OB von München erregt sich über Miesbacher Dreistigkeit

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Eine Frage des Blickwinkels: Im Münchner Stadtrat wurde das Thema Trinkwassergewinnung im Mangfalltal deutlich anders dargestellt, als es teils den Fakten entspricht. © THOMAS PLETTENBERG

Die Stadtwerke München (SWM) haben gestern in der Vollversammlung den Münchner Stadtrat hinter sich geschart. Einstimmig unterstützte das Plenum dabei den Dringlichkeitsantrag, den Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eingereicht hatte.

Der von OB Reiter eingereichte Dringlichkeitsantrag (wir berichteten) ging einstimmig durch. Per Beschluss wird nun das Landratsamt Miesbach als zuständige Behörde für die Erweiterung der bestehenden Wasserschutzzone Thalham-Reisach-Gotzing von der Landeshauptstadt aufgefordert, „das Verfahren zum Erlass einer Wasserschutzgebietsverordnung umgehend wieder aufzunehmen und abzuschließen, damit die wichtigste Quelle der Münchner Trinkwasserversorgung ausreichend geschützt wird. Es geht um den Schutz der Trinkwasserversorgung für 1,6 Millionen Münchnerinnen und Münchner“.

Zuvor hatte SWM-Chef Florian Bieberbach betont, dass die sogenannten Altrechte der Landeshauptstadt immer wieder bestätigt worden seien. Letztlich gehe es auch diesmal nur darum, die Ausweisung des Wasserschutzgebiets zu verzögern. Die Forderung der Petition aus dem Landkreis, dass zuerst die Altrechte geprüft werden müssten, sei nach einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs von 2002 zu den Mühltaler Hangquellen unerheblich. „Dies hat der Petitionsausschuss ignoriert.“

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Zudem habe München, das das Verfahren nicht vorantreibe, keine Chance gehabt, im Petitionsausschuss Stellung zu beziehen. „Wir durften dort unsere Position nicht vortragen, auch das zuständige Umweltministerium nicht.“ Was so nicht ganz stimmt. Denn unserer Zeitung liegt eine Darstellung der SWM vor, die die Ausschussmitglieder vorab bekamen. Auch sei das Münchner Trinkwasser laut Bieberbach an einer der wichtigsten Gewinnungsanlagen ohne gültiges Wasserschutzgebiet.

„An Dreistigkeit nicht zu überbieten“.

In die Generalabrechnung bezogen die SWM auch die Berichterstattung im Landkreis mit ein. „Die Miesbacher Bürger werden von vorne bis hinten mit Falschinformationen gefüttert“, erklärte Bieberbach. Zudem sei die Mail von Miesbachs Bürgermeister Gerhard Braunmiller an OB Reiter (wir berichteten) „an Dreistigkeit nicht zu überbieten“. Reiter pflichtete dem bei: In Miesbach meine man mit Austausch, dass München deren Argumente übernehmen solle. Zudem sei es „eine glatte Unverschämtheit von der geschätzten Frau Landtagspräsidentin, uns vorzuhalten, dass wir Demokratie nicht verstanden haben“. Er werde sehr deutlich den Petenten schreiben, „und eine Rechtsaufsicht gibt es auch für den Bereich“.

Versöhnlicher klangen da einige Stadträte. So stellte Tobias Ruff (ÖDP/München-Liste) fest: „Es hilft nicht, wenn man von Ihnen so Bewertungen hört: ,Das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten.‘“ München habe im gesamten Umland ein Imageproblem, gerade in Miesbach. Dabei nehme man die SWM als internationalen Konzern wahr, „der in der irischen See Ölquellen ausbeutet und in Miesbach Wasserquellen“. Man brauche partnerschaftliches Miteinander und Dialog. Dies stellten auch weitere Stadträte fest.

Anwalt kontert Vorwürfe

Anwalt Benno Ziegler, der die Petenten im Kreis Miesbach vertritt, stellte auf Nachfrage unserer Zeitung im Sachvortrag im Stadtrat einige zentrale Unrichtigkeiten fest. So fungieren die SWM als Antragssteller für das Wasserschutzgebietsverfahren und hätten im März 2012 den Ausgangsantrag gestellt. Zudem gebe es derzeit durchaus ein Wasserschutzgebiet, das seit 1963 mit entsprechenden Beschränkungen der Grundstücksnutzung das Münchner Wasser schütze. Im Zuge dessen hätten die betroffenen Bauern alle auf Biolandwirtschaft umgestellt.

Zur Rechtsprechung über die Relevanz der Altrechteprüfung verweist Ziegler auf die Aussage der damaligen Umweltministerin Ulrike Scharf, die 2014 eine Prüfung der Frage, ob Altrechte bestehen, verlangt hatte. Zudem habe der Wasserrechtsexperte Prof. Martin Kment in seiner Stellungnahme vom September dargelegt, dass besagtes Urteil aus 2002 genau das Gegenteil belege.

OB will schreiben, nicht selbst reden

Dass OB Reiter in der Thematik rund um Wasserhaushaltsgesetz und Altrechte nicht wirklich sattelfest ist, gab Münchens Rathauschef selbst unumwunden zum Ende zu. Deshalb wolle er nicht selbst zum Fachgespräch auf Augenhöhe mit seinem Miesbacher Kollegen Braunmiller erscheinen, sondern jemand anderen schicken. Ein Vorhaben, das Stadtrat Jörg Hoffmann (FDP/Bayernpartei) kritisierte: „Ich glaube, das ist der falsche Weg. Der Oberbürgermeister trifft sich mit dem Bürgermeister – ich glaube, das ist es, was die im Umland erwarten und was die freuen würde.“

Ob das so kommen wird? Den Fragenkatalog, den unsere Zeitung am Dienstag an OB Reiter mit Bitte um Beantwortung geschickt hat, hat dieser an die SWM weitergereicht.

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