Verein „Rettet die Isar jetzt“ wird 50 Jahre alt - und befürwortet Kraftwerk im Loisach-Isar-Kanal
Seit 50 Jahren existiert der Verein „Rettet die Isar jetzt“. Bei einem Pressetermin sprachen Vorsitzender Karl Probst, Beisitzer Stephan Bammer und Christian Buchner nun über die aktuellen Ziele.
Bad Tölz-Wolfratshausen - Seit 50 Jahren gibt es den Verein „Rettet die Isar jetzt“, wobei das „jetzt“ angesichts der nur langsamen – aber doch stetigen – Erfolge fast ein wenig ironisch erscheint. Über eine Namensänderung sei diskutiert worden, man habe sich aber dagegen entschieden, sagt Dr. Karl Probst.
Der Vorsitzende aus Lenggries und seine Vorstandskollegen sind nicht generell dagegen, dass die Menschen sich den einstigen Wildfluss Isar für die Stromgewinnung durch Wasserkraftwerke zunutze machen. Wasserableitungen, Begradigungen und andere Maßnahmen müssten aber naturverträglich geschehen, fordert der rund 300 Mitglieder starke Verein, der einst als Notgemeinschaft gegründet worden war.
50 Jahre Verein „Rettet die Isar jetzt“: Ickinger Wehr für Verein ein Erfolgsmodell
In einem Pressegespräch mit zwei Ortsterminen erläuterten Probst und die Beisitzer Stephan Bammer und Christian Buchner die aktuellen Ziele. Die Tour startete am Ickinger Wehr – für „Rettet die Isar jetzt“ ein Erfolgsmodell. Es wurde, wie das Walchenseekraftwerk, 1924 zur Ökostrom-Gewinnung gebaut. Das Bauwerk mit Brücke teilt die Isar in einen Arm mit rund 15 Kubikmeter Restwasser und den Mühltalkanal auf.

Es dient auch als Hochwasserschutz. Isarranger Bernhard März, der ebenfalls an der Führung teilnahm, erklärte, dass sich Hochwasserereignisse wie das von 1999 auf die Natur an sich positiv auswirkten. Die Wassermassen hätten damals Teile des Auenwalds zwischen Ickinger Wehr und Straßlach mitgerissen. Dadurch hätten sich Kiesbänke gebildet als wertvolle Lebensräume, etwa für die Strauchart Deutsche Tamariske, den Flußregenpfeifer und die Flussuferwolfspinne.
Positivbeispiel Auenbach: Für Ökosystem wertvolle Pflanzen und Tiere angesiedelt
Ein weiteres positives Beispiel im Zusammenhang mit dem Stauwehr ist der Auenbach, ein rund 1,3 Kilometer langer, linker Seitenarm der Isar. Er wurde 2015 als ökologische Ausgleichsfläche für eine erhöhte Ausleitung in den Mühltalkanal von der Uniper Kraftwerke GmbH angelegt. Etwa 900 Meter unterhalb des Wehrs kehrt er zurück in die Isar. Auch hier haben sich für das Ökosystem wertvolle Pflanzen und Tiere angesiedelt.
An der nächsten Station, dem Wehr im Loisach-Isar-Kanal in Farchet, ist seit 2015 ebenfalls ein kleines Wasserkraftwerk geplant. Da seit dem Bau des Walchenseekraftwerks zusätzlich Wasser aus dem Flusssystem der Isar in den Kochelsee und damit in die Loisach gelang, stieg das Überschwemmungsrisiko für Wolfratshausen. Um die zusätzlichen Wassermassen an der Stadt vorbeizuleiten, wurde der Kanal errichtet.
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Er wird bei Beuerberg aus der Loisach ausgeleitet. Ein Stück unterhalb des Farcheter Wehrs trifft er auf die Isar. Das dortige Gefälle von rund drei Metern könnte für die Stromgewinnung genutzt werden. Etwa 1,50 Meter müssten durch Abgrabung hinzukommen. Das Kraftwerk könnte am Übergang vom Kanal in die Isar entstehen. Es könnte laut Probst 1400 bis 3000 Haushalte mit Strom versorgen.
„Rettet die Isar jetzt“: Loisach-Isar-Kanal - Konzession wird 2030 neu vergeben
Der Vereinsvorsitzende hat prinzipiell nichts gegen diese Pläne. Es handle sich beim Loisach-Isar-Kanal schließlich um ein künstliches Gewässer. Allerdings nur unter der Bedingung, dass die künftigen Kraftwerksbetreiber – im Gespräch sind die Bayernwerk AG und die Stadtwerke Bad Tölz – keinerlei vertragliche Ansprüche auf eine bestimmte Wassermenge haben dürfen, die dann zu Lasten der Menge am Walchenseekraftwerk gehen würde.
Wie berichtet wird die Konzession für den Betrieb des letzteren 2030 neu vergeben (siehe Kasten). Der Freistaat dürfe in seiner Verhandlungsfreiheit gegenüber dem künftigen Betreiber nicht in irgendeiner Form eingeschränkt werden, so Probst.
Aus Naturschutzsicht spricht für Isarranger März ebenfalls nichts gegen den Bau, solange das FFH-Gebiet nicht berührt und die europäische Wasserrahmenrichtlinie eingehalten werde. Diese sorgt dafür, dass bis zum Jahr 2027 alle Gewässer in einen möglichst guten ökologischen Zustand versetzt werden. März nannte den Einbau von Fischtreppen als Beispiel. Von Tanja Lühr
Info
Im 50. Jahr ihres Bestehens kämpfen die Isar-Retter, heuer mit dem Umweltpreis des Landkreises ausgezeichnet, unvermindert für den Erhalt des Wildflusses. Der Bau des Walchenseekraftwerks zwischen Walchen- und unterhalb gelegenem Kochelsee, für dessen Betrieb die Isar abgeleitet wurde, und später des Sylvensteindamms, waren tiefe Einschnitte in die Natur. Seitdem führen nicht nur die Isar, sondern auch der Rißbach und der Jachen sehr wenig Wasser. Das Wasser des Rißbachs wurde unterirdisch in den Walchensee befördert; der natürliche Abfluss Jachen wurde dichtgemacht. Der größte bisherige Erfolg des Vereins war die Teilrückleitung der Oberen Isar im Jahr 1990, wobei sie laut Probst immer noch deutlich zu wenig Wasser hat. Auch die Einführung von Isarrangern durch den Landkreis geht auf eine Initiative von „Rettet die Isar jetzt“ zurück.
Das Hauptaugenmerk gilt nun der Neuvergabe der Wasserrechte für das Walchenseekraftwerk im Jahr 2030. Probst und seine Mitstreiter haben eine Petition an den Bayerischen Landtag verfasst. Darin fordern sie, dass sich der Freistaat Bayern und die Bundesrepublik Deutschland, die den Kraftwerksbetreiber Uniper SE fast vollständig aufgekauft hat, „zeitnah auf eine Rückführung aller Uniper-Wasserkraftwerke in Bayern in das Eigentum des Freistaats verständigen“. Wasserkraft zählt für den Verein zur kritischen Infrastruktur, die unter die Kontrolle der öffentlichen Hand gehört. Laut Probst gibt es im Landtag zahlreiche Unterstützer. Aus seiner Sicht ist es wichtig, dass der Rißbach und der Jachen wieder genügend Restwasser erhalten, dass ein neuer Vertrag für maximal 25 Jahre gilt, dass ein Geschiebe-Management erarbeitet wird und dass ein Teil des Gewinns durch das Kraftwerk in der Region bleibt.