Treffen mit Putin - Hinter Trumps Friedensverhandlungen in Saudi-Arabien steckt strategisches Kalkül
Es wäre ein großer Prestigeerfolg für die Golfmonarchie: Donald Trump will mit Wladimir Putin über ein Ende des Ukraine-Kriegs verhandeln – vermutlich in Saudi-Arabien.
Das hatte der US-Präsident nach einem Telefonat mit Russlands Staatschef angekündigt. Wann genau das Gespräch stattfinden soll, ist noch unklar, Trump sprach von einem „unverzüglichen“ Beginn.
Für die saudische Führung ist der genaue Zeitpunkt aber nicht entscheidend. Hauptsache, die Mächtigen der Welt wählen das Königreich aus, um dort womöglich einen der verheerendsten Konflikte zu beenden.
Was spricht gerade für Saudi-Arabien als Ort für ein solch hochkarätiges Gipfeltreffen? Sebastian Sons zufolge ist das Königreich eine fast schon logische Wahl.
Saudi-Arabien mit Kronprinz bin Salman an der Spitze versteht sich als Plattform für Diplomatie.
„Das Land hat sich in den vergangenen Jahren als pragmatischer politischer Akteur positioniert und etabliert“, sagt der Islamwissenschaftler, der am Forschungsinstitut Carpo zu den arabischen Golfmonarchien arbeitet.
„Saudi-Arabien mit Kronprinz Mohammed bin Salman an der Spitze verstehe sich als „Plattform für Diplomatie“ und wolle zeigen, wie wichtig es seine Rolle als Vermittler nimmt.“
Sebastian Sons, Experte für die Golfregion und Islamwissenschaftler
Dabei kommt der Führung in Riad zugute, dass sie sowohl zu den USA als traditionellem Verbündeten als auch zu Russland ein konstruktives Verhältnis pflegt. Die Beziehungen zu Moskau aufrechtzuerhalten, ist aus Sicht Saudi-Arabiens vor allem mit Blick auf die Ölproduktion notwendig.
Wenn Öl verbindet
Beide Staaten sind Mitglieder der Opec plus, einer kartellartigen Allianz erdölexportierender Länder, die über Fördermengen und damit über den Preis für den Rohstoff bestimmen.
Der Golfstaat rückt von dieser Geschäftsbeziehung auch trotz des teils heftigen Drucks westlicher Staaten nicht ab. Experte Sons sieht darin ein strategisches Kalkül: „Saudi-Arabien balanciert zwischen den unterschiedlichen Machtgruppen in einer multipolaren Welt.“
Gerade im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine lege die Führung in Riad Wert darauf, nicht einseitig Partei zu ergreifen und sich keinem der beiden Lager zuordnen zu lassen.
Wenn es um das Vermitteln im Ukraine-Krieg geht, kann die Monarchie zudem auf gute Kontakte zur Regierung in Kiew verweisen.
So gelang es Saudi-Arabien zum Beispiel den Austausch russischer und ukrainischer Kriegsgefangener zustande zu bringen. Auch eine Friedenskonferenz mit 40 Ländern hatte der Golfstaat 2023 organisiert, wenn auch ohne konkretes Ergebnis.
Gute Beziehungen auch nach Kiew
Ein Treffen von Putin und Trump in Saudi-Arabien könnte dem Land auch in einer anderen heiklen Angelegenheit von Nutzen sein. Denn der Plan des US-Präsidenten, die im Gazastreifen lebenden Palästinenser umzusiedeln, stößt in Riad auf erheblichen Widerstand.
Ungewöhnlich rasch und deutlich fiel die saudische Kritik an Trumps Vorstoß aus. Das Königshaus strebe die Schaffung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt an. Das sei nicht verhandelbar, hieß es in einer Erklärung des saudischen Außenministeriums.
Streit um Trumps Gaza-Plan
Den US-Präsidenten dürfte diese Reaktion nicht erfreut haben, vermutet Politikwissenschaftler Sons. Trumps Treffen mit Putin könnte dazu beitragen, „die Wogen zwischen Saudi-Arabien und den USA zu glätten“. Schließlich seien beide Seite daran interessiert, miteinander Geschäfte zu machen.
Dass Saudi-Arabien sich einen Ruf als ernstzunehmender Vermittler erworben hat, ist auf Kronprinz Mohammed bin Salman als treibende Kraft zurückzuführen.
Der 39-Jährige bemüht sich seit einiger Zeit darum, sich ein neues Image als Freund des Friedens und des Ausgleichs zu geben. Das war nicht immer so.
Khashoggis Ermordung und der Krieg im Jemen
Der Thronfolger war es, der die Ermordung des Regimekritikers Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul mutmaßlich beauftragte.
Bin Salman befürwortete auch anfangs einen unnachgiebigen Kurs gegen die Aufständischen Huthis im Jemen-Krieg – der sich als Fehlschlag erwies. Nach wie vor hält sich die Miliz an der Macht.
Heute setzt der Prinz lieber auf Worte statt auf Waffen – auch gegenüber dem großen regionalen Rivalen Iran. Einst war bin Salman Verfechter einer harten Linie gegenüber Teheran. Inzwischen versucht er sich, mit der Islamischen Republik zu arrangieren.
Dafür gibt es einen handfesten Grund. Im Jahr 2019 wurden saudische Erdölanlagen angegriffen. Dafür machte das Königreich den Iran verantwortlich.
Auf den Rivalen Iran zugehen
Doch weil die USA ihrem Verbündeten nicht zu Hilfe eilten, kamen die Herrscher in Riad zur Erkenntnis, dass sie sich aus eigener Kraft mit Teheran verständigen müssen.
Auf Stabilität und Entspannung statt auf Konfrontation zu setzen, hat aus Sicht des Prinzen einen entscheidenden Vorteil: Es schafft die Voraussetzung für den von ihm geplanten Umbau der noch vom Öl abgängigen Wirtschaft.
Das geht einher mit bin Salmans politischen Ambitionen: Er will auf der weltpolitischen Bühne eine besondere Rolle spielen.
Bleibt es dabei, dass sich Trump und Putin in Saudi-Arabien die Hände reichen – es wäre der große Coup des Kronprinzen.
Von Christian Böhme
Das Original zu diesem Beitrag "Trump will Putin in Saudi-Arabien treffen: Die Golfmonarchie als Friedensmittler – warum?" stammt von Tagesspiegel.