Serie „Gelebte Integration“: Wie ein Böbinger Firmenchef Geflüchteten eine Chance gibt

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Zufrieden im Team sind (v.l.) Firmenchef Franz Mayr, Mohammad Hazara, Adna Grgic, Zsofia Kovács und Mosavj Sayedahmadrasa. © Emanuel Gronau

Seit dem Treffen von Rechtsextremisten und AfD-Politikern in Potsdam, bei dem es auch um die zwangsweise Aussiedlung von Menschen mit Migrationshintergrund ging, ist das Thema in aller Munde. In einer Serie stellen wir Beispiele gelungener Integration vor.

Böbing – „Es zählt nicht, wo Du herkommst, sondern einzig, wohin Du willst!“, steht auf der Homepage der Böbinger Firma „Mayr Edelstahl- und Metallkonstruktionen GmbH“. Und dass Inhaber Franz Mayr das so niederschwellig meint, wie es unter der Rubrik „Zukunft gestalten“ ausgeführt wird, spricht für den 58-Jährigen, der die Firma 1993 mit drei Mitarbeitern gegründet und mittlerweile 95 Angestellte hat.

Einer von ihnen ist Mohammad Hazara (27), als Sohn afghanischer Eltern im Iran geboren. In Ermangelung irgendwelcher Lebensperspektiven flüchtete er 2015 erst mit seinen Eltern in die Türkei und überstand anschließend allein mit 44 weiteren Flüchtlingen eine Schlauchbootfahrt nach Griechenland. Im überfüllten Boot erreichte er, trotz schlechten Wetters, nach acht bangen Stunden heil das Lager auf einer Insel, deren Name gestern wie heute keine Bedeutung für ihn hat. Mit Fähre, zu Fuß und auf einem Lkw konnte er sich später nach Deutschland durchschlagen, wo er nach verschiedenen Stationen in Böbing landete.

Asylhelferin Elisabeth Müller und Franz Mayr verhalfen ihm mit einer Lehrstelle zum Start in ein neues Leben. Mayr erwähnt stolz, dass Hazara die Prüfung nach der 3,5-jährigen Lehrdauer schon vor einiger Zeit „mit Bravour abgeschlossen“ habe.

Firmenchef ist mit jedem Mitarbeiter per DU

Einen jahrelangen Weg hat Mosavj Sayedahmadrasa hinter sich. Flucht aus Afghanistan, vier Jahre Iran, sechs Monate Türkei, auch er Überfahrt auf einem überfüllten Schlauchboot, ein halbes Jahr Camp Moria, Serbien, Deutschland. Er, der in seiner Ex-Heimat schon einen vierjährigen Managerlehrgang absolviert hatte, fing in Böbing vor knapp einem Jahr als Metallbau-Helfer an. „Sobald er unsere Sprache noch besser erlernt hat, kann er seine Ausbildung zum Metallbauer beginnen“, sagt Firmenchef Mayr zuversichtlich. Der 33-Jährige freut sich und strahlt beim anschließenden Gruppenfoto besonders.

Seit Mayr vor über 30 Jahren seine Firma aufgebaut hat, ist er mit wirklich jedem Mitarbeiter und jeder Angestellten per Du. Sein Credo: „Ich will das nicht, dass man mich mit Sie anredet, man muss den Menschen sehen.“ Darum gab er 2017 auch Adna Grgic aus Bosnien-Herzogowina, deren Familie 2014 nach Peißenberg gekommen war, „trotz erheblicher Sprachbarriere“ eine Chance. Die heute 23-Jährige hatte sich nach einer erfolgreichen Schullaufbahn beworben und inzwischen ihren Abschluss als Kauffrau für Büromanagement in der Tasche. „Wir sind stolz darauf, dass sie sich so toll entwickelt hat“, sagt der Firmenchef. Aber Grgic will weiter. Über die Abendschule strebt sie den Abschluss als kaufmännische Fachwirtin an.

Die Böbinger Metallbaufirma ist groß geworden in den vergangenen Jahrzehnten und so gibt es für die Reinigungskraft Zsofia Kovács immer etwas zu tun. Bereits mehrfach hatte sie über Leihfirmen hier gearbeitet, bevor Mayr die 44-Jährige fest bei sich anstellte. Ihr wird für ihren Bereich „kein festes Schema vorgeschrieben“. Er kann sich auf die bewährte Arbeit der Frau verlassen.

Von Emanuel Gronau

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