„Mein Ortsteil“: Der Weiler mit dem makaberen Namen
Jakob Staffler erzählt, wie es sich in Galgen (Gemeinde Maisach) lebt. Es geht um eine Wetterstation, Franz-Josef Strauß und die Historie, die zum makaberen Ortsnamen geführt hat.
Galgen - Der Name des Maisacher Ortsteils Galgen klingt makaber – und ist es auch. Im Mittelalter soll Galgen die Hinrichtungsstätte für verurteilte Verbrecher gewesen sein. Die Gerichts- und Urteilsstätte soll sich hingegen in Ober- beziehungsweise Untermalching befunden haben. Ob es jedoch jemals zu Hinrichtungen durch „Tod am Strang“ in Galgen gekommen ist, darüber gibt es keine Aufzeichnungen oder Dokumente. Zur Erinnerung an die damalige Zeit trägt der Schützenverein „Maleiche Malching“ zumindest den Namen der Gerichtsstätte (Maleiche) in seinem Vereinsnamen.
Vier Bauernhöfe, 16 Bewohner
Vier Bauernhöfe gibt es in Galgen. Und insgesamt 16 Einwohner, je zur Hälfte Männer und Frauen. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren? Fehlanzeige. Die Höfe sind von der Nummer eins bis vier durchnummeriert und haben alle ihren eigenen Hausnamen. Die Nummer eins ist der „Hanslbaur“ der Familie Jakob Staffler. Es folgen der „Berlbaur“ der Familie Josef Wörl, der „Urabaur“ der Familie Leonhard Wörl und der „Josl“ der Familie Manfred Vetterl.
Schmerzhafte Muttergottes
Neben dem Löschweiher, den es in vielen Ortschaften nicht mehr gibt, sticht am Ortseingang eine Kreuzgruppe, bestehend aus einem Kreuz, einer Mutter Gottes hinter Glas und zwei Totenbrettern heraus. Die Texte auf den Totenbrettern erinnern an die Vorfahren der Familie Wörl.

Ein paar Meter weiter befindet sich neben der Bushaltestelle eine Kapelle, die der schmerzhaften Muttergottes geweiht ist. Sie wurde 1923 von Johann Wörl (Leonhard Wörls Großonkel) zum Dank für die glückliche Heimkehr aus dem Ersten Weltkrieg gebaut. Einmal im Jahr findet am Gedenktag der Muttergottes am 8. September eine Messe in der Kapelle statt und anschließend treffen sich die Galgener zu einem kleinen Umtrunk.
Wenn’s Wetter nicht passt, ist die Irmi schuld.
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Besonders ist auch die Wetterstation auf dem Grundstück der Familie Staffler. Früher wurden die Daten von Irmgard Staffler manuell erfasst und an den Deutschen Wetterdienst geliefert. Heute funktioniert die stündliche Übertragung automatisch. Lediglich im Winter müssen Schneehöhen und Niederschläge gemessen und telefonisch gemeldet werden. Über Internet kann man sowohl den aktuellen Stand als auch eine Vorhersage über die nächsten drei Tage in der Region um Galgen abrufen. „Wenn’s Wetter nicht passt, ist die Irmi schuld“, sagte Ehemann Jakob mit einem Augenzwinkern.
Als Franz-Josef Strauß zu Gast war
Auch in Sachen erneuerbare Energien kann sich Galgen sehen lassen. Auf Galgener Flur steht eines der beiden Windräder im Landkreis Fürstenfeldbruck, nämlich das sogenannte Malchinger Windrad. Die vier Bauernhöfe haben Hackschnitzel-Heizungen und auf den Dächern der landwirtschaftlichen Anwesen ist so viel Photovoltaik verbaut, dass es locker den bilanzmäßigen Strombedarf des Ortsteils abdeckt.
Und noch zwei Besonderheiten kann Galgen aufbieten. 1981 war der damalige Bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß zu Besuch bei der Familie Staffler, da er sich einen landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis Fürstenfeldbruck ansehen wollte.

Und schließlich können die Galgener in diesem Jahr gleich drei Schützenkönige aufbieten: Gaukönig ist Martin Staffler, Gemeindekönig Raimund Wörl und Schützenkönig sein Bruder Thomas Wörl.
Zweimal am Tag hält ein Linienbus
Jakob Staffler ist hier aufgewachsen und lebt auch heute noch mit seiner Familie in Galgen. Zur Schule ging es früher mit dem Fahrrad oder zu Fuß – in den ersten vier Jahren zur Grundschule nach Malching, dann nach Germerswang und zum Ende der Schulzeit mit einem Kleinbus nach Fürstenfeldbruck. Eine Schulbeförderung ist derzeit nicht nötig, dennoch kommt zweimal am Tag ein Linienbus nach Galgen.
Als Hagelgutachter gearbeitet
Kaum was los gewesen sei früher für die Galgener Kinder, erzählt Staffler. Genug zu tun war trotzdem: Die Kinder halfen im elterlichen Betrieb mit oder lernten das Schwimmen in Kiesgruben-Seen oder der Maisach. Er sagt über sich und seine Altersgenossen: „Uns ging nichts ab. Nur als wir nach Fürstenfeldbruck in die Schule kamen, haben Mitschüler vom Urlaub in Italien berichtet – und Italien war für uns ganz weit weg.“ Das Land sei als Ziel für eine Urlaubsreise „auch nie von unseren Eltern in Betracht gezogen worden“.

Staffler hat Landwirtschaftsmeister gelernt. Genau zu seinem 50. Geburtstag hat Staffler seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf Bio umgestellt. Der Betrieb ist inzwischen an Sohn Martin übergeben.
Im Laufe seines Berufslebens hat sich Staffler als Hagelgutachter und Versicherungskaufmann weitergebildet. Inzwischen ist er in Rente. Zu seinen Leidenschaften zählt die Jagd. Zeit investiert er auch beim Veteranenverein Malching-Germerswang, dessen Vorsitzender er ist. Der Verein richtet jährlich ein viel beachtetes Starkbierfest aus.
Von hier aus schnell in die ganze Welt
„Ich möchte nirgendwo anders wohnen“, sagt Staffler über seinen Heimatort. „Denn von Galgen aus bin ich in drei Minuten an der S-Bahn, in fünf Minuten in Maisach, in 30 Minuten in München, in 60 Minuten am Flughafen. Somit könnte ich theoretisch innerhalb 24 Stunden überall auf der Welt sein.“ So gesehen sei der Weiler „ein geografischer Mittelpunkt, von dem aus ich die ganz Welt erreichen kann“.
Bitte zu Schlaglöchern
Trotz aller Zufriedenheit in Galgen – einen kleinen Wunsch hätte Jakob Staffler dennoch ans Maisacher Rathaus: Dass vielleicht irgendwann in der Zukunft die Schlaglöcher auf der Feldstraße von Galgen zur B2 ausgebessert werden.
von Gottfried Obermair
Lesen Sie auch folgende Teile der Serie „Mein Ortsteil“:
Langwied, Nassenhausen, Pfaffenhofen, Zankenhausen
In der Serie „Mein Ortsteil“ werden kleine Orte und Weiler im westlichen Landkreis vorgestellt. Bewohner erzählen, was ihren Wohnort ausmacht.