„In Pfaffenhofen gibt‘s mindestens halb so viele Pferde wie Einwohner“

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Gabi Schlecht mit ihren Enkelinnen Laura (6) und Melina (4, r.) Steinbrenner vor der Kirche St. Georg. © Kronenbitter

Gabi Schlecht erzählt über ihre Kindheit und das Leben in Jesenwanger Ortsteil Pfaffenhofen.

Pfaffenhofen - Schaut man sich ein Luftbild von Pfaffenhofen an, dann sieht man fünf große, runde Sonnenschirme in einer grauen (Sand-?)Fläche, drum herum gruppieren sich acht (Strand-?)Häuser. Doch statt dem Meer schlängelt sich nur der unscheinbare Erlbach an dem Areal vorbei. Bei genauerem Hinschauen wird deutlich, dass die schwarzen Schatten dazwischen nicht zweibeinige Strandurlauber, sondern vierbeinige Pferde sind.

Drei Pferdeställe im Ort

„Wir haben hier in Pfaffenhofen mindestens halb so viele Pferde wie Einwohner“, schätzt Gabi Schlecht. Irgendwo müssen die vielen Pferde, die jährlich bei dem Ritt durch die Willibaldkirche dabei sind, ja herkommen. Kaum ein Kilometer liegt zwischen dem Jesenwanger Ortsteil Pfaffenhofen mit den drei Pferdeställen und der traditionsreichen Willibaldkirche im Süden. Dabei hätte Pfaffenhofen eine mindestens so bedeutende Kirche, die aber nicht Willibald, sondern dem heiligen Georg geweiht ist. 

Auf einem Schimmel reitend und mit einer Lanze den Drachen tötend ist er figürlich am Hochaltar der wohl um 1450 erbauten Filialkirche von Mammendorf dargestellt. Um die kümmert sich seit vielen Jahren Gabi Schlechts Ehemann Alfons als Kirchenpfleger. Akribisch hat der Vize-Bürgermeister Jesenwangs – und einziger Vertreter Pfaffenhofens im Gemeinderat – die Daten der Kirche zusammengetragen.

„Der Vorgängerbau ist wohl romanischen Ursprungs und wurde erstmals im Jahr 1315 in der Konradinischen Matrikel erwähnt“, berichtet Alfons Schlecht. Die aus der barocken Umgestaltung stammende bombastische Stuck-Ausstattung mit Blattrosetten, Fruchtgirlanden, Laubwerk, Muscheln und geflügelten Puttenköpfen macht die denkmalgeschützte Kirche so wertvoll und ist mit ein Grund dafür, dass die diesjährige Bustour zum Tag des offenen Denkmals am 8. September in Pfaffenhofen Station macht. „Nach einer Innensanierung vor vier Jahren ist unsere Kirche gut in Schuss, aber leider haben wir nurmehr einmal im Monat eine heilige Messe“, sagt der Kirchenpfleger.

Gänse lebten nur bis Weihnachten

Mit Pferden hatte die im Ort aufgewachsene Gabi Schlecht, geborene Wybiral, in ihrer Kindheit nicht viel zu tun. Eher mit Gänsen und Schweinen, nachdem schon ihre Großeltern eine Landwirtschaft im Ort betrieben und auch die Jüngsten dort immer mithelfen mussten. Jeden Sommer wurden zehn Gänse großgezogen, die bis zur Schlachtung vor Weihnachten ein schönes Leben auf dem Dorfweiher hatten. „Eine Gans haben wir selber gebraten, die anderen neun wurden verkauft und damit unter anderem das Christkindl-Geschenk für mich und meine vier Geschwister finanziert“, erzählt die 60-Jährige. Aber schon vorher erfüllten die Gänse ihren Zweck: Alle sechs bis acht Wochen wurden sie gerupft und mit deren Federn und Daunen die Bettdecken und Kissen der Mehrgenerationen-Familie gefüllt.

Pfaffenhofen Teich, historisches Foto, auf dem Teich schwimmen die Weihnachtsgänse, Jahreszahl unbekannt
Historisches Foto: Auf dem Teich schwimmen die Weihnachtsgänse. © Kronenbitter Repro

In die Schule gingen Gabi und die anderen Pfaffenhofener Kinder nach Landsberied, Jesenwang und auch nach Adelshofen, wo sie von den dortigen Klosterschwestern unterrichtet wurden. Auch an den Flötenunterricht für zwei Mark die Stunde erinnert sie sich noch genau: Der Lehrer für Gabi und ihre drei Freundinnen war kein Geringerer als Stofferl Well von den bekannten Well-Geschwistern.

Einen Kramerladen gab es nur, solange ihn Gabi‘s Mutter im Dorf betreiben hatte. Aber Erinnerungen an das Aushelfen beim Verkauf, wenn die Mutter gerade beschäftigt war, gibt’s immer noch. „Gelegentlich hat uns ein Kunde dabei eine Schokolade geschenkt. Die haben wir dann ganz oben im Heustock versteckt, wo sie keiner gefunden hat“, erzählt die Pfaffenhofenerin.

Im Jahr 1978, kurz vor dem zwei Jahre später anstehenden 1000. Gründungsjubiläum, verlor Pfaffenhofen im Zuge der Gebietsreform die Eigenständigkeit und wurde nach Jesenwang eingemeindet. Erhalten haben sich immerhin die eigene Feuerwehr und direkt daneben ein Bürgerhaus für 80 Feiernde. Und für das gesellige wie kulturelle Leben im kleinen, 202 Einwohner zählenden Ortsteil sorgen neben der Feuerwehr, die alle drei Jahre den Maibaum aufstellt, zwei weitere Vereine: der SV Erlbachscheiber Pfaffenhofen (ein Stockschützenverein) und der Förderverein zur Erhaltung der Filialkirche St. Georg.

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