Klimageld, Kindergrundsicherung, Mietendeckel: Diese Vorschläge haben keine Mehrheit

Gleich acht Parteien waren mit aussichtsreichen Chancen auf den Einzug in den Bundestag bei dieser Wahl angetreten. Zwei haben gar nicht erst ins Parlament geschafft: FDP und BSW. Drei weitere haben kaum eine Chance, Teil der nächsten Bundesregierung zu werden: die AfD, die Grünen und die Linken. Damit fallen auch alle Ideen unter den Tisch, mit denen diese Parteien den Wahlkampf bestritten waren. Hier sind die wichtigsten Konzepte, die in dieser Legislaturperiode nicht umgesetzt werden, weil weder Union noch SPD sie in ihren Wahlprogrammen hatten.

1. Klimageld

Mit der Einführung des CO2-Preises ging eigentlich das Vorhaben einher, die Einnahmen aus der Emissionsabgabe wieder an die Bürger zurückzuzahlen. Die Idee war, das Geld gleichmäßig auf alle Einwohner Deutschlands in Form eines Klimageldes zu verteilen. Wer wenig CO2 verbraucht, würde dann Gewinn machen. Es gäbe also einen Anreiz, emissionsarm zu leben. 2024 hätte die Zahlung bei 129 Euro pro Kopf gelegen, mit dem CO2-Preis würde sie jedes Jahr steigen. Unter der Ampel-Koalition wurde das Vorhaben immer wieder geschoben. Vor allem die FDP bremste unter dem Vorwand, es gäbe für solche Kopfzahlungen keinen geeigneten Mechanismus.

Mittlerweile sind Steuernummer und Girokonten miteinander verknüpft, die FDP-Ausrede gilt also nicht mehr. Tatsächlich forderten im Wahlkampf aber nur die Grünen und die Linken explizit ein Klimageld. Die SPD hat es als Beispiel eines Ausgleichsmechanismus noch in ihrem Programm, aber erst ab 2027. CDU/CSU reden von einem Klimabonus, meinen damit aber die Senkung von Stromsteuer und Netzentgelten, kein Klimageld.

2. Kindergrundsicherung

Was wurde in der letzten Legislaturperiode nicht hart um die Kindergrundsicherung, ein Lieblingsprojekt der Grünen, gerungen, besonders mit der FDP. Die Idee war, bestehende Leistungen für Kinder wie Kindergeld, Kinderzuschlag und die Leistungen aus dem Sozial- und Teilhabepaket in einer neuen Kindergrundsicherung zu bündeln, das dabei ausgezahlte Geld dabei deutlich zu erhöhen, die Verwaltung dafür zu digitalisieren und allen Eltern proaktiv anzubieten, damit kein Kind darauf verzichten müsse. 

Da die Grünen nun kein Teil der neuen Regierung sind, wird das nicht passieren. Neben ihnen hatte nur die Linke ebenfalls eine Kindergrundsicherung gefordert. Union und SPD planen, bei den bestehenden getrennten Leistungen zu bleiben. Möglicherweise erhöhen sie das Kindergeld, auch ein Online-Portal soll eingerichtet werden. Allerdings müssen sich Familien weiter selbst um den Antrag kümmern, was nachweislich ärmere Familien ausschließt, deren Deutsch-Kenntnisse oder Kompetenzen im Behördendschungel nicht ausreichen.

3. Bundesweiter Mietendeckel

Zwar gibt es eine bundesweite Mietpreisbremse, doch nicht einmal bei der ist sicher, ob sie im kommenden Jahr noch existiert. Dazu müssten Union und SPD eine Verlängerung beschließen. Viel weiter gegangen wären die Linken, die einen bundesweiten Mietendeckel gefordert hatten. Damit wären sechs Jahre lang fast alle Mieterhöhungen verboten gewesen. Das BSW hatte so etwas zumindest für angespannte Immobilienmärkte, also zum Beispiel in Großstädten, gefordert. Passieren wird davon nichts. Die SPD möchte zumindest die Mietpreisbremse auf Kurzzeitvermietungen und möblierte Wohnungen ausdehnen. Die Union hält davon wenig.

4. Niedrigere Mehrwertsteuer auf Lebensmittel

Die heftigen Inflationsraten der Vorjahre haben besonders ärmere Menschen in Deutschland getroffen. Sie geben einen prozentual höheren Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel und andere Dinge des alltäglichen Bedarfs aus. Um sie zu entlasten, hatte die Linke und das BSW gefordert, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel komplett zu streichen. Derzeit liegt sie noch bei sieben Prozent.

Die SPD hatte zumindest eine Senkung von sieben auf fünf Prozent in ihrem Programm, aber selbst die dürfte mit der Union schwer durchsetzbar sein. Die wiederum möchte nur den Steuersatz in der Gastronomie von 19 auf sieben Prozent senken. Das würde übrigens Besserverdienern am meisten nutzen, denn diese gehen tendenziell häufiger auswärts essen als ärmere Menschen.

5. Günstigeres Deutschlandticket

Angefangen hatte alles einmal mit einem Neun-Euro-Ticket für den Nahverkehr. Was in der Corona-Krise noch möglich war, ist den meisten Parteien jetzt ein Gräuel. Lediglich die Linken forderten im Wahlkampf die Rückkehr zum Neun-Euro-Ticket. SPD und Grüne wollen es auf dem jetzigen Preis von 58 Euro pro Monat halten. AfD und BSW nannten keine Preise, nur, dass es „ehrlich“ (AfD) und „bezahlbar“ (BSW) bleiben solle. Auch FDP und Union setzten sich nicht für Änderungen ein. Die Neun-Euro-Zeiten werden also so schnell nicht wiederkommen.

6. Abschaffung des Ehegattensplittings

Für Ökonomen ist längst klar, dass das Ehegattensplitting aus der Zeit gefallen ist. Sie argumentieren, dass es alte Familienmodelle, bei denen der Mann arbeitet und die Frau daheimbleibt, bedient. Entsprechend hatten die Grünen, die AfD und die Linken sein Ende gefordert. Die Union möchte aber an dem bisherigen Konstrukt festhalten, auch die SPD spricht sich nicht weiter dagegen aus. Dabei hätte eine Änderung hier für die Lebenswirklichkeit der meisten Paare und Familien in Deutschland keine Nach- sondern nur Vorteile. Wer daraufgesetzt hat, muss jetzt aber bis mindestens 2029 warten.

7. Die wildesten Vorschläge

Die fünf bisher genannten Punkte haben gemein, dass sie nicht so abwegig sind, als dass sie nicht theoretisch nach der Wahl hätten umgesetzt werden können. Es ist nicht einmal abwegig, dass sich eine Regierungskoalition aus Union und SPD im Laufe der Zeit daran bedient.

Daneben waren Parteien aber auch mit Vorschlägen angetreten, die radikale Änderungen bedeutet hätten, aber nie eine reale Chance auf Umsetzung hatten. Das betrifft vor allem Forderungen der AfD. Die bräuchte schon die alleinige absolute Mehrheit, um etwa genug Stimmen im Bundestag für eine Rückkehr zur D-Mark oder den Austritt aus der EU zu finden. Auch die Reaktivierung von Nordstream 2 und Erdgaskäufe aus Russland waren von Anfang an utopisch.

Gemeinsam mit dem BSW hatte die AfD zudem die Forderung nach einer Abschaffung des CO2-Preises in ihrem Programm. Auch das hätte in einer Welt, die gegen den Klimawandel kämpft, keine Chance gehabt – schon allein, weil Deutschland sich im Rahmen der EU zu einer solchen Abgabe verpflichtet hat. Beide Parteien waren sich auch einig darin, die militärische Unterstützung der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland zu beenden.

Auch die Linken haben ein paar unrealistische Forderungen in ihrem Wahlprogramm. Den Wunsch nach der Wiedereinführung der Vermögensteuer teilen sie zwar mit der SPD und den Grünen, die Höhe von jährlich zwölf Prozent für Milliardäre kann die Partei zwar logisch erklären, Mehrheiten dafür wären aber wohl sehr weit weg gewesen. Gleiches gilt für die Idee, Privatjets und Mega-Yachten zu verbieten. Hier wären auch viele grundlegende rechtliche Fragen zu klären gewesen, um ein mit der Verfassung konformes Gesetz zu formulieren.