„Darf nicht heißen: Rüstung oder Rente“: Durch Scholz-Pläne droht nächster Ampel-Knall

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Droht „Rüstung oder Rente“? Durch Scholz-Pläne kündigt sich nächster Ampel-Knall an

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Olaf Scholz will die Verteidigungsausgaben künftig aus dem Haushalt stemmen. Grüne und SPD fürchten dadurch einen Angriff auf den Sozialstaat. Die nächste Ampel-Krise droht.

Berlin – Erstmals seit Jahrzehnten hat Deutschland das in der Nato vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel an Rüstungsausgaben auch wirklich eingehalten. Gelingen konnte dies allerdings auch dank des Sondervermögens für die Bundeswehr, das Kanzler Olaf Scholz nach seiner berühmten „Zeitenwende“-Rede kurz nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges angekündigt hatte. Mittlerweile dauert der Krieg zwei Jahre an – auch hierzulande steigen die Sorgen, dass die Angriffsgier Russlands sich auch auf Nato-Gebiet ausweiten könnte.

Verteidigungsausgaben auf Kosten des Sozialstaates? Ökonom warnt – „Kanonen und Butter, das geht nicht“

Klar ist, Deutschland muss weiter aufrüsten. Unklar ist allerdings, wie das nach Verbrauch des Sondervermögens vonstattengehen soll. Ärger liegt in der Luft. Grundlage der Debatte: Ginge es nach Olaf Scholz, wird das Nato-Ziel auch in den kommenden Jahren erfüllt. „Von 2028 an wollen wir aus dem allgemeinen Haushalt bestreiten, was nötig ist, um das Zwei-Prozent-Ziel zu erreichen. Das ist nicht einfach, wir können das aber bewältigen“, sagte der Kanzler kürzlich in der SZ.

Ein Plan, der nicht umstritten ist. Etwa in der Talkshow „Maybrit Illner“ waren sich Finanzminister Christian Lindner und Grünen-Chefin Ricarda Lang zu dem Thema nicht ganz einig. Besonders Lang warnte davor, dass die Verteidigungsausgaben auf Kosten des Sozialstaates – Sozialausgaben nehmen immerhin den größten Teil des Bundeshaushalts ein – gehen könnte. Top-Ökonom Clemens Fuest nahm der parallelen Vereinbarkeit von Sozialstaat und Verteidigungsausgaben ohne Einsparungen an mancher Stelle in der TV-Show schnell den Wind aus den Segeln, sprach von „Kanonen und Butter – es wäre schön, wenn das ginge. Aber das ist Schlaraffenland, das geht nicht“.

Scholz will die Verteidigungsausgaben aus dem Haushalt stemmen – auf Kosten von Sozialausgaben wie der Rente?
Scholz will die Verteidigungsausgaben aus dem Haushalt stemmen – auf Kosten von Sozialausgaben wie der Rente? © IMAGO / Political-Moments + IMAGO / Bihlmayerfotografie + dpa | Armin Weigel

Scholz will Verteidigungsausgaben aus Bundeshaushalt finanzieren – droht nächste Ampel-Spaltung?

Auch außerhalb der TV-Talks droht die Debatte – ähnlich wie die Themen rund um das Bürgergeld oder die Bezahlkarte für Asylbewerber – einen nächsten Keil in die Ampel-Koalition zu treiben. Besonders die SPD und die Grünen sehen in Scholz‘ Plänen zur Finanzierung der Verteidigung aus dem Haushalt ohne Sondervermögen einen direkten Angriff auf die Sozialsysteme.

„Die Sozialdemokratie steht nicht dafür bereit, die soziale Sicherheit von Familien mit Kindern, Auszubildenden und Studierenden oder Rentnerinnen und Rentnern zu beschneiden, um die notwendigen Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung zu finanzieren“, sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Aber: „Deutschland ist ein reiches Land, in dem viele sehr reiche Menschen leben, die einen größeren Beitrag zum Gemeinwohl leisten können und zum Teil auch bereit dazu sind.“

„Darf nicht heißen: Rüstung oder Rente“: Grüne und SPD sehen in Scholz-Plan Angriff auf Sozialsystem

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann äußert sich zu Scholz‘ Positionierung eher skeptisch. „Die hohen Summen, die notwendig sind (für die Verteidigung), werden wir durch Einsparquoten für jedes Ressort nicht erreichen“, sagte sie der Süddeutschen Zeitung (Samstag). „Es darf nicht heißen: Rüstung oder Rente.“ Ähnlich argumentierte auch die Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge in der Rheinischen Post (Samstag). Haßelmann denkt daher an andere Finanzierungsmöglichkeiten: „Neben der Diskussion über eine Reform der Schuldenbremse müssen wir auch nach anderen Möglichkeiten suchen, was Sondervermögen oder Investitionsgesellschaften angeht, um langfristige Investitionen zu ermöglichen.“

Der FDP-Chefhaushälter Otto Fricke pocht auf Einsparungen. „Wir müssen aufhören, immer nur von Prioritäten zu reden. Eine Stabilisierung des Haushaltes gelingt nur, wenn wir auch Nachrangigkeiten benennen. Das verlangt politisch aber mehr Mut“, sagte Fricke der Rheinischen Post. „Die Sozialleistungen stellen den mit Abstand größten Ausgabenblock im Bundeshaushalt dar, 2024 sind es rund 46 Prozent der Gesamtausgaben“, erklärte er. „Wichtig ist, dass ihr Anteil nicht weiter steigt und es auch keine neuen Leistungen gibt, um so genügend Spielraum für die dringend notwendige Wirtschaftswende zu haben.“ Nötig sei beides: dass Deutschland die Zwei-Prozent-Quote der Nato bei den Verteidigungsausgaben weiter erreicht und zugleich neue Impulse für mehr Wirtschaftswachstum gesetzt werden. 

Derweil ist nicht nur die Aufrüstung innerhalb Deutschlands umstritten. In der Politik herrscht auch eine heiße Debatte rund um die Militärhilfen für die Ukraine. Ein Antrag der Union, der explizit die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern enthielt, wurde im Bundestag abgelehnt – ein prominentes Ampel-Mitglied hatte sich aber zuvor auf die Seite der Opposition geschlagen. (han/dpa)

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