Zukunft des Peißenberger Eisstadions hängt am seidenen Faden: Jetzt geht‘s ans Eingemachte

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Die Eishalle in Peißenberg am Mittwochabend beim Training der Miners. Der Betrieb der Halle verschlingt jährlich riesige Summen. © Bernhard Jepsen

Zwar darf der TSV Peißenberg als Hallenbetreiber den maroden Umkleidetrakt trotz Kündigung durch die Gemeindewerke bis zum Ende der Saison 2024 / 2025 nutzen. Doch die Kabinenfrage ist bei weitem nicht die einzige Baustelle, die der Verein zu bewältigen hat.

Peißenberg – Das Kunsteisstadion an der Pestalozzistraße wurde in den 1970er Jahren errichtet – und spätestens seit den 1990er Jahren nach dem Dachbau ist der Betrieb der Sportstätte für den TSV Peißenberg ein finanzieller Drahtseilakt. In der vergangenen Saison, in der es die TSV-Eishockeysparte (Miners) mit ihrer ersten Mannschaft bis ins Bayernliga-Finale schaffte und zum Teil über 2000 Fans die Spiele besuchten, fuhr der Hauptverein als Hallenbesitzer ein Minus von 70 000 Euro ein. Der Aufwand für die Bereitstellung der Infrastruktur ist für das ehrenamtlich tätige Präsidium und die Stadionverwaltung enorm. „Da stößt man an seine Leistungsgrenze. Ein Eisstadion zu betreiben, das ist ein Himmelfahrtskommando – und wir müssen uns ja noch um 20 anderen Sparten kümmern“, sagt TSV-Präsident Stefan Rießenberger. „Man steht ständig in der Kritik. Egal, was man macht, es wird als falsch empfunden.“

Die Lorbeeren für sportliche Erfolge ernten die Miners, die bis dato nur eine überschaubare Pauschalzahlung für die Eishallennutzung an den Hauptverein zahlten. Doch damit dürfte nun Schluss sein. Der TSV hat ein Investitionsvolumen von 500 000 Euro aufgerufen, das in den nächsten Jahren eventuell in die veraltete Stadiontechnik gesteckt werden muss. Und dann ist da noch die Kabinenfrage, die immer noch nicht gelöst ist und intern zuletzt für Aufregung gesorgt hat.

Kabinentrakt: Erst Kündigung, dann Gnadenfrist

Aber der Reihe nach: Anfang August flatterte dem TSV-Präsidium von den Gemeindewerken eine Kündigung für den maroden Kabinentrakt im Rigi-Rutsch´n-Betriebsgebäude ins Haus – und zwar mit Wirkung zum 31. Dezember 2024. Die neue Saison wäre damit de facto bereits zu Ende gewesen, bevor sie überhaupt begonnen hätte. Ausweichmöglichkeiten, zum Beispiel in Behelfsbehausungen, wären logistisch nicht möglich gewesen.

Doch warum haben die Gemeindewerke die Kündigung überhaupt ausgesprochen? Das Kommunalunternehmen (KU) hat bekanntlich das ebenfalls im Bäderpark befindliche, ambulante Therapiezentrum an einen Investor aus Kempten verkauft. Die Werke müssen deshalb nun für eine bauliche Erweiterung der Tagesklinik sorgen. Genau das ist nämlich eine Bedingung für die Zulassung durch die Rentenversicherung und ein wesentlicher Punkt in den Vereinbarungen mit dem Investor. Bis März 2026 muss die Reha erweitert sein.

Ergo muss bald gebaut werden – und zwar an der Stelle des alten Kabinentrakts. Inzwischen gibt es jedoch für den TSV Entwarnung: Nach ersten Gesprächen der Gemeindewerke mit dem Architekten ist mit einem Baustart nicht vor Frühjahr 2025 zu rechnen: „Die Miners können also bis zum Ende der Saison in den Kabinen bleiben“, erklärt Stefan Ziegler, der Vorstand der Gemeindewerke. Die Kündigung sei ohnehin nur „vorsorglich“ ausgesprochen worden. Die Gemeindewerke treten übrigens in der neuen Saison als Helmsponsor der Miners auf. Auch die Werbefläche im Bullykreis wurde gebucht. „Da wäre es doch unlogisch, wenn wir den Miners die Grundlage zum Eishockeyspielen entziehen würden“, sagt Ziegler. Aber: Erst Mitte vergangener Woche, also gut einen Monat nach der Kündigung, signalisierten die Werke, dass die Miners sicher bis zum Saisonende in den alten Kabinen bleiben können.

Kabinen-Ersatzbau muss 2025 stehen

Klar ist, dass der TSV in der Kabinenfrage weiter unter Druck steht. Soll das Eisstadion weiterbetrieben werden, muss zum Beginn der Saison 2025/2026 ein Ersatzneubau stehen. Bekanntlich peilt das Präsidium einen Containerbau am ehemaligen Rollschuhplatz an. Die Kosten werden auf 800 000 Euro geschätzt. Ein Bauantrag wurde aber noch nicht eingereicht. Die Zeit wird also langsam knapp. Auch gibt es vom BLSV nur eine Zusage, dass das Projekt grundsätzlich förderfähig ist. In welcher Höhe eine Bezuschussung erfolgt, steht aber noch in den Sternen.

Die Gemeinde, die zusätzlich zur jährlichen Standardförderung für das Eisstadion (rund 90 000 Euro) weitere 200 000 Euro für den Kabinenneubau freigeben würde, hat bereits zweimal beim TSV nachgehakt. „Ich lasse mir von niemandem vorwerfen, dass wir zu träge sind. Die Kommune weiß doch selber, wie lange solche Projekte dauern“, wehrt sich Rießenberger. Der TSV-Präsident verweist zudem darauf, dass die gemeinsamen Pläne mit dem „Aktivzentrum“ nicht umgesetzt werden konnten. Selbiges sollte mit staatlichen Zuschüssen Vereinsräume und eben auch Umkleiden für das Eisstadion zur Verfügung stellen. Doch die gestalterischen Auflagen der Städtebauförderung waren unter dem Strich zu teuer. Das Projekt wurde zum Rohrkrepierer – und der TSV verlor jede Menge Zeit.

TSV-Präsident Stefan Rießenberger an den handgeregelten Kühlventilen.
Stefan Rießenberger an den handgeregelten Kühlventilen.JPG © Bernhard Jepsen

Inzwischen sind noch weitere Probleme im Zuge des Eishallenbetriebs aufgeploppt. Mit den Gemeindewerken mussten die auslaufenden Strom- und Gaslieferverträge verlängert werden. Die neuen Konditionen sehen eine Verdopplung der Tarife vor. „Da weiß jeder, was die Stunde geschlagen hat“, sagt Rießenberger.

Doch damit nicht genug: Im vergangenen Jahr verbrauchte der Eishallenbetrieb exorbitant viel Strom und Wasser. Letzteres wird unter anderem für die Kühlung des Kondensators benötigt. Gepumpt wird das Wasser aus einem Brunnen, der vor mehreren Jahrzehnten auf dem Freibadgelände gebohrt wurde und der Peißenberger Wärmegesellschaft (PWG) gehört. Der Wasserzulauf wird über Pumpen und ein handgesteuertes Kühlwasserventil geregelt. „Jeder kann in die Regelung eingreifen. Die Leute wissen gar nicht, was das für Auswirkungen hat“, analysiert Stefan Ziegler.

Gigantischer Wasserverbrauch wegen uralter Technik

Die Gemeindewerke haben die Abnahmestellen des Brunnensystems genauer unter die Lupe genommen – unter anderem wird aus dem Brunnen auch das Wasser für die Rigi-Rutsch´n gezapft. Durch die ungenaue Handregelung fließt aber weit mehr Wasser durch den Eisstadion-Kondensator, als benötigt wird – zum Teil bis zu 200 000 Kubikmeter pro Jahr. Um die hohen Wassermengen aus dem Brunnen zu schöpfen, waren zuletzt zwei Pumpen notwendig. Daher resultiert auch der hohe Stromverbrauch. Ein weiteres Problem: Das Wasser wird durch den Kondensator von acht auf 14 Grad aufgeheizt und dann in die Ammer abgeleitet, was ökologisch bedenklich ist. Handlungsbedarf gibt es auch beim Ablauf des Zamboni-Wassers. Das wird in den Schmutzwasserkanal geleitet, was die Kläranlage zusätzlich belastet.

Der TSV hat eine grobe Kostenkalkulation aufgestellt, um die technischen Mängel zu beheben – zum Beispiel für eine automatische Ventilregelung und einen Kühlturm. Das Investitionsvolumen wird auf die bereits erwähnten 500 000 Euro taxiert. Die Zahlenaufstellung hält man bei den Gemeindewerken für wenig belastbar. Zudem habe man von Seiten des KU nur „Empfehlungen“ ausgesprochen. Beim TSV argumentiert man anders. Die 500 000 Euro seien der „Worst-Case“, der auf den Verein zukommen könnte – und den müsse man im Zuge einer seriösen Finanzplanung einkalkulieren.

Der Druck ist fast nicht zu ertragen. Die Leute wenden sich von einem ab. Aber ich lasse mich nicht als Totengräber des Eisstadions hinstellen.

Aber wer soll den „Worst-Case“ – wenn er denn eintreten sollte - bezahlen? Der TSV hat zuletzt zu einer nichtöffentlichen Mitgliederversammlung geladen. Man wollte an der TSV-Basis ein Stimmungsbild einholen. Das Ergebnis: Ein „Weiter-so“ in puncto „Eisstadion“ soll es nicht geben. Und ganz wichtig: Die Nutzer sollen für die möglichen Investitionen und Mehrkosten aufkommen. „Es gab sogar Stimmen, die für eine Schließung des Eisstadions zum 1. Mai 2025 votiert haben“, berichtet Rießenberger.

Genaue Zahlen aus der internen Versammlung will das Präsidium nicht preisgeben. Zu den Nutzern gehören neben Hobbymannschaften, den Eisstockschützen und der Eiskunstlaufabteilung natürlich auch die Miners. Das Präsidium hat berechnet, dass die Sparte nicht mehr nur die vor wenigen Monaten vereinbarten 30 000 Euro, sondern künftig 100 000 Euro an den Hauptverein für die Eishallennutzung abdrücken müsste. „Dieser Betrag rechtfertigt sich allein schon mit der Erhöhung der Stromtarife“, so Rießenberger. Zudem gelte es, „Schaden von den anderen Sparten abzuwenden“.

Pleite-Gefahr für alle TSV-Sparten

Was Rießenberger damit meint? Die Abteilungen haben keine eigene Rechtspersönlichkeit. Das heißt, ihre Abteilungskonten fallen unter das Gesamtvermögen des TSV. Im Ernstfall fließen alle Spartenkonten in die Insolvenzmasse. Eine Brandmauer bezüglich der finanziellen Haftung gibt es zum Eisstadionbetrieb nicht. Die gäbe es nur, wenn der Hallenbetrieb ausgegliedert werden würde, beispielsweise in eine GmbH. Genau diese Lösung hat der TSV auch den Miners angeboten: „Aber das wurde abgelehnt. Das Risiko ist ihnen zu groß“, erklärt TSV-Vize-Präsident Markus Heidler. Das bestätigt auch Miners-Vorsitzende Lisa Steidl: „Eine GmbH können wir nicht stemmen. Wir sind mit der Arbeit in der Sparte komplett ausgelastet.“

Und wie geht es jetzt weiter? Am 26. September findet erneut eine Mitgliederversammlung statt. Dann soll darüber abgestimmt werden, ob die Miners künftig 100 000 Euro pro Jahr an den Hauptverein für die Eishallennutzung bezahlen sollen. Das Präsidium erwartet bis zur Versammlung ein schlüssiges Finanzierungskonzept der Sparte. Rießenberger: „Ich will mich nicht mit der Eishockey-Lobby anlegen, sondern das Eisstadion retten.“

An allen Ecken fehlt das Geld

Entschieden ist noch nichts, aber die Tendenz ist klar: Auf der TSV-Mitgliederversammlung am 26. September wird sehr wahrscheinlich beschlossen, dass die Miners künftig jährlich 100 000 Euro an den Hauptverein für die Nutzung der Eishalle abdrücken müssen.

Spartenleiterin Lisa Steidl spricht von einem „harten Brocken“, der Betrag sei für die Miners „sehr schwer“ zu finanzieren. Am Kader für diese Saison werde man keine Einschnitte machen: „Die Spielerverträge für heuer sind durch“, so Steidl. Einnahmensteigerungen könnten Erhöhungen der Eintrittspreise bringen, im Nachwuchsbereich wolle man aber keine Anpassungen vornehmen. Im Gespräch sei auch die Veranstaltung eines großen Sommerfestes.

Steidl hofft des Weiteren auf Unterstützung von „anderer Seite“. Damit meint sie unter anderem die Gemeinde. Doch eine zusätzliche Kommunalsubventionierung des Eisstadions kann sich TSV-Präsident und Gemeinderat Stefan Rießenberger (Bürgervereinigung) nicht vorstellen: „Der Markt hat selber schon Probleme, genehmigungsfähige Haushalte aufzustellen.“

Zudem würde man sich bei anderen Vereinen und in der Bevölkerung „ganz viele Feinde machen“, wenn der TSV zusätzlich zur Standardförderung noch einmal einen Betrag zwischen 50 000 und 100 000 Euro einschieben würde. Bürgermeister Frank Zellner (CSU) will sich Gesprächen zwar nicht verschließen, dabei könne es aber zunächst nur um die Suche nach Partnern oder Betreibermodellen gehen. „Ich kann keinen Blankoscheck ausstellen oder finanzielle Versprechungen machen“, betont Zellner.

Auch erwartet der Bürgermeister, dass der TSV „Lösungen herbeiführt“ und bis Ende September einen Investitions- und Finanzierungsplan vorlegt. Zum Hintergrund: Die Rechnungsprüfer wollen als Auflage für die Kommunalsubventionierung plausible Unterlagen vorgelegt bekommen, wie die Sportstätte langfristig betrieben werden kann. Dabei geht es aber „nur“ um die jährliche Standardförderung (rund 90 000 Euro).

Lisa Steidl hofft übrigens noch darauf, dass der Antrag eines Mitglieds für die TSV-Vollversammlung auf Entrichtung einer Sonderumlage eine Mehrheit findet. Demnach sollen alle erwachsenen TSV-Mitglieder auf ihren Beitrag 20 Euro mehr bezahlen und Kinder zehn Euro. Es ist allerdings fraglich, ob sich die anderen Sparten auf tatsächlich einen „Eisstadionsoli“ einlassen würden.

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