Zölle: Jetzt schlittert Trump ins „Triffin“-Dilemma und gefährdet den Dollar
„Wir werden einen Boom haben, wie wir ihn nie zuvor erlebt haben“, hat Donald Trump den USA versprochen, unter anderem in seiner Rede zum Amtsantritt. Bislang allerdings stellen sich die Amerikaner eher auf Preisanstiege und eine wieder wachsende Inflation ein, sobald die vom Präsidenten verfügten Einfuhrzölle im vollen Umfang wirksam geworden sind.
Unternehmen wie Porsche erwägen Preiserhöhungen, um die Auswirkungen der Zölle auszugleichen, während Einzelhändler wie Target bereits Umsatzrückgänge vermelden. Amerikanische Exporteure müssen sich derweil mit Gegenzöllen arrangieren, die von Mexiko und Kanada über Europa bis Asien als Antwort auf Trumps Maßnahmen verfügt wurden.
Der gefährlichste Part in Trumps Wirtschaftspolitik
Der gefährlichste Part in Trumps Wirtschaftspolitik ist aber sein mit nahezu religiöser Inbrunst geführter Kampf gegen das Handelsdefizit. Aus ihm resultiert sein Glaube an die Allmacht von „Zöllen“, dem nach seinem Urteil „viertschönsten Begriff im Wörterbuch“, knapp nach „Gott“, „Religion“ und „Liebe“.
Er will Schluss damit machen, dass die USA deutlich mehr Produkte aus dem Ausland einkaufen, als sie ins Ausland verkaufen. Aus Trumps Sicht ist jedes Handelsdefizit eine Niederlage, weil in den exportierenden Ländern an amerikanischen Konsumenten verdient werde.
Was er übersieht: Diese US-Konsumenten haben zugleich einen Vorteil, weil sie für ihre Textilien, pharmazeutischen Artikel, Smartphones oder Computer aus Asien weniger zahlen müssen, als wenn diese Produkte in den USA bei höheren Stundenlöhnen gefertigt würden. Das eingesparte Geld wandert vielfach in die heimische Gastronomie oder wird auf dem Immobilienmarkt ausgegeben.
Das Triffin-Dilemma: Trump gefährdet den Status des US-Dollar
Noch viel problematischer: Die Bemühungen des Präsidenten, das Handelsdefizit der USA zu beenden oder zumindest zu minimieren, gefährden den Status des US-Dollar als Weltreservewährung. Dieser Status ist eine direkte Folge nicht nur des Volumens der amerikanischen Wirtschaft, sondern exakt des von Trump bekämpften Handelsdefizits.
Das ist das sogenannte Triffin-Dilemma: Benannt nach dem amerikanisch-belgischen Ökonom Robert Triffin (1911-1993), beschreibt es die Schwierigkeit für eine Wirtschaftsmacht, einerseits innenpolitisch stabile Zahlungsbilanzen anzustreben und andererseits global genügend Liquidität bereitzustellen.
Über den Autor: Ansgar Graw
Ansgar Graw ist seit März 2020 Herausgeber des Debattenportals "The European". Zuvor war der studierte Historiker und Politikwissenschaftler 22 Jahre in wichtigen Positionen für die Tageszeitung DIE WELT tätig, darunter acht Jahre als politischer Chefkorrespondent in Washington D.C. Graw ist Autor erfolgreicher Bücher, darunter „Die Grünen an der Macht. Eine kritische Bilanz“. Soeben erschien sein Buch „Die Ära Trump. Chancen und Risiken für Amerika und die Welt“.
Weil die Zahlungsbilanzen eben nicht ausgeglichen sind, befinden sich Billionen an Dollar ständig außerhalb der USA. Staaten und Zentralbanken halten Reservewährungen als Devisenreserven, um ihre eigene Währung stabil zu halten und die Zahlungsfähigkeit gegenüber dem Ausland sicherzustellen. In wirtschaftlichen oder politischen Krisenzeiten greifen Länder auf diese Reserven zurück, um Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen und die eigene Währung zu stützen.
Wie Reservewährungen funktionieren
Beispiel Covid-Pandemie: In dieser Situation stieg die Nachfrage nach US-Dollar, was zu Spannungen auf den US-Dollar-Finanzierungsmärkten führte. Um diesen Bedarf zu decken, aktivierten beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB) und die Federal Reserve Swap-Linien, die es ermöglichten, US-Dollar-Liquidität bereitzustellen.
Diese Maßnahmen halfen, die Märkte zu stabilisieren und die Funktionalität des Finanzsystems aufrechtzuerhalten. Der US-Dollar wurde während der Pandemie aufgewertet, da Investoren ihn als sicheren Hafen betrachteten.
Beispiel Ecuador: Nach einer schweren Banken- und Währungskrise führte das südamerikanische Land im Jahr 2000 den US-Dollar als offizielle Währung ein, um Hyperinflation und Währungsabwertung zu stoppen.
Beispiel El Salvador: Auch das mittelamerikanische Land ersetzte 2001 seine Währung durch den US-Dollar, um wirtschaftliche Stabilität zu fördern und das Vertrauen in die Währung zu stärken.
Beispiel Simbabwe: Nach einer Phase extremer Hyperinflation entschied sich das Land im Süden Afrikas, den US-Dollar und andere Fremdwährungen als gesetzliche Zahlungsmittel zu akzeptieren, um die Wirtschaft zu stabilisieren.
Beispiel Kambodscha: Neben der Landeswährung Riel wird der US-Dollar offiziell akzeptiert in der konstitutionellen Monarchie in Südostasien, die einem Einparteienstaat nahekommt. Der Dollar ist keine Schwarzmarktwährung, sondern hat einen nahezu festen Umrechnungskurs (4012 Riel entsprechen einem Dollar).
Beispiel Argentinien: Präsident Javier Milei, seit Dezember 2023 im Amt, hat mehrfach eine „Dollarisierung“ seines Landes angekündigt. Dollarisierte Volkswirtschaften wie Ecuador, El Salvador und auch Panama haben sich durch Widerstandsfähigkeit, Stabilität und nachhaltiges Wachstum ausgezeichnet.
Es gab weder Währungskrisen noch „Bank Runs“, wo Tausende von Sparern aus Angst vor einem Kollaps der nationalen Währung ihr Bankkonto leerräumen wollten. Die Dollarisierung mindert Wechselkursrisiken und sichert zudem den Zugang des Privatsektors zu Krediten.
Sollte es Trump gelingen, das Handelsdefizit der USA abzubauen oder zumindest zu verkleinern, würde der Abfluss von US-Dollar ins Ausland gestoppt oder deutlich reduziert. Da der Dollar bislang die dominierende Währung im internationalen Handel und in Finanztransaktionen ist, könnte ein geringeres Angebot an Dollars auf dem Weltmarkt die Liquidität der globalen Wirtschaft reduzieren. Volkswirtschaften, die vom Zugang zu Dollar-Liquidität abhängig sind, gerieten in Schwierigkeiten.
Die Vorteile für die USA
Nun dürfte Trump zu derartigen Szenarien sagen: Was juckt mich das? Aber der Charakter des US-Dollar als Weltleitwährung bringt auch den USA selbst enorme Vorteile. Dank der weltweiten Nachfrage beispielsweise nach US-Staatsanleihen kann die US-Regierung Kredite zu deutlich niedrigeren Zinssätzen aufnehmen als andere.
Zudem steigert die Kontrolle über die vorherrschende Weltwährung Washingtons wirtschaftlichen und politischen Einfluss in erheblicher Weise. Länder wie Südkorea und Thailand rechnen über 80 Prozent ihrer Ausfuhren in Dollar ab, obwohl nur etwa 20 Prozent in die Vereinigten Staaten gehen.
Und Erdöl wird gar weltweit nach dem Kurs des (Dollar-ähnlichen) Petrodollar verkauft. Bei der Bank für internationalen Zahlungsverkehr (BIZ) laufen über 80 Prozent aller Devisengeschäfte mit dem Dollar als Referenz-Größe.
Diese starke Stellung des Dollar ermöglicht es, Sanktionen effektiv durchzusetzen, globale Finanzregeln zu gestalten und die internationale Wirtschaftspolitik zu beeinflussen – genau aus diesem Grund forderten in der Vergangenheit bereits die Präsidenten Xi und Putin, die Rolle des US-Dollars als Weltleitwährung zu beenden.
Der damalige EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker und der Grünen-Politiker Robert Habeck wollten statt des Dollar den Euro zur globalen Reservewährung machen.
Erfüllt Trump unfreiwillig den Traum der Dollar-Gegner?
Erfüllt Donald Trump jetzt unfreiwillig den Traum dieser Dollar-Gegner? Wahrscheinlicher ist, dass er die Kategorien Importe und Exporte in seiner Amtszeit nicht ausgleichen wird, sondern durch die von ihm so geliebten Zölle eher die Verteuerung der Waren im eigenen Land vorantreibt, die Inflation anheizt und die Weltwirtschaft ins Trudeln bringt.
Nebenbei: Seit Trumps Wahl ist das Außenhandelsdefizit der USA auf neue Höchstwerte gestiegen. Viele Händler und Konsumenten haben sich noch im Ausland versorgt und Vorräte angelegt, um den Zöllen zuvorzukommen. Das wird nach Wirksamwerden der Zölle abnehmen.
Dafür droht der unter Biden inflationsgeplagten, jedoch insgesamt starken US-Wirtschaft etwas anderes: Trump äußerte in den vergangenen Tagen die Warnung, dass es in den USA möglicherweise erst einmal einiger Schmerzen bedürfe, ehe das Land wieder richtig groß würde.
Eine Rezession schloss er nicht aus. An der Wall Street entstand bereits der Begriff „Trumpzession“.
*Der Beitrag "Warum Trumps Politik die Vormacht des Dollars gefährdet" wird veröffentlicht von The European. Kontakt zum Verantwortlichen hier.