"Alles, was größer ist als Igel": Hungernde Nordkoreaner essen sogar seltene Tiere

Der Hunger und die Armut in Nordkorea ist offenbar so groß, dass die Menschen in dem autoritär regierten Land sogar seltene Tiere jagen. Zu diesem Schluss ist ein Team aus britischen und norwegischen Wissenschaftlern gekommen. Ihre Ergebnisse haben sie in der renommierten Fachzeitschrift  Biological Conservation veröffentlicht.

Der "Times" sagte Joshua Elves-Powell, Mitautor der Studie: "Fast jede Säugetierart in Nordkorea, die größer als ein Igel ist, wird opportunistisch gefangen, um sie zu verzehren oder zu verkaufen." Die nordkoreanischen Flüchtlinge, mit denen die Wissenschaftler gesprochen haben, erzählten, dass zum Beispiel Füchse, Dachse und Wiesel gegessen werden.

Nordkoreaner fangen in der Not Tiger und Leoparden

Selbst vor bedrohten Tierarten machen die Nordkoreaner in ihrer Verzweiflung keinen Halt: Sie fangen offenbar unter anderem die vom Aussterben bedrohten Sibirischen Tiger und Amurleoparden. Zuletzt hat sich die Tigerpopulation im angrenzenden China etwas erholt, doch nun warnen die Wissenschaftler: "Unsere Untersuchung zeigt, dass Tiger, die sich nach Nordkorea ausbreiten, Gefahr laufen, wegen ihrer Körperteile getötet zu werden, was sich negativ auf die sich erholende Tigerpopulation in der Region auswirken könnte."

Die gefangenen Tiere werden auf unterschiedliche Arten verwertet: Manch werden einfach gegessen, andere zu Geld gemacht. "Neben einem Binnenmarkt für Wildfleisch und Tierkörperteile entwickelte sich ein internationaler Handel, in dem Schmuggler versuchten, nordkoreanische Wildtierprodukte über die Grenze nach China zu verkaufen", sagte Elves-Powell der "Times".

Kim Jong-uns Regierung profitiert von Wildtierhandel

Zum Beispiel im Fall der Tiger ist das eigentlich verboten. Doch Nordkorea ist eines der wenigen Länder weltweit, das das Washingtoner Artenschutzübereinkommen nicht unterzeichnet hat. Womöglich liegt das auch an einem Eigeninteresse des Regimes von Kim Jong-un. Die Wissenschaftler kamen in ihrer Studie nämlich zum Schluss, dass auch die nordkoreanische Regierung vom Handel mit Wildtierprodukten profitiert.

In China, wohin die meisten Tiere verkauft werden, werden unter anderem Hirschgeweihe sowie die getrockneten Organe und Pfoten von Bären für traditionelle Medizin verwendet. Die Überläufer berichteten den Wissenschaftlern, dass für diesen Zweck sogar eigens Farmen betrieben werden, auf denen Bären, Hirsche, Otter und Fasane für den Handel mit ihren Körperteilen gezüchtet werden.

Nordkoreaner leben schon Jahrzehnte in Armut

Der Studie zufolge werden die Tiere im großen Stil gejagt, seit das staatliche Verteilungssystems der kommunistischen Regierung zusammengebrochen ist. Das löste Ende der 1990er-Jahre eine schwere Hungersnot aus. Zwar hat sich die Lage seither etwas verbessert. Doch noch immer gehört Nordkorea zu den ärmsten Ländern der Welt.