Münchner Flughafen kündigt Betriebsrätin fristlos
Neli Birks, Betriebsrätin am Flughafen München, hat eine dienstliche E-Mail an ihre Privatadresse weitergeleitet und daraufhin die fristlose Kündigung kassiert. Nun laufen Arbeitnehmerverbände Sturm: Die Kündigung sei „absurd“.
Flughafen - Eurotrade, ein Tochterunternehmen der Flughafen München GmbH (FMG), hat der Betriebsrätin und Aufsichtsratskandidatin Neli Birks aus Freising fristlos gekündigt. Als Anstoß wird eine dienstliche E-Mail vermutet, die die Verkäuferin im Duty-Free-Bereich an ihre private Adresse weitergeleitet hat. Mehrere Arbeitnehmerverbände laufen nach Bekanntwerden des Vorgangs Sturm und werfen der FMG vor, eine unbequeme Mitarbeiterin loswerden zu wollen.
Offiziell nennt die FMG keinen Grund für die Kündigung. FMG-Pressesprecher Henner Euting: „Während des laufenden Verfahrens können wir leider keine Auskünfte geben. Wir können lediglich bestätigen, dass die Kündigung durch Eurotrade aufgrund eines gravierenden arbeitsrechtlichen Verstoßes erfolgt ist.“
Dem Vernehmen nach wirft man Birks vor, im Rahmen ihrer Betriebsratstätigkeit eine Liste mit Namen von Leiharbeitern an ihre private E-Mail-Adresse geschickt zu haben. „Ich habe die Excel-Tabelle zur Weiterbearbeitung an mich selbst weitergeleitet“, bestätigt Birks. „Mails an private Accounts sind bei der Firma Eurotrade üblich.“
„Die FMG hat nach einem Grund gesucht, um mich loszuwerden. Ich bin ihnen viel zu unbequem“, ist Birks überzeugt. Derselben Meinung sind auch mehrere Arbeitnehmerverbände, die in offenen Briefen und Pressemitteilungen Birks ihre Solidarität aussprechen.
Gewerkschaft Verdi: „Absoluter Skandal“
Es liege der Verdacht nahe, schreibt etwa der Verdi-Bundesfachbereichsfrauenvorstand, „dass hier versucht wird, durch eine haltlose Kündigung Tatsachen zu schaffen, um eine unbequeme, quirlige Betriebsrätin von einflussreicheren Positionen“ fernzuhalten. Der Münchner Verdi-Gewerkschaftssekretär Dominik Datz kritisiert den Vorfall als „absoluten Skandal“ und davon, dass der Flughafen die Betriebsrätin „auf eine plumpe und konstruierte Art und Weise“ gestoppt habe.
Die Katholische Arbeitnehmerbewegung wirft Eurotrade in einem vom Landespräses Michael Wagner unterschriebenen offenen Brief vor: Als Arbeitgeber „versuchen Sie, mit zweifelhaften Methoden wiederholt eine sozial engagierte Frau mundtot zu machen, die Männern zu aufmüpfig ist. Solcherlei patriarchale Verhaltensmuster entsprechen nicht dem Bild eines modern geführten Unternehmens.“ Und die Erzdiözese München und Freising schreibt von einem „Versuch der persönlichen Bedrohung und Einschüchterung“.
„Besonders absurd“ mache die fristlose Kündigung, „dass der Arbeitgeber selbst regelmäßig E-Mails mit datenschutzrelevanten Informationen an die privaten E-Mail-Adressen von Betriebsrät*innen schickt“, empört sich Hubert Thiermeyer, Verdi-Fachbereichsleiter für den Handel in Bayern über den Vorfall.
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Die Mutter ist Hauptverdienerin
Birks gibt sich kämpferisch: „Wir leben im 21. Jahrhundert. Ich habe Rechte, und die werde ich auch wahrnehmen.“ Vertreten wird sie durch den Münchner Rechtsanwalt Dr. Rüdiger Helm. Er stuft die außerordentliche Kündigung laut Verdi als „rechtlich unhaltbar“ und „schikanös“ ein. Beim Arbeitsgericht München wurde Klage gegen die fristlose Kündigung eingereicht. Zur Verhandlung kommt es am 16. September.
Zwar habe sie „absolut keine Angst“, dass die FMG mit der Kündigung vor Gericht durchkomme, „die Vorwürfe sind banal“, sagt Birks. Dennoch sei sie dieser Tage von großen Sorgen geplagt. „Ich bin Hauptverdienerin und habe wegen der Kündigung große private Sorgen“, erklärt die 44-Jährige, die zusammen mit ihrem Ehemann und einem elfjährigen Sohn in Freising lebt.
„Wir müssen den Kredit für unsere Wohnung noch zwölf Jahre lang abbezahlen.“ Aufgrund von massiven Ängsten, wie sie künftig ihre Familie finanziell über die Runden bringen kann, habe sie sich nun in psychologische Behandlung begeben müssen. „Das ist eine ganz schlimme Situation für mich und meine Familie.“
18 Jahre lang arbeitet Birks am Flughafen München, mehr als 15 Jahre bei der FMG-Tochterfirma Eurotrade. Seit rund fünf Jahren engagiert sie sich als Betriebsrätin, hat sich entschieden für die Rechte der Belegschaft eingesetzt, für mehr Lohn und verträgliche Arbeitszeiten gekämpft. „Alle Verdienste, die ich in dieser Zeit für das Unternehmen erbracht habe, zählen nichts. Es ist grausam, wie Eurotrade mit Menschen umgeht.“ Der Kündigung sei keine einzige schriftliche oder mündliche Abmahnung vorausgegangen.