Flüchtlinge in der Region: Experten wünschen sich „menschliche“ Politik

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Die Flüchtlingsunterbringung stellt Behörden weiter vor Probleme. (Archivbild) © Marcus Brandt/dpa

Das Thema Asyl ist allgegenwärtig und kontrovers: An einem Diskussionsabend in Wolfratshausen kommen Experten zur Migration zu Wort. Sie haben Wünsche.

Wolfratshausen - Menschlichkeit: Auf diesen einfachen Nenner ließ sich die Debatte um Migration und Integration bringen. Der Ortsverband der Grünen hatte dazu Vertreterinnen des Asylhelferkreises Wolfratshausen sowie die Landtagsabgeordnete Gülseren Demirel, Sprecherin für Integration, und den Fürstenfeldbrucker Stadtrat und Caritas-Referenten für Migration, Willi Dräxler, ins Wirtshaus Flößerei eingeladen.

Die Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Gülseren Demirel (li.), und der Fürstenfeldbrucker Stadtrat und Caritas-Referent für Migration, Willi Dräxler, diskutierten mit Ute Mitschke (2. v. li.) und Ines Lobenstein vom Wolfratshauser Asylhelferkreis, wie Integration gelingen kann.
Wie Integration gelingen kann, darüber diskutieren die Landtagsabgeordnete der Grünen, Gülseren Demirel (li.), und der Fürstenfeldbrucker Stadtrat und Caritas-Referent für Migration, Willi Dräxler, mit Ute Mitschke (2. v. li.) und Ines Lobenstein vom Wolfratshauser Asylhelferkreis. © Matthias Wupper

Im Gegensatz zu anderen Orten, wo sich die Ehrenamtlichen nach 2015/16 zurückgezogen haben, ist der Asylhelferkreis in Wolfratshausen mit aktuell 82 Mitgliedern zwischen 18 und 89 Jahren immer noch sehr aktiv. Die Vorsitzende Ines Lobenstein berichtete, dass 90 Prozent der mit der ersten Welle angekommenen Flüchtlinge heute Arbeit hätten. Viele von ihnen würden den Verein dadurch unterstützen, dass sie für die jetzigen Asylbewerber dolmetschten, sagte Ute Mitschke vom Helferkreis. Für den Christkindlmarkt am vergangenen Wochenende haben Frauen Plätzchen gebacken und syrische Spezialitäten gekocht. Den Erlös wollten sie der Obdachlosenhilfe der Caritas spenden, die Lobenstein leitet. Auf die Frage von Moderator Peter Lobenstein, was sie sich von der Politik wünsche, sagte seine Frau: „Dass sie menschlich handelt“.

Deutschland braucht Zuwanderung: sind Flüchtlinge dafür hilfreich?

Willi Dräxler sagte, der Schutz von Flüchtlingen sei eine christliche Pflicht, die „irreguläre Migration“ für ihn ein Unwort. Auch er stellte das Positive in den Vordergrund: Laut Statistik seien 2013 nur 12 600 Asylbewerber sozialversicherungspflichtig und somit in Arbeit gewesen. 2023 seien es bereits 77 000 gewesen. Auf diesen Aspekt ging auch Gülseren Demirel ein. Deutschland brauche die Erwerbszuwanderung, sagte die Tochter türkischer Gastarbeiter. 300 000 Menschen würden jährlich benötigt. Leider habe die Große Koalition 16 Jahre lang das Thema demografischer Wandel verschlafen. Ab 2015 wiederum sei das Asylgesetz durch Merkels Willkommenskultur „sehr überstrapaziert“ worden. Armutszuwanderung sei legitim, aber nicht über das Asylrecht, meinte Demirel.

Die Wolfratshauser Grünen diskutieren im Gasthaus Flößerei über Migration und Integration.
Zahlreiche Zuhörerschaft: Auch viele freiwillige Asylhelfer waren zum Diskussionsabend ins Wirtshaus Flößerei gekommen. © Matthias Wupper

Ihrer Meinung nach sollte es die Politik Einwanderern, die zumeist „in ihren besten Arbeitsjahren“ kämen, leichter machen – durch Bürokratieabbau und weniger Abschiebungen. Arbeitgeber würden bereitwilliger in Sprachkurse und Fortbildungen ihrer ausländischen Mitarbeiter investieren, wenn sie wüssten, dass diese ihnen blieben. „Es hat sich da was bewegt. Mal schauen, wie es in der Praxis funktioniert“, meinte die Sozialpädagogin.

2000 Flüchtlinge aus der Ukraine im Landkreis untergebracht

In der Diskussion ging es vor allem um die Integration vor Ort. Die Kommunen müssten vom Staat mehr Geld dafür bekommen, forderte Demirel: „Die Staatsregierung fühlt sich nur für ein Dach über dem Kopf und ein Bett zuständig“. Ohne die Ehrenamtlichen würde das ganze Asylsystem zusammenbrechen, sagte die Referentin unter dem Applaus der Zuhörer, unter ihnen viele freiwillige Helfer. Die aktuell zahlreichen Geflüchteten aus der Ukraine – im Landkreis sind es 2000 von 3600 – lebten in Asylunterkünften, weil sie keine bezahlbaren Wohnungen fänden. Hier dürften die Kommunen beim Wohnungsbau nicht alleine gelassen werden.

Zu den Protesten gegen Sammelunterkünfte – wie zuletzt im Dietramszeller Ortsteil Bairawies – machte die Landtagsabgeordnete deutlich: Das Verhältnis der dort untergebrachten Menschen zur Einwohnerzahl muss stimmen. Und: „Wir brauchen die Bevölkerung, damit Integration gelingt.“

TANJA LÜHR

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