In die Verhandlungen um ein Ende der Kämpfe in Gaza ist Bewegung gekommen: Am späten Freitagabend legte die Hamas überraschend eine Antwort auf Donald Trumps Friedensplan vor – noch bevor das bis Sonntag gesetzte Ultimatum ablief.
Bald Frieden im Nahen Osten? Hamas stimmt Trumps Friedensplan teilweise zu
Die palästinensische Organisation erklärte, zentrale Punkte des Vorschlags anzunehmen: Man sei für ein sofortiges Ende des Krieges, einen Rückzug Israels, die Freilassung von Geiseln beziehungsweise Gefangenen auf beiden Seiten, humanitäre Hilfen und den Wiederaufbau sowie die Ablehnung einer Vertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen.
Kurz darauf erhöhte Trump den Druck auf Israel und forderte ein sofortiges Ende der Bombardierungen.
„Hier geht es nicht nur um den Gazastreifen, sondern um den lang ersehnten Frieden im Nahen Osten“, betonte Trump auf seiner Online-Plattform „Truth Social“ und zeigte sich überzeugt, dass die Hamas zu einem „dauerhaften Frieden bereit“ sei. Doch trotz der Bewegung im Konflikt sind zentrale Punkte ungeklärt – und sie werden bestimmen, ob der Friedensprozess wirklich eine Chance hat.
1. Werden die israelischen Geiseln freigelassen?
Die Hamas erklärte ihre Bereitschaft, alle Geiseln an Israel überstellen zu wollen – sowohl die noch lebenden Menschen als auch die sterblichen Überreste der Toten. Die Formulierung blieb jedoch vage: Man wolle die Freilassung nur „unter den notwendigen Bedingungen im Feld“ umsetzen, ohne zu erklären, was damit gemeint sei.
Trump sieht in seinem Plan eine klare Abfolge vor: Innerhalb von 72 Stunden nach Annahme des Abkommens sollen alle lebenden Geiseln freikommen. Israel wiederum würde im Gegenzug 250 Palästinenser mit lebenslangen Haftstrafen sowie 1.700 seit dem 7. Oktober 2023 verhaftete Menschen aus Gaza, darunter Frauen und Kinder, freilassen. Für jede tote Geisel, deren Überreste übergeben werden, sollen zudem die sterblichen Überreste von 15 Palästinensern nach Gaza gebracht werden.
Ob dieser Austausch tatsächlich so reibungslos und schnell vollzogen werden kann, bleibt fraglich. Ein Hamas-Sprecher betonte laut der Nachrichtenagentur „Reuters" zwar die Bereitschaft zu „unverzüglichen Verhandlungen“ über Vermittler – doch Israel beharrt auf einer Frist von drei Tagen, während die Hamas keine konkrete Zusage machte.
2. Werden die Hamas ihre Waffen abgeben?
Ein besonders heikler Punkt: die Zukunft der Hamas als bewaffnete Organisation. Der Trump-Plan schreibt eine „Demilitarisierung Gazas“ vor. Die Hamas erwähnte diesen Aspekt in ihrer Erklärung jedoch nicht – und hatte ähnliche Forderungen in der Vergangenheit strikt abgelehnt.
Stattdessen bezeichnete ein Hamas-Vertreter Trumps Vorschlag laut „Spiegel"-Informationen als „vage“ und „mehrdeutig“. Doch ohne Fortschritte bei dieser Frage wird Israel kaum bereit sein, seine Offensive dauerhaft zu beenden.
3. Wird Israel jetzt seine Kampfhandlungen einstellen?
Laut Trump-Plan sollen Israels Streitkräfte ihre Angriffe aussetzen und sich hinter eine vereinbarte Linie zurückziehen, um den Geiselaustausch vorzubereiten. Die Frontlinien würden „eingefroren“ bleiben, bis die Bedingungen für einen vollständigen Rückzug erfüllt sind.
Doch die Realität sieht anders aus: Wie „Reuters" berichtete, griff Israel in der Nacht zum Samstag erneut den Gazastreifen an. Nach Angaben lokaler Behörden starben dabei sechs Menschen, darunter vier in Gaza-Stadt und zwei in Khan Younis. Trump kritisierte dies offen und forderte auf „Truth Social": „Israel muss sofort die Bombardierungen stoppen, damit wir die Geiseln sicher und schnell herausbekommen.“
Das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte am frühen Samstagmorgen, Israel bereite sich auf die „sofortige Umsetzung“ der ersten Phase von Trumps Plan vor. Medienberichten zufolge wurde das Militär angewiesen, die Offensivaktivitäten zumindest zu reduzieren. Gleichzeitig betonte der Generalstabschef, die Sicherheit der Truppen habe Vorrang.
4. Welche Rolle spielt die Hamas in Zukunft?
Eine der größten offenen Fragen ist die politische Zukunft der Hamas in Gaza. Israel und Trump fordern klar, dass die Organisation keinerlei Rolle mehr spielen darf – weder direkt noch indirekt. Vorgesehen ist die Übergabe des Gaza-Streifens an eine „technokratische, unpolitische palästinensische Übergangsverwaltung“, die wiederum von einem internationalen Gremium beaufsichtigt würde. Trump selbst will dieses leiten, unterstützt unter anderem von Ex-Briten-Premier Tony Blair.
Die Hamas hingegen will die Kontrolle laut ihrer Erklärung an ein palästinensisches Gremium von Unabhängigen abgeben – allerdings innerhalb eines „palästinensischen nationalen Rahmens“, in dem die Hamas einbezogen bleibt. Damit widerspricht die Gruppe fundamental der Bedingung, künftig keine Rolle mehr zu spielen.
Über den von Trump vorgeschlagenen Einsatz einer internationalen Stabilisierungstruppe in Gaza äußerte sich die Hamas nicht.
Fazit: Annäherung, aber noch kein Durchbruch
So nah war Frieden in Gaza wohl noch nie. Trumps Ultimatum hat Bewegung in die Gespräche gebracht, und die Hamas hat erstmals wichtige Teile eines US-Plans akzeptiert. Doch bei zentralen Fragen herrscht zumindest Unklarheit.