„Mein Ortsteil“: Der Steinerne Selipert wacht über ihre Heimat
Da stehen die beiden an ihrem Lieblingsplatz in Nassenhausen. Neben sich der steinerne Selipert, auf den der Ort zurückgeht.
Vor sich die eigentlich viel zu große, aber wunderschöne Kirche St. Martin, deren Vorgängerbau zur urkundlichen Ersterwähnung des Ortes „Husir“ im Jahr 814 führte. Und hinter sich die Maisach, die in einer Schleife rund um das 417-Seelen-Dorf führt und nach wie vor Lebensader ist.
Johann Gistl, der Multi-Funktionär der Feuerwehr Nassenhausen und früher 24 Jahre im Gemeinderat, und Michael Raith, Adelshofens Altbürgermeister, leben seit Geburt in dem Ortsteil – und sind nirgendwo anders lieber. Mal ein paar Tage Urlaub außerhalb der Heimat, das geht in Ordnung. Aber bitte nicht so lang.
Gistl, seine Großeltern und Eltern waren Landwirte, wollte schon als Kind nicht weg. Als eine dreitägige Schulfahrt anstand, musste er mit Engelszungen überredet werden, in den Bus zu steigen. Wieder zurück, ließ er den Bus kurz vor Nassenhausen an einem Feld stoppen – um gleich dem Vater bei der Arbeit helfen zu können. Der 66-Jährige ist froh, dass seine jüngste Tochter mit im Haus wohnt: Seine Frau und er haben den drei Kindern erfolgreich vermittelt, dass es nicht immer Superlative und das Stadtleben sein müssen. Es sei doch schön hier auf dem Land.
Auf der Viehwaage gibt‘s nun Bücher
Raith, zwei erwachsene Kinder im Haus, sagt: „Die alten gewachsenen Strukturen wirken hier immer noch nach.“ Natürlich gibt es das Raiffeisen-Lagerhaus, den Landmaschinenhandel und das Kramer- und Kolonialwarengeschäft Vivo, Treffpunkt in den 1960er-Jahren, nicht mehr. Von drei Wirtschaften existiert nur noch das Gasthaus Eibl. Aber noch immer kennt jeder jeden, hilft jeder jedem. „Die Leute sind verbunden“, sagt der 71-jährige Raith. Und aus dem Alten wird Neues: Das sogenannte Waaghäusl am Maibaum in der Ortsmitte, früher wurde dort das Vieh gewogen, ist jetzt ein Bücherhäusl und damit auch ein Treffpunkt.

Aber zurück zu Selipert. Der Adelige übergab 814 dem Freisinger Bischof Hitto eine von ihm erbaute Kirche. In der Urkunde dazu ist der Ort erstmals genannt: als Husir. Aus Husir wurde Husen, dann Hausen, Nazzenhawsen und schließlich Nassenhausen. Die Kirche, eine romanische Anlage, wurde nach Umbauten 1914 abgerissen. 1917 war das neue Gotteshaus fertig, es wurde wieder dem Heiligen Martin geweiht.
Dass die Kirche für ein so kleines Dorf eigentlich zu groß ist, liegt an den Hartl-Brüdern. Die bekannten Söhne Nassenhausens, einer Weihbischof, der andere Domdekan, finanzierten den Bau, der wieder auf den feuchten, moorigen Untergrund an der Maisach gesetzt wurde.
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Die Maisach als Lebensader
Der Fluss bestimmt nach wie vor das Leben in Nassenhausen. „Als Kind habe ich in der Maisach schwimmen gelernt“, erzählt Gistl. Und der ein oder andere wurde samstags dort gebadet. Heute geht der 66-Jährige gerne entlang der Maisach spazieren. Das machen auch viele Nicht-Nassenhausener.
Einst existierte auch eine Mühle im Dorf. Und Mitte des 19. Jahrhunderts gab es so etwas wie ein Moorbad. An Wellness sollte man dabei aber nicht denken: Wahrscheinlich wurden dort die Torfarbeiter aus dem Haspelmoor behandelt.
Und heute? Die Renaturierung habe für bessere Wasserqualität gesorgt, sagt Raith, der 24 Jahre Bürgermeister war. Und im Winter freuen sich alle, wenn sich in einer Senke an der Maisach Wasser sammelt und friert – dann wird das Feld zur Eislauffläche. Früher wurde auf dieser Wiese oft Fußball gespielt, erzählt der Altbürgermeister. „Aber da war der Ball immer nass.“
Eigene Schule zu viel Aufwand

Nassenhausen gehörte schon immer zu Adelshofen. Es gab zwar Ende des 19. Jahrhunderts Bestrebungen in Richtung Eigenständigkeit. Doch dazu hätte man eine eigene Schule bauen müssen. Das erschien zu aufwendig, schließlich gab‘s eine in Adelshofen. Trotzdem fühlt man sich eigenständig, sagen Johann Gistl und Michael Raith. Für den Altbürgermeister ist Nassenhausen „das Herz im Maisachwinkel“. Gistl spricht von einer „ruhigen Ortschaft, in der man immer zum Nachbarn gehen kann“. Und recht viel weiter wollen die beiden meist auch nicht.