Schulleiterin über Pisa-Offensive: „Eine Stunde mehr hätte nicht wehgetan“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Miesbach

KommentareDrucken

Mehr Mathe und Deutsch auf Kosten anderer Fächer? Schulleiterinnen und Kunstpädagogen aus dem Landkreis sehen das kritisch. © DPA

Grundschulleiterinnen im Landkreis sehen die neue Studententafel zwiegespalten. Kunstpädagogen üben Kritik an der Kürzung des musischen Unterrichtes.

Landkreis – Einmaleins und Diktat statt Singen und Zeichnen: In Bayerns Grundschulen soll künftig mehr Deutsch und Mathematik unterrichtet werden. Dafür müssen die Schulen bei anderen Fächern sparen: In den Fächern Englisch, Musik, Kunst oder Werken und Gestalten könnten künftig Stunden gestrichen werden. Schulleiterinnen und Kunstpädagogen im Landkreis sehen die Entscheidung kritisch.

Schulleiterin findet Kürzungen „falsches Signal“

„Ich finde es grundsätzlich richtig, den Fokus auf Kernkompetenzen zu setzen“, sagt Sabine Bösl, Leiterin der Quirin-Regler-Grundschule in Holzkirchen. Anstatt der Kürzungen hätte die Stundenzahl jedoch erhöht werden können, findet Bösl. „Eine Stunde mehr hätte den Schülern nicht wehgetan.“ Im Gegenteil: „Wir brauchen mehr Zeit mit den Kindern.“ Dass nun bei den musischen Fächern gekürzt werden soll, findet die Schulleiterin schade. Denn diese Fächer seien für eine ganzheitliche Bildung wichtig.

Das findet auch ihre Kollegin Claudia Horstmann, Leiterin der Grundschule Tegernsee. „Die Kinder brauchen eine musische Ausbildung.“ Dass auch Englischstunden gestrichen werden können, findet Horstmann ein „falsches Signal“. Die Sprache werde gerade wegen der Globalisierung immer wichtiger. In der Praxis sieht sie die Kürzungen jedoch weniger dramatisch: „Wir haben an den Schulen gewisse Freiräume.“ An ihrer Schule würden bereits jetzt viele Stunden mit künstlerischen oder musischen Einheiten gekoppelt. Zudem gebe es viele außerschulische Angebote, mit denen die Schulen zusammenarbeiten.

Musikpädagoge: „Finde die Entscheidung schlecht“

Zum Beispiel mit dem Freien Landestheater Bayern in Miesbach. Geschäftsführer und stellvertretender Intendant Andreas Haas konzipiert Konzerte und Theaterstücke für Kinder. Grundschulen sind seine Kernzielgruppe. Zur Pisa-Offensive findet der Musikpädagoge deutliche Worte: „Ich finde die Entscheidung schlecht.“ Die Beschäftigung mit Kunst und Musik sei wichtig für die Schüler: Sie fördere nicht nur die Konzentration, sondern auch soziale Kompetenzen, erklärt er. Haas befürchtet, dass diese den Schülern künftig fehlen könnten. Darüber hinaus würden wichtige Lerninhalte verloren gehen.

Mit seinen Schulprojekten will der Künstler gegen diese Entwicklung arbeiten. Aktuell sei die Nachfrage bei Schulen hoch. Dass an den Kunst- und Musikstunden jetzt gespart werden soll, sei fatal. „Weil sich Bayern doch als Kunststaat definiert“, sagt Haas. Die Entscheidung könnte auch seine eigenen Projekte beeinflussen: „Manches Basis-Wissen können wir dann nicht mehr voraussetzen.“

Künstler fürchten, dass musischer Unterricht verdrängt wird

Neben den Kompetenzen hat Kunst aber noch einen weiteren Zweck: Fantasie. Die sieht Barbara Gerbl, Inhaberin des Ateliers Farbenspiel in Miesbach, gefährdet. Die Kunstpädagogin unterrichtet Malkurse für Kinder und Erwachsene und begleitet viele Schulprojekte im Landkreis. „Kunst ist wichtig um gemeinsam Fantasien zu spinnen und diesen nachzugehen“, erklärt sie. Für Kinder sei die Schule auch ein Ort zum ausprobieren. Denn in den Kunst- und Musikstunden würden neue Impulse gesetzt. „Es geht auch darum, die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten kennenzulernen.“

Durch Stundenkürzungen könnte dieser Freiraum verloren gehen, befürchtet sie. Dass die Schulen flexibel mit den Stunden umgehen können besänftigt sie nicht: „Wenn der Platz dafür nicht gesichert ist, dann ist er weg.“ Sie befürchtet, dass musische Fächer künftig von anderen an den Rand gedrängt werden.

Auch interessant

Kommentare