Kriegsschiff-Blamage in Nordkorea – vor Kim Jong-uns Augen: Der „verehrte Genosse“ tobt

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Kim Jong-un ist außer sich: Bei einem „schweren Unfall“ nahm offenbar ein neuer Zerstörer Nordkoreas Schaden. Die Reaktion ist durchaus bemerkenswert.

Am Donnerstag hat Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur KCNA vor allem Erfolgsmeldungen im Programm, wie eigentlich immer. Dass Soldaten beim Bau neuer Wohnungen „den Geist der mächtigen revolutionären Armee demonstrieren“, liest man dort zum Beispiel. Oder dass eine Gruppe Exil-Koreaner Blumen vor den Statuen von Kim Jong-uns Vater und Großvater in Pjöngjang niedergelegt habe.

Umso mehr sticht diese KCNA-Meldung aus dem orchestrierten Dauerjubel hervor: Bei einer „feierlichen Stapellauf-Zeremonie“ für einen neuen Zerstörer sei es am Mittwoch zu einem „schweren Unfall gekommen“. Was die ohnehin schon peinliche Angelegenheit noch schlimmer macht: Staatschef Kim musste das Ganze offenbar mitansehen.

Ärger in Nordkorea: „Der verehrte Genosse Kim Jong-un gab eine strenge Einschätzung ab“

„Nachdem er den gesamten Verlauf des Unfalls beobachtet hatte, gab der verehrte Genosse Kim Jong-un eine strenge Einschätzung ab und sagte, es handele sich um einen schweren Unfall und eine kriminelle Handlung, die durch schiere Unachtsamkeit, Verantwortungslosigkeit und unwissenschaftliche Empirie verursacht worden sei“, schreibt KCNA. Ein solcher Unfall hätte „niemals passieren dürfen und kann nicht toleriert werden“, sagte Kim demnach.

Die Verantwortlichen hätten „die Würde und die Selbstachtung unseres Staates herabgesetzt“, schimpfte der Diktator, der diese zudem „für ihren Fehler rügte“. Ob die Verantwortlichen bestraft werden, schreibt KCNA nicht – in Nordkorea droht in solchen Fällen Berichten zufolge oftmals Straflager oder sogar die Todesstrafe.

Unfall bei Stapellauf in Nordkorea: „Mangel an Präzision, Geschicklichkeit und Fachkenntnis“

Dem auf Nordkorea spezialisierten Fachportal NK News sagte Shin Seung-ki vom Korea Institute for Defense Analyses in Seoul, die Unterseite des Schiffsrumpfes sei bei dem Unfall wahrscheinlich „stark beschädigt“ worden. Schuld an dem Unfall sei wohl ein „Mangel an Präzision, Geschicklichkeit und Fachkenntnis“.

Auch wenn Negativ-Schlagzeilen in Nordkorea selten sind: Bereits 2023 und 2024 hatte das Land die Fehlstarts neuer Satelliten gemeldet – möglicherweise, um die beteiligten Ingenieure öffentlich zu demütigen. „Kim Jong-un hat eine emotionale Reaktion gezeigt, als er beschloss, nicht nur die Leute zu bestrafen, die seiner Meinung nach für den Vorfall verantwortlich sind, sondern diesen Vorfall auch öffentlich zu machen“, sagte der Nordkorea-Experte Andrei Lankov von der Kookmin University in Seoul nun zu dem Unfall vom Mittwoch. „Es bedeutet wahrscheinlich, dass Nordkorea einige seiner besten Schiffsingenieure verlieren wird“, so Lankov zu NK News.

Dieses Satellitenbild, das von Maxar Technologies am 18. Mai 2025 aufgenommen wurde, zeigt eine Gesamtansicht eines neuen nordkoreanischen Kriegsschiffs im Hafen von Chongjin.
Dieses Satellitenbild, das von Maxar Technologies am 18. Mai 2025 aufgenommen wurde, zeigt eine Gesamtansicht eines neuen nordkoreanischen Kriegsschiffs im Hafen von Chongjin. © Handout/Satellite image ©2025 Maxar Technologies/AFP

Schwesterschiff von beschädigtem Nordkorea-Zerstörer bereits vom Stapel gelaufen

Um welchen Zerstörer es sich handelt, blieb zunächst offen. KCNA vermeldete lediglich, dass das Schiff 5000 Tonnen wiege und in der Werft Chongjin im Nordosten des Landes gebaut worden sei. Kim Jong-un hatte die Werft erst im März besucht und dort einen wohl seit Mai 2024 im Bau befindlichen Zerstörer begutachtet.

Laut einer Analyse von Satellitenaufnahmen durch das Nordkorea-Projekt 38 North ist das Schiff etwa 143 Meter lang und offenbar baugleich mit einem anderen Zerstörer, der Ende April in der Werft Nampo vom Stapel gelassen wurde. Dieses zweite Schiff, die „Choe Hyon“, sei das Führungsschiff einer neuen Zerstörerklasse und ein „leistungsstarker Mehrzweck-Zerstörer“, erklärte Kim anlässlich des Stapellaufs im April.

Fachleuten zufolge kann die „Choe Hyon“ zwei taktische Kurzstrecken-Atomraketen tragen. Zudem verfüge sie über ein Luftabwehrsystem mit russischen Komponenten, was „die zunehmende Zusammenarbeit zwischen Pjöngjang und Moskau verdeutlicht“, wie Analysten der US-Denkfabrik CSIS schreiben. Nordkorea und Russland waren im vergangenen Jahr eine Verteidigungsallianz eingegangen. Kim Jong-un unterstützt zudem den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Waffen, Munition und Soldaten. Als wahrscheinlich gilt, dass er im Gegenzug von Russland mit Militärtechnologie versorgt wird.

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