Heuer das letzte Festival? Nach 30 Jahren Sinnflut sind die Macher ein bisschen müde
Das Kultfestival ist in Gefahr, denn die Organisatoren denken ans Aufhören. Heuer aber versprechen sie ein Zuckerl für alle Künstler.
Erding - Es gibt viele gute Nachrichten zum 30. Jubiläum des Kultfestivals Sinnflut, aber auch eine besorgniserregende. Zuerst zum Positiven: „Als Dankeschön an alle Kulturschaffenden und als Werkschau haben wir heuer ausschließlich Künstler auf der Bühne, die etwas mit Erding zu tun haben“, sagt Börnie Sparakowski im Gespräch mit der Heimatzeitung. Zusammen mit Peter Feller hat der Erdinger das Festival von Anfang an organisiert.

Damals noch belächelt, hat es sich zu einer festen Größe im Kultur-Kalender der Stadt entwickelt, die Besucher weit über die Landkreisgrenze hinaus anzieht. An elf Tagen, von Donnerstag, 25. Juli, bis Sonntag, 4. August, können die Besucher heuer zum 30. Mal die unvergleichliche Atmosphäre in den Biergärten und auf dem Markt, die internationale Kulinarik und die Bandbreite an Musik – „von Rock bis Punk, von Blasmusik bis Jazz“, so Sparakowski, genießen.
Zu viel Bürokratismus
Obwohl es nicht einfach gewesen sei, Vielfalt, Einzigartigkeit und Kreativität im Marktbereich sicherzustellen, sei ihm erneut gelungen, den Markt mit rund 80 Ständen zu bestücken und familienfreundliche Preise zu garantieren. Feller: „Die Halbe Helle kostet bei uns 4,50 Euro, das Alkoholfreie 3,50 Euro und der halbe Liter Weinschorle 4,50 Euro.“ „Musik inklusive“, ergänzt Sparkowski.
Dieses Angebot sollten möglichst viele nutzen, denn es könnte das letzte Sinnflut-Festival sein – das ist die schlechte Nachricht aus dem Gespräch. „Unsere Nachfolge ist noch nicht geklärt“, verrät Feller. „Und ich mache das Ganze nächstes Jahr auf keinen Fall mehr“, sagt der 69-Jährige bestimmt. „Ich habe keine Lust mehr auf den ganzen Bürokratismus, das macht keinen Spaß mehr, ich kann nur noch den Kopf schütteln, und die Leute lachen über uns.“ Statt es den Veranstaltern einfacher zu machen, habe die Stadt den „Verwaltungsschmarrn“ weiter erhöht. „Und die Kosten, die dadurch entstehen, sind nicht mehr reinzuholen.“
Christian Wanninger, Pressesprecher der Stadt Erding, nimmt dazu Stellung: „Der große Verwaltungsaufwand lässt sich aus Sicht der Stadt nicht nachvollziehen, weil sich die Anforderungen in den 30 Jahren nicht geändert haben. In anderen Kommunen, vor allem in München, sind unserer Kenntnis nach die Auflagen deutlich höher.“
Ursprünglich sei geplant gewesen, dass Fellers Tochter Lea mit einem Team aus Gleichaltrigen die Sinnflut GmbH übernimmt. Feller und der ebenfalls 69-jährige Sparakowski hätten sich zurückgezogen, wären aber weiter beratend zur Seite gestanden. Dann kam Corona, und alle Einnahmen blieben aus. „Lea hat sich einen sicheren Job gesucht, bei dem sie gut verdient. Zwei Mal pro Woche arbeitet sie noch bei uns in der Sinnflut GmbH“, informiert Feller. Die Pandemie habe seiner Tochter die Unsicherheit der Branche vor Augen geführt. Neben der überbordenden Bürokratie werde es immer schwieriger, Personal zu bekommen und den Markt individuell zu bestücken. „Mir fehlt bei den Betreibern oft die Kreativität, das Alleinstellungsmerkmal. Alle wollen alles machen“, erzählt Feller. „Es geht immer mehr um den Profit“, stimmt auch Sparakowski zu.
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Trotz allem sind sich die beiden treu geblieben. Sparakoski hat ein vielversprechendes Musikprogramm auf die Beine gestellt, Feller den Markt mit Händlern bestückt. „Es sind auch viele Neue dabei“, verrät er. So können die Besucher heuer wieder Kässpatzn und Reiberdatschi genießen. Es gibt veganen Döner und für die, die es süß mögen, Churro, eine Spezialität aus Lateinamerika. „Das sind die Sachen, die ich liebe, ein einziges Produkt und ein schöner Stand“, freut sich Feller. Auch Kunsthandwerk, heuer neu ein Drechsler, der seine Werke vor Ort drechselt, kann bestaunt und gekauft werden.
Herzblut für ein schönes Festival
Herzblut habe das Sinnflut-Festival immer getragen, sagt Sparakowski und nur so könne auch ein schönes Festival gelingen. „Leider macht es uns die Stadt auch nicht gerade leicht. Wir haben zwar den Kulturpreis bekommen, kriegen aber keine Kulturförderung, wie das beispielsweise beim Uferlos in Freising der Fall ist.“

Die Stadt sieht das anders: „Die Platzmiete ist in den Jahren so gut wie nicht erhöht worden, zum 20. und jetzt zum 30. Sinnflut hat Oberbürgermeister Max Gotz die Platzmiete komplett erlassen. Außerdem überlässt die Stadt den Organisatoren, einem gewinnorientierten Unternehmen, kostenlos Toilettenanlage und Parkflächen“, so Wanninger.
„Jeder in Erding glaubt, dass wir mit Sinnflut Millionen verdienen, das ist natürlich Quatsch. Wir sind beide keine Millionäre“, versichert Feller. Aus diesem Grund gestaltet sich wohl auch die Nachfolge schwierig. Die Stadt selbst strebt laut OB Gotz auch keine Ausrichtung des Festivals an, sollte sich kein Nachfolger finden.

Leider macht es uns die Stadt auch nicht gerade leicht. Wir haben zwar den Kulturpreis bekommen, kriegen aber keine Kulturförderung.
Genuss für den guten Zweck
Heuer gibt es erstmals einen Genussschein auf Sinnflut: Ein Weißwurstfrühschoppen am Sonntag, 28. Juli, von 12 bis 14 Uhr – kombiniert mit einer Spendenaktion von Sinnflut und Erdinger Weißbräu. Angeboten wird ein Genussschein für zwei Weißwürste, eine Breze und ein Weißbier zum Preis von nur fünf Euro. Die Spenden gehen zu Gunsten des Sophienhospiz Erding. Musikalisch abgerundet werden die Mittagsstunden mit dem Blasmusik-Ensemble Die Blechdamischen. Die Genussscheine gibt es bei der Raiffeisenbank Erding, Am Bahnhof 9 (zu den Öffnungszeiten der Bank) oder online unter www.sinnflut.biz.