein Wissen, meine Ideen, meine Erfahrungen einbringen und dadurch positiv für die Gesellschaft wirken. Ich denke schon daran, im Leben noch irgendwas anderes zu machen.
Aber jetzt wird erst mal gefeiert, oder?
Meinen Fünfzigsten habe ich groß gefeiert. Ich hatte diesmal schon eine Geburtstagsliste aufgesetzt, habe es dann aber gelassen. Es wären einfach zu viele Leute geworden. Meine Familie hat mir aber gesagt, dass ich mir nichts vornehmen soll.
Wie alt möchten Sie werden?
Ich peile gar nichts an. Ich versuche, jeden Tag zu genießen und freue mich, wenn ich in der Früh sagen kann: Mir geht es gut.
Zur Person
Olaf von Löwis of Menar wurde am 25. Oktober 1954 als Sohn einer Ungarin und eines Deutschen in München geboren. Er hat zwei jüngere Schwestern, die Mutter (93) lebt heute bei einer von ihnen in Freising. Der studierte Forstwirt führte seit der Gründung 1984 die Geschäfte des Vereins für forstliche Standorterkundung in München und war von 2006 an zudem Geschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Grundbesitzer in München. 1997 trat er der CSU bei, war Ortsvorsitzender und Gemeinderat. 2014 wurde er zum Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Holzkirchen gewählt, 2020 zum Landrat des Landkreises Miesbach. Olaf von Löwis hat mit seiner Frau Sibylle zwei Söhne und drei Enkelsöhne.